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Starinvestor Soros spekuliert auf starkes Europa

Nach Brexit-Votum - Starinvestor Soros spekuliert auf starkes Europa

Das Brexit-Votum der Briten war ein Schock, doch nach Ansicht des Starinvestors Georg Soros muss es kein „Fait accompli“, zu Deutsch „vollendete Tatsache“ sein. Einem Bericht des US-Nachrichtensenders CNBC zufolge sprach Soros in einer Rede vor dem Europa-Parlament in Brüssel von einem „positiven Momentum für ein stärkeres und besseres Europa“.

Inzwischen hätten sich bereits mehr als vier Millionen Menschen in einer Petition an das Parlament für ein zweites Referendum angeschlossen. „Zum Zeitpunkt, wenn im Parlament über die Petition diskutiert wird, gibt es möglicherweise schon mehr Unterschriften für die Petition als Stimmen für den Brexit“, so der Investor. Die Volksabstimmung könne nicht rückgängig gemacht werden, doch eine Unterschriftenkampagne könne die politische Landschaft zugunsten der EU-Mitgliedschaft wandeln.


Soros ist nicht der Einzige, der daran zweifelt, dass Großbritannien den Brexit schnell durchzieht. „Die Politiker denken über die nächsten Schritte nach und scheinen kaum bereit, ein Austritts-Verfahren nach Artikel 50 einzuleiten“, schreibt auch Peter Dixon vom Economic Research der Commerzbank. Einen realistischen Ausweg sieht der Analyst derzeit aber nicht. „Deshalb ist ein Brexit weiterhin wahrscheinlicher als ein Verbleib Großbritanniens in der EU“, so Dixon.

Nach Ansicht von Robert Halver, Leiter Kapitalmarktanalyse bei der Baader Bank, ist die Unsicherheit über das weitere Brexit-Prozedere erst einmal ein Zeitgewinn. Großbritannien werde nicht unmittelbar seinen Austrittsantrag stellen und damit müssten sich die Märkte zwischenzeitlich auch nicht mit den Konsequenzen eines Brexit auseinandersetzen. „Anleger stellen sich ohnehin die Frage, wie lange es dauern wird, bis Großbritannien austritt und ob es überhaupt austritt. Und selbst, wenn es de jure austritt, ist es de facto vielleicht gar nicht ausgetreten“, so .

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Die Krise, die nach Bekanntwerden des Votums die Finanzmärkte erfasst hat, verglich Soros mit der weltweiten Finanzkrise von 2007 und 2008. „Das hat sich gleichsam in Zeitlupe entfaltet, aber der Brexit wird es beschleunigen. Er dürfte die bereits bestehenden deflationären Trends verstärken“, sagte der Milliardär.


„Euro-Raum hinkt noch hinterher“

Soros wurde als der Vermögensverwalter berühmt, der 1992 die Bank von England in die Knie gezwungen hat. Mit Wetten, dass das britische Pfund abwerten und es aus dem Europäischen Wechselkursmechanimus nehmen müsse, erzielte er einen Profit von einer Milliarde Dollar.

Das Bankensystem Kontinentaleuropas habe sich von der Finanzkrise nicht erholt und werde nun „ernsthaft getestet“, sagte Soros am Donnerstag. „Wir wissen, was getan werden muss. Unglücklicherweise haben politische und ideologische Uneinigkeit im Euro-Raum verhindert“, dass der Europäische Stabilitätsmechanismus als Sicherheitsnetz verwendet werden kann, erklärte er.

Vor dem britischen Referendum hatte der Investor gewarnt, das Pfund Sterling werde mehr als 20 Prozent gegenüber dem Dollar einbrechen, sollten die Briten für ein Ausscheiden votieren. Nach Bekanntgabe des Ergebnisses sackte die britische Währung auf den tiefsten Stand seit 31 Jahren.

Die Entscheidung bedeute, dass „das Hypothetische sehr real geworden ist“, sagte Soros. „Sterling ist eingebrochen, Schottland droht mit einem Unabhängigkeits-Referendum und einige aus der Bevölkerung, die die ‚Austritts‘-Kampagne unterstützt haben, beginnen nun zu erkennen, dass sowohl das Land als auch sie persönlich vor einer düsteren Zukunft stehen. Selbst die Verfechter eines Austritts machen einen Rückzieher bezüglich ihrer unredlichen Brexit-Forderungen vor dem Referendum.“

Nach der letzten Finanzkrise hinke der Euro-Raum bei der weltweiten Konjunkturerholung hinter anderen Regionen her „wegen der restriktiven Fiskalpolitik; jetzt hat die Region mit einer drohenden Abschwächung zu kämpfen“, sagte Soros. „Die Einstellung deutscher Politiker steht der einzig wirksamen Antwort im Wege: einen Euro-Raum-Haushalt, der eine antizyklische Politik verfolgen könnte.“

KONTEXT

Erst Brexit, dann doch nicht - Wie könnte das gehen?

Parlamentsentscheid

Wäre rechtlich möglich. Das Ergebnis des Referendums ist kein Gesetz, mehr eine "Empfehlung". Das britische Unterhaus könnte abstimmen und beschließen, den berüchtigten Austritts-Artikel 50 nicht zu aktivieren. Es ist aber kaum auszudenken, welchen Aufschrei das im Land geben würde. Nicht vergessen: Insgesamt 17 410 742 Briten haben für den Brexit gestimmt.

Neuwahlen

Premierminister David Cameron dankt ab, die Suche nach einem Nachfolger läuft gerade an. Der könnte Neuwahlen ausrufen, schließlich hat vergangenes Jahr das Volk Cameron, nicht ihn - oder sie - ins Amt gewählt. Wenn dann zum Beispiel die Labour-Partei im Programm hätte, dass sie den Exit vom Brexit will, und gewinnen würde, dann könnte man das als demokratisch legitimiert betrachten.

Nochmal abstimmen I

Die Petition für ein zweites Referendum hat inzwischen mehr als vier Millionen Unterschriften gesammelt. Das Argument: Das Ergebnis ist zu knapp, die Wahlbeteiligung zu niedrig. Da aber im Vorhinein keine Regeln für so einen Fall festgelegt wurden, dürfte diese Forderung nichts bringen. Im Gespräch war auch mal, nach einem "No" mit der aufgeschreckten EU einen neuen Vertrag mit aus britischer Sicht besseren Bedingungen auszuhandeln, und das Referendum dann zu wiederholen. Da hat EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker aber schon gleich den Daumen gesenkt.

Nochmal abstimmen II

Nicht einfach das Referendum wiederholen, sondern so tun, als gehe man, einen Ausstiegs-Deal mit der EU aushandeln und den dann dem Volk zur Abstimmung stellen, das ist die Idee von Jeremy Hunt, dem britischen Gesundheitsminister, der gegen den Brexit war. In seinen Augen hat das Land gegen die Freizügigkeit von EU-Bürgern in ihrer jetzigen Form gestimmt, nicht so sehr gegen die EU insgesamt. Das Echo war verhalten - und es ist kaum denkbar, dass Brüssel und die anderen 27 Staaten das mitmachen würden.

Wieder eintreten

Das ginge schon. Aber allein der Austritt dauert schon mindestens zwei Jahre. Dann kämen neue Verhandlungen, alle anderen Mitgliedstaaten müssten einverstanden sein. Bisher haben die Briten einen Sonderdeal. Dass der wieder auf dem Tisch läge, scheint gerade undenkbar. Für die nächsten paar Jahre hilft diese Perspektive also nicht.

Schotten-Veto

Nicola Sturgeon, Chefin der schottischen Regionalregierung, will den Brexit notfalls mit einem Veto des schottischen Parlaments verhindern - wenn möglich, sagte sie. Da sind sich Experten nicht einig. Grundlage wäre der Scotland Act von 1998, der Kompetenzen des schottischen Regionalparlaments bestimmt. Dort steht zwar, dass auswärtige Angelegenheiten von London geregelt werden, aber auch, dass es Sache Edinburghs sei, EU-Gesetze zu implementieren.

KONTEXT

Wegmarken für das künftige Verhältnis von EU und Großbritannien

Mittwoch, 29. Juni

Erstmals seit dem Referendum treffen sich die EU-Staats- und Regierungschefs ohne den britischen Premier David Cameron. Die Runde will über die Zukunft ohne das Vereinigte Königreich im Staatenbund beraten. Zeitgleich beginnt in Großbritannien die konservative Partei mit der Kandidatennominierung für die Nachfolge von David Cameron. Der Premier hat angekündigt zurückzutreten. Die Nominierungsphase endet schon am Donnerstag.

1. Juli

Die Slowakei übernimmt turnusgemäß von den Niederlanden die rotierende EU-Ratspräsidentschaft. Das Land übernimmt damit eine besondere Verantwortung bei der Vorbereitung der nächsten Minister- und Gipfeltreffen. Zudem werden die Slowaken für die Dauer der Präsidentschaft "Gesicht und Stimme" der Europäischen Union sein.

8. und 9. Juli

In Warschau kommen die Staats- und Regierungschefs der Nato-Staaten zusammen. Spätestens dann sitzen 21 der EU-Chefs wieder mit Cameron zusammen. Auch bei diesem ersten großen Treffen nach dem EU-Gipfel wird das Brexit-Votum zumindest am Rande besprochen werden.

9. September

Spätestens bis zu diesem Tag soll in Großbritannien feststehen, wer der nächste Chef der Konservativen - und damit wohl auch neuer Premier - wird. Ihm dürfte es obliegen, über den Austritt zu entscheiden und den Wunsch der EU offiziell zu verkünden.

September

Für diesen Monat will EU-Ratspräsident Donald Tusk zum nächsten informellen EU-Gipfel einladen - wieder im 27er-Format ohne Großbritannien.