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Ein Tag vor der Enthüllung: Bundeswehr hat Daten zu einer umstrittenen Spionageaktion gegen deutsches Künstlerkollektiv gelöscht

In einem Bundeswehr-Projekt spähten Propagandajäger die Kunstaktivisten des Zentrums für Politische Schönheit aus. Das war auch innerhalb der Truppe umstritten.  - Copyright: Business Insider/Kay Nietfeld/Ulrich Baumgarten/picture alliance/Getty Images
In einem Bundeswehr-Projekt spähten Propagandajäger die Kunstaktivisten des Zentrums für Politische Schönheit aus. Das war auch innerhalb der Truppe umstritten. - Copyright: Business Insider/Kay Nietfeld/Ulrich Baumgarten/picture alliance/Getty Images

Die Bundeswehr hat über Wochen das Künstlerkollektiv „Zentrum für Politische Schönheit“ (ZPS) im Inland überwacht. Die Spionage-Operation der deutschen Militärs lief im Rahmen eines Bundeswehr-Projektes zur Erkennung und Auswertung feindlicher Propaganda, in dessen Rahmen die Künstler ins Visier der Truppe geraten sind. Business Insider enthüllte die Operation Mitte Januar. Die ganze Geschichte lest ihr hier.

Nun stellt sich heraus, dass die Truppe alle Daten zu der Überwachungsaktion einen Tag vor unserer Enthüllung gelöscht hat. Das geht aus Antworten der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage der Fraktion der Linken im Bundestag hervor, die uns vorliegt. Konkret heißt es in der Antwort: „Mit Ablauf 11. Januar 2023 wurden alle Artikel und Daten gelöscht“. Wir berichteten am 12. Januar über die Überwachung.

Bundesregierung räumt erstmals Überwachung ein

Die Bundesregierung räumt in dem Fragenkatalog erstmals die Überwachung des Künstlerkollektivs ein. „Im Rahmen des CD&E Projekts 'Propaganda Awareness' waren für die Fallstudie zur Aktion des 'Zentrums für politische Schönheit' zwei Personen eingebunden“, schreibt die Bundesregierung in ihrer Antwort. Demnach wurden Veröffentlichungen über bundeswehrkritische Aktionen des Künstlerkollektivs „betrachtet“. Als erkannt worden sei, dass es sich um eine Kunstaktion handele, sei die Aktion eingestellt worden. Dafür hätten die Soldaten „ca. 10 Tage“ gebraucht.

Die Propagandajäger benötigten also mehr als zwei Arbeitswochen, um zu ergründen, um wen es sich bei dem „Zentrum für Politische Schönheit“ handelt. Ein Unterfangen, das üblicherweise mit einer Google-Anfrage gelöst werden könnte.

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Die Kunstaktivisten hatten 2020 auf rechtsextreme Soldaten aufmerksam machen wollen, die Zugang zu Waffen haben. Vor dem Berliner Kanzleramt platzierten sie einen Sammelcontainer für entwendete Gewehre und Pistolen. An Tausende Dienststellen der Bundeswehr ging ein Fake-Schreiben mit der Aufforderung, verschwundenem Kriegsgerät nachzuspüren. In einer Präsentation zum Propaganda-Projekt beschreibt die Bundeswehr das Vorgehen der Künstler als "Guerilla-Marketingaktion mit Elementen einer Informationsoperation".

Es gibt Zweifel an den Antworten der Bundesregierung

Die Bundesregierung beteuert, dass „keine Daten zu Personen oder Organisationen strukturiert gesammelt oder verarbeitet“ worden seien. An einer anderen Stelle schreibt die Regierung, dass „Personen oder Organisationen nicht Gegenstand der Betrachtung waren“.

Es ist eine bemerkenswerte Stellungnahme. Beim „Zentrum für Politische Schönheit“ handelt es sich durchaus um eine künstlerische Organisation, die Regierung kapriziert sich in dem konkreten Fall aber darauf, im Rahmen einer „Fallstudie“ Informationen zu einer bundeswehrkritischen Aktion des Künstlerkollektivs gesammelt zu haben.

Uns liegt außerdem eine interne Leistungsbeschreibung für das Projekt „Propaganda Awareness“ vor. Darin wird "IT-gestütztes Erfassen von Akteurs- und Quellenlisten propagandistischer Aktivitäten" für die Durchführung eingefordert. Die Darstellung der Bundesregierung, bei dem Vorhaben seien "keine Daten zu Personen oder Organisationen strukturiert gesammelt oder verarbeitet" worden, erscheint also zweifelhaft.

Wir haben dem Bundesverteidigungsministerium am Mittwoch Nachfragen zu den Antworten gestellt, die das Ministerium bis zum Erscheinen des Artikels unbeantwortet gelassen hat.

Gesammelte Daten lagern auf Servern eines Rüstungskonzerns

Die Software, mit der die Bundeswehr das Netz nach möglicher Propaganda durchsucht und auch Informationen zum Künstlerkollektiv gesammelt hat, wurde von dem Rüstungskonzern IABG entwickelt. Die von der Bundeswehr gesichteten Daten wurden ebenfalls auf den Servern des privaten Rüstungskonzerns gespeichert.

Die Bundestagsabgeordnete Martina Renner (Linke) kritisiert das: "Die Speicherung behördlich erhobener Daten auf einem externen Server bedarf einer klaren vertraglichen Grundlage. Unabhängig davon bleiben die Daten in Besitz des Bundes und dürfen weder weitergegeben noch für andere Zwecke verwendet werden", sagt sie zu Business Insider.

Zu der Stellungnahme der Bundesregierung zur kleinen Anfrage ihrer Fraktion sagt Renner: "Die Antworten bleiben insgesamt zweifelhaft. Weder wird klar, warum das Projekt genau zu dem Zeitpunkt eingestellt wurde, noch klingt es glaubwürdig, dass das Projekt nicht die Grundlage für ähnliche Vorhaben sein soll". Das Ministerium sei jedoch sehr bemüht, Staatssekretär/innen und Ministerinnen vor jeder Verantwortung zu schützen, sagt Renner. "Ich halte eine nachholende Prüfung durch den Bundesdatenschutzbeauftragten für dringend notwendig."