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Uniper will klimaneutral werden und investiert in Wasserstoff

Der Energiekonzern steht wegen des Kohlekraftwerks Datteln 4 in der Kritik. Bis 2035 will er in Europa aber eine ausgeglichene CO2-Bilanz haben.

Für Klimaschützer ist Uniper in den vergangenen Wochen zu einem der größten Feindbilder in Deutschland geworden. Bei den Verhandlungen über den Kohleausstieg setzte der Stromproduzent durch, mit Datteln 4 im nördlichen Ruhrgebiet noch ein letztes Steinkohlekraftwerk in Betrieb zu nehmen.

Die Vorbereitungen schritten gut voran, so dass der kommerzielle Start im Frühsommer geplant sei, erklärte der Konzern an diesem Dienstag. Aktivisten haben heftige Proteste angekündigt.

Uniper-Chef Andreas Schierenbeck versucht die Kritiker jetzt mit einem langfristigen Schwenk zu mehr Klimaschutz zu beschwichtigen: Bis 2035 will das Unternehmen in Europa klimaneutral werden. Nach und nach sollen schon in den kommenden Jahren Kohlekraftwerke vom Netz gehen. Im Gegenzug soll das Portfolio schrittweise auf die Herstellung von grünem Gas, Erneuerbaren Energien und Wasserstoff umgestellt werden.

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Im vergangenen Jahr stießen die Kraftwerke des Konzerns in Europa noch 22 Millionen Tonnen CO2 aus. 2035 sollen es nach Schierenbecks Worten „netto null“ sein. Uniper wird dann auch weiter in den Gaskraftwerken CO2 ausstoßen. Selbst Datteln 4 soll dann noch weitere drei Jahre lang laufen, der Konzern will das aber kompensieren.

Zudem prüft der Konzern die Möglichkeit, CO2 abzuscheiden, um es zu speichern oder zu verwerten. Das sei aber noch zu teuer, erläuterte der Vorstandschef.

Der gesamte Konzern wird aber, wenn er in dieser Form zusammen bleibt, auch 2035 nicht CO2 frei sein. Uniper ist schließlich auch in Russland aktiv – und hat im vergangenen Jahr über den kompletten Konzern hinweg 47 Millionen Tonnen CO2 ausgestoßen. Für Russland gibt Schierenbeck nicht das Ziel der Klimaneutralität aus, sondern spricht nur von einer Verbesserung der CO2-Bilanz und Modernisierungsprojekte für die russischen Gaskraftwerke.

Das Unternehmen, das sich nach der Zerschlagung von Innogy als drittgrößtes börsennotiertes Energieunternehmen in Deutschland sieht, betreibt neben Kohlekraftwerken auch im großen Stil Gaskraftwerke und ist einer der größten Importeure von Gas. Wie die anderen Betreiber von fossilen Kohlekraftwerken steht der Konzern unter Druck, seine Erzeugung klimafreundlicher zu machen.

Selbst Konkurrent RWE, bisher der größte Emittent des klimaschädlichen CO2, hat angekündigt, langfristig klimaneutral zu produzieren. RWE will das nach dem Auslaufen der Braunkohleförderung und Kohleverstromung im Jahr 2040 erreichen. Uniper springe jetzt auf den Zug auf, kommentierten die Analysten von Bernstein Research.

Erneuter Einstieg in die Erneuerbaren Energien

Die Welt brauche mehr Energie und müsse gleichzeitig den CO2-Ausstoß verringert, sagte Schierenbeck. Uniper wolle „Teil der Lösung für diese globale Herausforderung“ sein. Uniper wolle „eine führende Position in der klimafreundlichen Strom- und Gasversorgung einnehmen“ und auch die Kunden bei der Dekarbonisierung unterstützen.

Uniper werde bereits bis zum Jahr 2022 etwa 1,2 Milliarden Euro in Projekte investieren, die den Übergang in eine CO2-reduzierte Energiewelt beschleunigen. Neue Projekte müssten künftig nicht nur betriebswirtschaftlichen Kriterien erfüllen, sondern „auch auf die Dekarbonisierungsziele des Unternehmens einzahlen“, sagte Schierenbeck.

Schierenbeck betonte, dass Uniper bereits heute mit Wasserkraftwerken und den Kernkraftwerken in Schweden rund 24 Terrawatt-Stunden CO2- freien Strom produziere. Das entspreche rund 40 Prozent der gesamten Stromproduktion Unipers in Europa. Um den Anteil zu erhöhen will das Unternehmen unter anderem langfristige Stromabnahmeverträge für Wind- und Solarstrom abschließen.

Damit steigt Uniper wieder im großen Stil in die Erneuerbaren Energien ein. 2016, als das Unternehmen von Eon abgespalten wurde, sollte sich das neue Unternehmen bewusst auf die alte Energiewelt, die fossile Stromerzeugung konzentrieren. Die Erneuerbaren Energien hatte Eon behalten.

Uniper muss aber auch das umfangreiche Gasgeschäft dekarbonisieren. Sowohl in der Energieerzeugung als auch im Energiehandel plant das Unternehmen, konventionelles Gas schrittweise durch grünes Gas oder grünen Wasserstoff zu ersetzen. Mit diesem Stichwort bezeichnet man Gas, dass unter Einsatz von Ökostrom in sogenannten Power-to-Gas-Anlagen gewonnen wird.

„Beim Thema Wasserstoff haben wir eine Historie wie kein anders Unternehmen in Deutschland“, sagte Schierenbeck. Eine erste Power-to-Gas Anlage wurde bereits im Jahr 2013 in Falkenhagen in Brandenburg errichtet, 2015 eine zweite in Hamburg.

„Die Technologien sind da – was fehlt, sind die Profitabilität und der richtige regulatorische Rahmen. Neben Technologieoffenheit wird ein holistischer, gesamteuropäischer Ansatz benötigt, der eine Wasserstoffindustrie fördert, die gedeihen und in Europa bleiben kann“, forderte Schierenbeck: „Uniper will das aktiv mitgestalten und das Schlüsselthema Wasserstoff gemeinsam mit Vertretern aus Industrie, Wissenschaft und Politik vorantreiben.“

Konstruktiver Dialog mit Fortum

Im abgelaufene Geschäftsjahr 2019 hielt Uniper das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) mit 863 Millionen Euro fast exakt auf Vorjahresniveau. Dabei profitierten die Wasser- und Kernkraftwerke von höheren Strompreisen im Großhandel und Produktionsmengen.

Aber auch aus Russland und Großbritannien kamen positive Beiträge. Unter dem Strich stand ein Konzernüberschuss von 644 Millionen Euro, nachdem Uniper im Jahr zuvor noch einen Verlust von 442 Millionen Euro verbucht hatte. Das lag vor allem an der stichtagsbezogenen Marktbewertung von Rohstoff-Derivaten, mit denen Uniper das Strom- und Gasgeschäft gegen Preisschwankungen absichert. Die Dividende soll um 28 Prozent auf 1,15 Euro je Aktie steigen.

„Wir sind mit dem Geschäftsverlauf 2019 und insbesondere mit dem vierten Quartal sehr zufrieden“, sagte Finanzvorstand Sascha Bibert: „Daneben rechnen wir auch für die kommenden Jahre mit einer guten Ergebnisentwicklung, die uns mehr finanziellen Spielraum auf unserem Weg in eine klimafreundliche Energiewelt bietet.“

Vorstandschef Schierenbeck zeigte sich zuversichtlich, dass das auch mit dem Großaktionär Fortum möglich ist. Der finnische Energiekonzern hält bereits knapp 50 Prozent und will in den kommenden Wochen den Anteil auf rund 70 Prozent aufstocken.

Der Vorstand stehe in engem Kontakt und einem konstruktiven Dialog mit Fortum, sagte Schierenbeck. Da Fortum für die kommenden zwei Jahre den Abschluss eines Beherrschungsvertrags ausgeschlossen habe, werde man Uniper auch „weiterhin eigenständig“ führen: „Wir sind am Beginn der Reise, nicht am Ende.“