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Struktur-Umbau provoziert Aufstand der Aktionäre gegen Unilever

Die prächtigen Fassaden im Londoner Finanzdistrikt vermitteln nicht den Eindruck, als würden dahinter Revolutionäre sitzen. Doch der Schein trügt: Die dort ansässigen Investoren sind sauer auf den britisch-niederländischen Konsumgüterhersteller Unilever.

So sauer, dass sie einen Aufstand gegen das Unternehmen planen, das nur wenige Meilen entfernt in einem ebenso prachtvollen neoklassischen Gebäude arbeitet. Auslöser der Revolte mehrerer Fondsgesellschaften ist eine Entscheidung, die Unilever-Chef Paul Polman schon im März verkündet hatte: Der Konzern bekommt eine neue Struktur und will seinen Hauptsitz nur noch in Rotterdam haben.

Polmans Pläne sehen vor, dass die bisherigen vier Geschäftseinheiten mit Marken wie Domestos, Magnum oder Axe zu drei Sparten zusammengelegt werden. Das Geschäft mit Brotaufstrichen wurde bereits verkauft. Unilever kündigte dies an, nachdem der Konzern eine feindliche Übernahme durch Kraft Heinz abgewehrt hatte. Die Verschlankung und die neuen Strukturen sollen „mehr Wert für die Aktionäre“ schaffen, erläuterte Finanzvorstand Graeme Pitkethly in unzähligen Meetings in der Londoner City in den zurückliegenden Wochen.

Diese Schritte werden von den Investoren unterstützt. Der andere Teil des Umbaus hingegen bringt immer mehr Aktionäre gegen das Management auf. Traditionell hat Unilever einen doppelten Sitz – einen in Großbritannien und einen in den Niederlanden. Diese Doppelstruktur soll aufgelöst werden.

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Dann wird auch die bisherige Aktienstruktur mit in Großbritannien und den Niederlanden notierten Aktien aufgegeben. Zwar werden zwei Sparten noch aus London heraus gesteuert, Rotterdam soll aber Hauptsitz und Amsterdam wichtigste Börsenheimat werden.

Der Konzern bestreitet, dass diese Entscheidung mit dem Brexit zu tun habe, und begründet sie ebenfalls mit mehr Effizienz. Allerdings: Dafür benötigt Unilever die Zustimmung seiner Anteilseigner. Am 25. Oktober sollen sie in Rotterdam auf einer außerordentlichen Hauptversammlung über das Vorhaben entscheiden, einen Tag später dann in London. 75 Prozent der britischen Investoren müssen zustimmen und 50 Prozent der niederländischen Aktionäre.

Unilever-Chef gibt sich zuversichtlich

Er sei „sehr zuversichtlich“, dass sein Vorschlag unterstützt werde, sagte Polman zuletzt. Doch die Front gegen die Pläne wächst, wie eine Nachfrage bei Londoner Fondsgesellschaften zeigt. „Unilever kann vielleicht die europäischen Aktionäre davon überzeugen, dass dieser Schritt für das Unternehmen sinnvoll ist“, sagte Mike Fox von Royal London Asset Management (RLAM).

„Britischen Investoren dürfte es aber schwerfallen, einen Grund zu finden, für diese Maßnahme zu votieren. Denn dann würden sie de facto für eine Enteignung ihrer Anteile stimmen“, kritisiert der Fondsmanager. Eine Veränderung der Aktienstruktur würde aller Voraussicht nach dazu führen, dass die Unilever-Aktien bei der nächsten Überprüfung der Indizes aus dem Index FTSE-100 fallen.

Institutionelle Investoren, die bei ihrer Aktienauswahl auf derartige Benchmarks zurückgreifen, dürften dann nicht mehr – oder nur noch begrenzt – in Unilever-Aktien investieren. „Wir wären gezwungen, die in einer Reihe unserer Fonds gehaltenen Aktien zu verkaufen“, sagt Fondsmanager Fox, „und wir meinen, dass das nicht im Interesse unserer Kunden wäre.“

Darüber hinaus befürchten britische Investoren, dass sie auf Dividenden für niederländische Unilever-Aktien 15 Prozent Steuer zahlen müssen. Diese Steuer soll zwar nach Plänen der Regierung in Amsterdam abgeschafft werden, aber noch ist es nicht so weit. Das trägt nicht dazu bei, dass die Londoner Investoren den Plänen positiver gegenüberstehen.

RLAM hält nach eigenen Angaben 8,6 Millionen Unilever-Aktien im Wert von rund 360 Millionen Pfund, das entspricht gerade einmal 0,72 Prozent des gesamten Aktienkapitals. Das Unilever-Management könnte die Sorgen von RLAM also ignorieren – wenn Fox der Einzige wäre, der Widerstand ankündigt. Aber das ist er nicht. „Wir sind der Meinung, dass die Umstrukturierung von Unilever nachteilig für die britischen Aktionäre ist“, sagt Fondsmanager Iain Richards von Columbia Treadneedle Investors und reiht sich damit in die Reihen der Widerständler ein, zu denen unter anderem Aviva Investor, Schroders und Legal & General zählen. Auch britische Gewerkschaften haben Kritik geäußert.

Großaktionär Blackrock schweigt

Nach Schätzungen der „Financial Times“ haben sich mittlerweile Fonds mit Anteilen in Höhe von zwölf Prozent gegen den Schritt ausgesprochen. Wie stark der Widerstand am Ende ausfällt, wird sich erst nach der Auszählung der Stimmen zeigen – zumal sich Schwergewicht Blackrock bisher nicht geäußert hat.

Bei Unilever wird man die Abstimmung nervös abwarten. Eigentlich sollte die Umstrukturierung das letzte große Projekt von Firmenchef Polman sein. Berichten zufolge hat der 62-jährige Manager intern vor Monaten seinen Rücktritt angekündigt.

Einige Schritte vom Unilever-Haus entfernt, bei Royal Dutch Shell, kann man den Streit gelassen verfolgen: Der Energiekonzern hatte seine Organisation 2005 zwar vereinheitlicht, aber seinen Doppelsitz in Großbritannien und den Niederlanden beibehalten. Änderungen seien nicht geplant, versichert ein Sprecher.

Der australisch-britische Minenkonzern BHP Billiton beobachtet den Disput womöglich mit einer gewissen Freude. Das Management des Konzerns wird von aktivistischen Investoren dazu gedrängt, den Doppelsitz London und Sydney aufzugeben. Der Aufstand gegen Unilever könnte BHP Billiton nun Argumente liefern, diese Forderung leichter abzuschmettern.