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Smartphones aus China bringen Apple und Samsung in Bedrängnis

Die große Show musste einen Tag früher über die Bühne gehen. Am 30. Oktober wollte der chinesische Smartphone-Hersteller One Plus in New York das neue Modell 6T vorstellen, doch wenige Tage vor dem Termin durchkreuzte Apple die hochfliegenden Pläne: Der iPhone-Hersteller kündigte für denselben Tag ebenfalls neue Hardware an. Nach einer Krisensitzung in der Zentrale in Shenzhen war klar: Man würde dem Giganten aus dem Weg gehen.

One Plus zog die Präsentation in letzter Minute um einen Tag vor. „Das Ganze ist im Vorstand sehr kontrovers diskutiert worden“, sagt Mitgründer und Chef Pete Lau in einem Gespräch mit dem Handelsblatt. Aber er sah keine Alternative zu dem logistischen und finanziellen Kraftakt: Das Risiko war groß, dass selbst die treuesten Fans lieber die Apple-Veranstaltung am Monitor verfolgen würden als den Smartphone-Start. Und das wollte keiner riskieren.

Pete Lau weiß, wo sein Platz ist. Doch Apples Vorsprung soll nicht länger so groß bleiben. One Plus ist eine der erstaunlichsten Erfolgsgeschichten der Smartphone-Branche. Gegründet 2013, als Nokia längst aufgegeben hatte, alte Marken wie Motorola ums Überleben kämpften, und mit Android-Smartphones niemand außer Samsung Geld verdiente, gründete Lau mit seinem Partner Carl Pei die Firma. Heute ist die Marke nicht nur in China bekannt, sondern hat auch in der westlichen Welt eine Fangemeinde aufgebaut.

Das One Plus 6T ist dabei ein Anzeichen für eine machtvolle Übernahme: Hersteller wie One Plus und Oppo, Huawei und Xiaomi, die im Heimatmarkt China bereits seit einiger Zeit bekannt sind, expandieren global. Mit erschwinglicher, teils hochwertiger Hardware machen sie bekannten Namen wie Samsung, Motorola, Sony und auch Apple zunehmend das Leben schwer. „Sie haben die Größe ihres Heimatmarktes genutzt, um eine Dynamik zu schaffen, die sie jetzt für einen internationalen Erfolg nutzen“, beobachtet Ben Wood, Analyst beim britischen Marktforscher CCS Insight.

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Der Zeitpunkt ist günstig. Nach Jahren großer Innovationen stagniert die Technik – ein zwei Jahre altes Smartphone ist kaum spürbar schlechter als ein aktuelles Modell. Damit wird der Preis immer mehr zum Entscheidungskriterium, selbst in den reichen Industrieländern. Und in Schwellenländern wie Indien, Brasilien oder Indonesien sind die chinesischen Marken mit ihren Billiggeräten ohnehin schon erste Wahl.

Das lässt sich an den Zahlen ablesen: Der Smartphone-Markt schrumpfte 2017 erstmals, auch 2018 dürfte er bestenfalls stagnieren. Im dritten Quartal stieg der Absatz um 1,4 Prozent auf 389 Millionen Stück, wie der Marktforscher Gartner ermittelt hat. Davon profitierten jedoch fast ausschließlich chinesische Hersteller: Ohne Huawei und Xiaomi hätte unter dem Strich ein Minus von 5,2 Prozent gestanden.

„Mit günstigen Smartphones, verbesserten Kamerafunktionen und hochauflösenden Displays haben die chinesischen Tophersteller ihren Absatz in den Schwellenländern deutlich gesteigert“, notierte Gartner-Forschungsdirektor Anshul Gupta. Huawei ist so zum zweitgrößten Hersteller aufgestiegen und verringert den Abstand auf Marktführer Samsung in einem rasanten Tempo. Und mit BBK, dem Mutterkonzern von Oppo, Vivo und auch One Plus, entsteht ein weiterer Smartphone-Gigant.

Die Tech-Gemeinde horcht auf

Dabei begann One Plus mit bescheidenen Zielen. „Wenn es Interesse für 30.000 Geräte im ersten Jahr gibt, dann haben wir etwas, das sich lohnt“, so dachten sich die Gründer zunächst. Das One Plus 1, im April 2014 vorgestellt, verkaufte sich bis Jahresende fast eine Million Mal. „Und eine Menge der Orders kam aus dem Silicon Valley“, so Lau. „Da wussten wir, dass die Tech-Gemeinde aufgehorcht hat.“

Auch die nächsten Modelle waren erfolgreich. Das One Plus 6, der Vorgänger des 6T, knackte die Millionenmarke in nicht einmal vier Wochen. Ende 2017 summierte sich der Umsatz der Firma auf 1,5 Milliarden Dollar. Ein beachtliches Ergebnis für ein nicht einmal fünf Jahre altes Unternehmen.

One Plus ist nicht nur in China erfolgreich. In Ländern wie Indien hat das Unternehmen bereits Apple oder Samsung entthront. Und in diesem Jahr könnte der Durchbruch in den USA gelingen: Das neue Smartphone 6T wird in mehr als 5600 T-Mobile-Läden in den USA verfügbar sein. Die Telekom-Tochter ist der erste amerikanische Mobilfunker, der sich traut, die Geräte ins Programm zu nehmen.

Das durchaus riskante Geheimnis hinter dem Erfolg: Lau hielt eisern die Kosten im Griff – die ersten Smartphones wurden nur online vertrieben, es gab praktisch kein Marketing und nur kleine Margen. Dafür aber eine aggressive Ansprache der Zielgruppen über Social Media und den Aufbau einer engagierten Online-Gemeinschaft.

„Der Erfolg von One Plus basiert auf einer Reihe von Faktoren“, beobachtet der Smartphone-Experte Ben Wood: exzellente Produkte, wettbewerbsfähige Preise, ansprechendes Marketing. Dass die Smartphones alle gleich aussehen, habe Verbraucher darin bestärkt, Alternativen zu Samsung & Co. auszuprobieren. Hinzu komme: „Der Erfolg der chinesischen Marken, vor allem von Huawei, hat die Wahrnehmung positiv verändert.“

Das lässt sich am neuen 6T festmachen: Das Geräte biete „erstklassige Hardware inklusive einem blitzschnellen Prozessor und einer exzellenten Kamera“, und das für deutlich weniger Geld als die Konkurrenz, notierte etwa das Technologieportal Cnet. Für das günstigste Modell verlangt One Plus rund 550 Euro – vergleichbare Geräte liegen im Schnitt bei etwa 700 Euro.

One Plus scheint im richtigen Moment am richtigen Ort zu sein. Der Markt für Premiumgeräte ist gesättigt, die großen Neuerungen, mit denen Apple und Samsung früher die Fans elektrisierten, fehlen heute. Gleichzeitig haben Premiumgeräte die Preisschwelle von 1000 Euro längst weit überschritten.

Das geben Millionen von Nutzern zwar aus, wie Apple mit dem iPhone X und dem neuen Modell XS zeigt – der Durchschnittspreis des iPhone-Herstellers lag zuletzt bei fast 800 Dollar. Auch Samsung und Google versuchen mit ihren Spitzenmodellen, diese Marke zu etablieren. Allein: Viele Kunden machen das nicht mehr mit. Samsung verkauft das aktuelle Galaxy S9 bereits ab 549 Euro, und es kursieren Gerüchte über ein günstiges Pixel-Gerät von Google.

Selbst Apple, bekannt für stabile Preise, scheint umzudenken. Der Konzern bietet beim Eintausch alter Geräte hohe Rabatte – ausgerechnet im wichtigen Weihnachtsgeschäft. Die Nachrichtenagentur Bloomberg spricht von einer „Feuerübung“.

Alarmstimmung herrschte schon vorher: Der Konzern verschreckte die Wall Street kürzlich mit der Ankündigung, Verkaufszahlen nicht mehr auszuweisen. Die Analysten und Aktionäre sahen darin einen Hinweis, dass der Boom vor einem Ende steht, ein massiver Kurssturz war die Folge.

„Die aggressive Preispolitik einiger chinesischer Hersteller bereitet den Konkurrenten definitiv Sorgen“, sagt Wood. Gerade Xiaomi übe mit Geräten wie dem Mi 8 Pro Druck aus. „Der Trend zu Eintauschprogrammen und Rabatten scheint eine Antwort darauf zu sein.“ Gerade Samsung leide darunter. Apple könne sich dem Trend noch widersetzen. Aber: Die sehr hohen Preise ermutigen Kunden, nach Alternativen zu schauen. „Wir müssen noch sehen, welchen Effekt das hat.“

5G und faltbare Displays

Die Elektronikhersteller setzen auf neue Technologie, um sich aus dieser Abwärtsspirale zu befreien. So beginnt 2019 die Einführung des neuen Mobilfunkstandards 5G, der eine deutlich schnellere Datenübertragung verspricht. „5G ist in den nächsten zwölf Monaten wahrscheinlich der wichtigste Faktor“, sagt Gianfranco Lanci, Vorstand bei Lenovo. Er ist überzeugt: Smartphone-Käufer wollen die neue Technologie – auch wenn die Netzwerke dann erst im Aufbau sein werden.

Im besten Fall bringt der neue Standard einen Ersatzzyklus in Gang. Darauf hofft beispielsweise auch Sony, das in den Statistiken nur noch unter „Sonstige“ geführt wird. Der japanische Konzern erforscht gerade intern, welche Nutzungsszenarien sich ergeben – nicht nur für Smartphones.

Samsung wiederum will 2019 ein Smartphone mit einem Faltdisplay auf den Markt bringen, das sich mit einer Handbewegung auf die Größe eines Tablets erweitern lässt und so neue Nutzungsmöglichkeiten entfaltet. Preis: mehr als 1500 Euro. Andere Hersteller arbeiten ebenfalls an solchen Konzepten, beispielsweise Huawei.

Doch auch One Plus hat einen langen Atem. Im Hintergrund stützt die chinesische Oppo Electronics als Großaktionär. Hier hat auch Pete Lau Karriere gemacht. Oppo und One Plus fahren dabei einen Zangenangriff auf den Weltmarkt: Preisgünstige Oppo-Modelle für den Massenmarkt und Premium-Geräte von One Plus.

Die chinesische Invasion ist nicht mehr zu übersehen. Aus der Billig-Werkbank für die Marken der westlichen Welt ist ein Innovations-Hub der Mobilindustrie geworden. Große und kleine Hersteller aus dem Reich der Mitte haben ebenfalls angekündigt, dass sie beim 5G-Start weltweit präsent sein werden.