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Bei den Stahlkochern brennt die Hütte

Dass Heinrich Hiesinger den Rotstift zücken würde, das war den Stahlkochern bei Thyssenkrupp seit Monaten klar. Der Vorstandschef des Essener Konzerns hatte schon Mitte vergangenen Jahres einen klaren Auftrag an Andreas Goss, Chef der Thyssenkrupp-Stahlsparte, erteilt: Kosten senken im ewig kriselnden Stahlgeschäft.

Am vergangenen Freitag rückte Goss mit ersten Zahlen heraus: In den kommenden drei Jahren will Thyssenkrupp eine halbe Milliarde Euro in der Stahlsparte sparen. In den Werken in Duisburg-Hüttenheim und Bochum sollen rund 350 Stellen wegefallen. Damit ist die Zielvorgabe von 500 Millionen Euro aber längst noch nicht erreicht. Und deshalb kursieren seit dem vergangenen Wochenende bei Betriebsräten und der Gewerkschaft IG Metall Horrorzahlen über zukünftige Einsparungen und Stellenstreichungen bei den Stahlkochern.

Möglicherweise könnten mehrere tausend Arbeitsplätze in Gefahr sein, sagte der Betriebsratsvorsitzende des Werks in Duisburg-Hüttenheim, Werner von Häfen nach einer Sitzung der Stahlbetriebsräte in Essen. Neben dem bereits geplanten Abbau von rund 300 Stellen in dem Duisburger Grobblechwerk fürchte die Belegschaft allein in dem Werk die Streichung von weiteren 600 bis 700 Jobs. Es gehe bei der geplanten Restrukturierung nicht nur um 300 bis 400 Jobs in Bochum und Duisburg-Hüttenheim, sagte der Bevollmächtigte der IG Metall Duisburg-Dinslaken, Dieter Lieske. "Es geht letztendlich um 4050 Arbeitsplätze. So muss man die ganze Geschichte rechnen."

Aus den Unterlagen des Managements gehe hervor, dass etwa 15 Prozent der rund 27.000 Jobs von Thyssenkrupp Steel Europe gestrichen werden sollen. Ein Konzernsprecher dementierte die Zahlen nicht, sagte aber, es stehe derzeit noch nicht genau fest, wie viele Arbeitsplätze betroffen sein werden.

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Diese scheibchenweise Kommunikation des Konzerns sorgt natürlich für große Unruhe bei den Stahlkochern. Für den dritten Mai organisiert die Gewerkschaft erst einmal wieder eine Großdemonstration gegen die Sparpläne. Viel mehr Handlungsspielraum hat sie nicht, bis die genauen Pläne der Konzernleitung auf dem Tisch liegen. Am Tag darauf wird die nächste Aufsichtsratssitzung der Stahlsparte stattfinden. Dann, so hoffen die Betriebswirte, müsse das Management endlich alle Pläne wie es denn jetzt weitergehen soll mit dem Stahlgeschäft bei Thyssenkrupp auf den Tisch legen.

In der ersten Maiwoche kommt am zweiten Mai auch noch die neue Taskforce zusammen. Das Gremium hatte Hiesinger im vergangenen Jahr einberufen. Dort soll das Management die Betriebsräte über Pläne des Vorstands informieren. Bisher, heißt es bei Thyssenkrupp-Betriebsräten, seien da allerdings keine neuen Informationen gekommen.

Thyssenkrupp-Chef Hiesinger hat die Verhandlungen mit Tata übernommen

Klar ist aber: auch diese Sparrunde an den Hochhöfen wird nicht die letzte sein. Kommt es tatsächlich zu einer Fusion mit dem europäischen Stahlgeschäft des indischen Konkurrenten Tata, werden die deutschen Stahlkocher mit weiteren Stellenstreichungen rechnen müssen. Nun schon seit mehr als eineinhalb Jahren ist ein Zusammenlegen der beiden Stahlgeschäfte in der Diskussion. Thyssenkrupp-Chef Hiesinger hat die Verhandlungen mit den Indern jetzt selbst in die Hand genommen. Kommt er nicht bald zu einem Ergebnis, muss er selbst für das Scheitern der Verhandlungen gerade stehen.

Die Arbeitnehmervertreter sind strikt gegen eine solche Fusion. Sie wissen nur zu genau, dass ein solches Joint Venture für die Arbeiter nichts Gutes verspricht und das europäische Stahlgeschäft nicht wirklich rettet. Gut stehen die Chancen, dass eine solche Fusion bald zustande kommt, sowieso nicht. Bei Tata wechselte jüngst der Konzernchef. Was er mit der Stahlsparte im indischen Konglomerat vorhat, muss erst noch austariert werden. Problem Nummer eins sind aber die zum Teil maroden Stahlwerke von Tata in Großbritannien und die hohen Pensionsverpflichtungen für britische Stahlarbeiter. Es macht offensichtlich wenig Sinn, diese in ein neues deutsche-indisches Stahl-Joint Venture zu packen.

Immerhin: Einen Teil der eigenen alten Lasten konnte Hiesinger im Februar endlich loswerden. Thyssenkrupp verkaufte sein brasilianisches Stahlwerk für immerhin 1,5 Milliarden Euro Ternium. Damit ist der Essener Konzern diese milliardenschwere Fehlinvestition endlich los. Und in den vergangenen Monaten zogen die Stahlpreise dank neuer EU-Importzölle auf chinesischen Billigstahl auch wieder an. Doch das ist nur eine Atempause.

Hiesinger wird Anfang Mai eine Lösung für sein Stahlgeschäft präsentieren müssen. Es ist unwahrscheinlich, dass er einen anderen Fusionspartner aus dem Hut zaubert, falls die Fusion mit Tata tatsächlich nicht klappt. Er kann die Stahlsparte weiterführen wie bisher und dort die Kosten senken bis der Arzt kommt. Möglichkeit Nummer drei: Er spaltet die Stahlsparte ab vom Konzern und bringt sie an die Börse wie die WirtschaftsWoche im März analysierte.

KONTEXT

Alte Sünden, neue Probleme bei Thyssenkrupp

Bestechungs- und Kartellfälle

In den vergangenen Jahren war der Essener Industriekonzern Thyssenkrupp in eine Vielzahl von Bestechungs- und Kartellfällen verwickelt.

Jahrelange Schmiergeldzahlungen beim Verkauf von U-Booten

Etliche Offsore-Gesellschaften nutzte die Thyssenkrupp-Tochter Marine Force International (MFI), um Gelder zu dubiosen Beratern zu lotsen, die wiederum Aufträge mit U-Booten in Ländern wie der Türke, Griechenland und Indonesien sicherten.

Das Schienenkartell

Über Jahre hatten sich Mitarbeiter des Thyssenkrupp-Konzerns mit anderen Unternehmen bei Preisen und Mengen abgesprochen. Der Essener Konzern musste ein Bußgeld in Höhe von 200 Millionen Euro zahlen.

Neuer Bestechungsvorwurf bei Waffengeschäften in der Türkei

Bei einem Waffengeschäft in der Türkei sollen Manager des Bremer Rüstungsunternehmens Atlas Elektronik, ein Gemeinschaftsunternehmen von Thyssenkrupp und Airbus, türkische Amtsträger bestochen haben. Vor diesem Hintergrund fand sogar eine Razzia in der Essener Zentrale von Thyssenkrupp im Sommer diesen Jahres statt. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Manager von Thyssenkrupp und Airbus, weil sie die Zahlung von Bestechungsgeldern nicht verhindert haben sollen.