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Trump droht deutschen Autobauern mit Strafzöllen

Mit Empörung und Sorge hat die deutsche Wirtschaft auf die jüngste Drohung von US-Präsident Donald Trump reagiert, Strafzölle auf Autoimporte zu verhängen. „Aspekte der nationalen Sicherheit als Begründung anzuführen, ist konstruiert und an den Haaren herbeigezogen. Wir müssen das fast als Provokation werten“, sagte Eric Schweitzer, Chef des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK). Die Aktien europäischer, japanischer und südkoreanischer Autobauer reagierten mit Kursverlusten.

Trump lässt prüfen, ob der Import von Automobilen und Autoteilen die nationale Sicherheit der USA gefährden. „Es gibt Belege, die darauf hindeuten, dass die Einfuhr aus dem Ausland seit Jahrzehnten die heimische Autoindustrie geschwächt hat“, sagte Handelsminister Wilbur Ross. Er werde eine „faire und transparente Untersuchung“ durchführen, um zu klären, ob diese Importe die „nationale Sicherheit“ beeinträchtigt hätten.

Sein Bericht soll sich auf Autos, SUV, Lieferwagen, Leichtlastkraftwagen und Automobilteile konzentrieren. Ross betonte, dass der Anteil importierter Autos in die USA in den vergangenen zwei Jahrzehnten von 32 auf 48 Prozent gestiegen sei. Die Untersuchung dürfte einige Monate dauern.

Mit den Waffen des Kalten Krieges

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Trump beruft sich auf die inzwischen berüchtigte Sektion 232 eines Handelsgesetzes aus dem Jahre 1962, die Handelsbarrieren aus Gründen der nationalen Sicherheit erlaubt. Mit dem gleichen noch aus der Zeit des Kalten Krieges stammenden Gesetz hatte der US-Präsident bereits seine Strafzölle auf Stahl- und Aluminiumimporte begründet, die ab dem 1. Juni auch Unternehmen aus der EU treffen könnten.

Nach einem Bericht des „Wall Street Journals“ könnten die Autozölle bis zu 25 Prozent betragen. Der Rückgriff auf die „nationale Sicherheit“ hat für Trump zudem den Vorteil, dass er für die Strafzölle nicht auf die Zustimmung des Kongresses angewiesen ist und einer möglicherweise Anklage vor Welthandelsorganisation WTO ausweichen kann. Jyrki Katainen, Vizepräsident der EU-Kommission, betonte jedoch, dass Zölle auf Autoimporte gegen die WTO-Regeln verstießen.

Ein Sprecher des chinesischen Handelsministeriums kritisierte, dass der Missbrauch des Begriffs nationale Sicherheit das international Handelssystem untergrabe. Auch der japanische Handelsminister Hiroshige Seko wies darauf hin, dass einseitige Zölle „eine extrem weitreichende Handelssanktion darstellen.“

Betroffen von der Autosteuer wären neben Deutschland vor allem Südkorea und Japan. „Kein Land hätte jedoch höhere absolute Verluste durch einen solchen Zoll zu befürchten als Deutschland“, warnte Gabriel Felbermayr, Leiter des Ifo-Zentrums für Außenhandel. Das deutsche Bruttoinlandsprodukt würde um etwa fünf Milliarden Euro niedriger liegen als im Status Quo, das seien 0,16 Prozent der deutschen Wirtschaftsleistung.

Der DIHK rechnet sogar mit einer Mehrbelastung von mehr als sechs Milliarden Euro pro Jahr für die deutschen Autobauer, sollten die Zölle wirklich eingeführt werden. „Ich gewinne immer mehr den Eindruck, als würden die USA nicht mehr an Wettbewerb um Ideen und Kunden glauben, sondern nur noch an das Recht des vermeintlich Stärkeren“, konstatierte DIHK-Chef Schweitzer.

Entsetzen in der Autoindustrie

Auch die deutsche Autoindustrie beobachtet die Entwicklung „mit Sorge“, erklärte Bernhard Mattes, Präsident des Verbands der Automobilindustrie (VDA). Die beiden Hersteller BMW und Volkswagen betonten, wie wichtig freier Handel nicht nur für ihr Geschäftsmodell, sondern für den Wohlstand und die Beschäftigung in der gesamten globalen Wirtschaft seien.

„Jedem deutschen Hersteller drohen pro Jahr Einbußen in dreistelliger Millionenhöhe, vereinzelt sogar bis hin zu einem Milliardenbetrag“, sagte Frank Schwope dem Handelsblatt. Der Analyst der Nord LB kalkuliert bei dieser Rechnung damit, dass einerseits der Absatz von Daimler, BMW und Volkswagen in den USA einbrechen könnte. Und dass sich andererseits die zusätzlichen Kosten, die durch höhere Zöllen anfallen würden, nicht komplett an die Kunden weiterreichen lassen.

Auch Stefan Bratzel rechnet mit starken Einschnitten für die deutschen Autobauer. „Das wird Absatz und Marge kosten“, prophezeit der Direktor des Center of Automotive Management (CAM) im Gespräch mit dem Handelsblatt. Die USA sind nach China der wichtigste Absatzmarkt für die heimischen Hersteller. Im vergangenen Jahr wurde fast eine halbe Million deutsche Autos nach Amerika exportiert. Gleichzeitig produzieren BMW, Daimler, Volkswagen und Co. mehr als 800.000 Fahrzeuge pro Jahr in den USA und beschäftigen dort gut 36.500 Mitarbeiter.

BMW stellt nur rund ein Drittel seiner Fahrzeuge in den USA her, Mercedes 21 Prozent, die Marke Volkswagen kommt auf nur 14 Prozent. Die beiden Premiummarken der Wolfsburger, Audi und Porsche, importieren alle Fahrzeuge in den für sie ungemein wichtigen US-Markt. „Audi wäre am stärksten betroffen“, sagt Ivan Drury, Analyst von Branchendienst „Edmunds.com“.

Die nächsten Schritte der deutschen Hersteller sind klar: Sie müssen ihre politischen Verbündeten in den USA gegen die Zölle mobilisieren. Senatoren wie Bob Corker aus Tennessee haben schon lange ein offenes Ohr für Volkswagen, das in dem Bundesstaat derzeit seine Fabrik ausbaut. „BMW stellt mehr Fahrzeuge in Greenville, South Carolina, her als in irgendeiner anderen Fabrik“, verteidigte Senator Lindsey Graham den deutschen Hersteller.

Ungleichgewichte bei Importzöllen

US-Präsident Trump beklagt allerdings schon seit seinem Amtsantritt eine angebliche Ungleichbehandlung. Schließlich werden amerikanische Pkw bei der Einfuhr in die EU mit einem Zoll von zehn Prozent belegt, während der Zoll für europäische Autos in den US-Markt nur 2,5 Prozent beträgt. Bezieht man neben Pkws auch sportliche Geländewagen (SUV) und Vans in diese Gleichung mit ein beträgt die Differenz freilich nur noch 1,2 Prozent.

Laut Automobilprofessor Bratzel steckt in der Kritik von Trump dennoch ein Körnchen Wahrheit. „Aus meiner Sicht wäre es für Europa kein Problem, die Zölle auf das aktuelle US-Niveau zu senken“, erklärte Bratzel. Trump bekäme dann, was er wolle: Einen positiven Deal für die US-Fahrzeugbauer. Auf Druck der USA hat China hat diese Woche bereits seine Importzölle für Pkw von 25 auf 15 Prozent gesenkt. Dass kann nach Einschätzung von Ifo-Forscher Felbermayr die Verluste für die deutsche Volkswirtschaft aber kaum abmildern. Während die deutsche Autoindustrie jährlich samt Autoteilen 27 Milliarden Euro in die USA exportiert, haben die direkten deutschen Autoexporte nach China nur einen Wert von zwölf Milliarden Euro.

Die Ankündigung der USA, neue Autozölle prüfen zu wollen, dürfte vor allem für Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) ein Schlag ins Gesicht sein. Er hatte sich immer wieder auf EU-Ebene dafür stark gemacht hatte, Trump das zu geben, was er will: Verhandlungen, einen „Deal“, mit dem der US-Präsident dann auch vor seinen Wählern gut dasteht. Gut möglich, dass Trump die Drohung mit Autozöllen als Druckmittel benutzt, um etwa im Streit über die Iran-Sanktionen Konzessionen von den Europäern zu erreichen.

Längst nicht alle in den USA stehen jedoch hinter den neuen Drohungen aus dem Weißen Haus. „Hier geht es nicht um nationale Sicherheit. Nach seinem Erfolg bei Stahl und Aluminium ist Trump jetzt süchtig nach Zöllen. Er missbraucht dafür Sicherheitsgesetze“, twitterte Chad Brown, Handelsexperte beim Peterson Institute for International Economics in Washington.

Auch John Murphy von der American Chamber of Commerce kritisierte Trumps Entscheidung. Der Präsident gefährde eine ganze Branche, anstatt sie zu schützen. „Die US-Autoindustrie floriert wie nie zuvor. Die Produktion hat sich im letzten Jahrzehnt verdoppelt, sie exportiert mehr als jede andere Industrie und beschäftigt fast 50 Prozent mehr Amerikaner als im Jahr 2011“, sagte Murphy.

Entsetzt ist die Lobby der ausländischen Autobauer in den Vereinigten Staaten: „Niemand hier verlangt diesen Schutz. Dieser Weg führt zwangsläufig zu weniger Auswahlmöglichkeiten und höheren Preisen für Autos und Lastwagen in Amerika“, kritisierte John Bozzella, Präsident des Verbandes Global Automakers. Nach Berechnungen des Ifo-Instituts müssten die amerikanischen Verbraucher mit etwa 20 Prozent höheren Preise für Import-Autos rechnen.

Unklar ist, ob die Zölle auch für Kanada und Mexiko gelten. Amerikanische Hersteller besitzen zahlreiche Fabriken in den beiden Ländern. Zudem produzieren auch die US-Hersteller General Motors, Ford und Fiat Chrysler nicht komplett in den USA. Ein Beispiel: Die Marke Buick von GM kommt auf einen US-Anteil von 60 Prozent, übertroffen beispielsweise von Toyota mit 61 Prozent.