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„Schreib mir, wenn du gut zu Hause angekommen bist“: Eine Textnachricht und ihr trauriger Hintergrund

Der Mord an Sarah Everard löst in England große Empörung aus. Sinnbild für ihr grausames Schicksal ist die letzte Textnachricht, die sie je erhalten hat.

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"Schreib mir, wenn du gut zu Hause angekommen bist": So gut wie jede Frau hat diese Textnachricht schon einmal in ihrem Leben verfasst oder erhalten (Symbolbild: Getty Images) (Blackzheep via Getty Images)

„Text me when you get home“ – Schreib mir, wenn du gut zu Hause angekommen bist.

So gut wie jede Frau hat diese Textnachricht schon einmal in ihrem Leben verfasst oder erhalten. Es wirkt harmlos: fürsorgliche Freunde oder Freundinnen, die sicherstellen möchten, dass man sicher nach Hause gekommen ist. Jetzt jedoch haben Frauen weltweit damit begonnen, den Text als einen Aufruf für ein Ende der geschlechtsspezifischen Gewalt zu verwenden.

Dieses simple Bild ist zu einem globalen Schlachtruf geworden. Foto: Instagram/ lucymountain
"Schreib mir, wenn du gut zu Hause angekommen bist XX": Dieses simple Bild ist zu einem globalen Schlachtruf geworden. Foto: Instagram/ lucymountain

Nach dem Mord an der Britin Sarah Everard, die auf dem Heimweg im Süden Londons ermordet wurde, ging ein Instagram-Post mit einem Screenshot dieser Textnachricht viral.

Wut und Trauer nach Mord an junger Frau

Der Mord an Sarah hat in ganz England und auf der ganzen Welt eine Welle der Trauer und Wut ausgelöst. Und in Australien wurde die Empörung durch die jüngsten Vergewaltigungsvorwürfe im Parlamentsgebäude noch verstärkt.

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Herzogin Catherine privat und ohne Maske: Emotionaler Tribut an ermordete Britin

Der virale Instagram-Post wurde von der Fitnesstrainerin Lucy Mountain verfasst und hat innerhalb weniger Tage fast drei Millionen Likes erhalten. Außerdem teilten Millionen User als Protestakt das Bild auf ihren eigenen Social-Media-Accounts. Die Textnachricht ist eine erschreckende Erinnerung daran, in was für einer Kultur wir leben.

Sarah Everard wurde abends auf ihrem Heimweg ermordet. Foto: AAP
Sarah Everard wurde abends auf ihrem Heimweg ermordet. Foto: AAP

„Ich weiß nicht einmal, wie ich das formulieren soll, weil ich das Gefühl habe, dass meine Worte dem nicht gerecht werden können, was viele Frauen gerade fühlen“, begann Lucy den Post. „Ich konnte nicht aufhören, an Sarah Everard zu denken und daran, dass eine Frau nicht einfach nach Hause gehen durfte. Es ist unerträglich.“

"Wir haben alle schon...": Lucy schildert alltägliche Sicherheitsrituale von Frauen

„Ich habe diese Woche auch ein tiefes Gefühl der Verbundenheit zwischen mir und anderen Frauen gespürt“, fuhr sie fort.

„Ich habe viele Gespräche darüber geführt, dass wir uns unserer Sicherheit hyperbewusst sind und dass das schon unser ganzes Leben lang so war. Das tiefe Gefühl der Verbundenheit ist ein Gefühl der Angst.“

„Wir haben alle unsere Standortegeteilt.“

„Wir haben alle unsere Schuhe gewechselt.“

„Wir haben alle unsere Schlüssel zwischen unseren Fingern gehalten.“

„Wir haben alle Telefonate geführt, echte und vorgetäuschte.“

„Wir haben alle unsere Haare in unsere Jackengesteckt.“

„Wir sind alle schnell durch dunkle Straßen gerannt.“

„Wir haben alle über unsere Fluchtwege nachgedacht.“

"Hört auf, Frauen die Schuld zu geben"

Dann wies Lucy darauf hin, dass sich all diese Handlungen nicht einmal wie „spezielle Sicherheitswerkzeuge“ anfühlen, sondern eher wie verinnerlichtes Verhalten, und sie forderte die Männer auf, ihre Rolle in dieser Kultur zu überdenken.

„‚Schreib mir, wenn du gut zu Hause angekommen bist xxx‘ ist Standard unter Frauen“, schrieb sie. „Autopilot.“

„Ich wünschte, mehr Männer würden verstehen, dass wir nachts nicht allein mit Kopfhörern in den Ohren laufen können.“

„Dass jedes Mal, wenn wir in ein Ubersteigen, der Gedanke mitschwingt, das könnte es jetzt gewesen sein.“

„Dass die Aussage ‚die wollen nur nett sein‘, Teil des Problems ist.“

„Dass unser Herz ein bisschen schneller schlägt, wenn wir an Männergruppen vorbeigehen.“

„Dass wir jedes Mal, wenn wir uns gegen sexuelle Belästigung auf der Straße wehren, ein weiteres Mal unsere Sicherheit riskieren.“

„Hört auf, Frauen zu belästigen.“

„Hört auf, Frauen die Schuld zu geben, wenn sie eigentlich die Opfer sind.“

„Und hört auf, Frauen mit der Last der Handlungen anderer Männer zu belasten.“ ⠀

„Eine Frau hätte nach Hause gehen dürfen.“

Nach Everards Mord: Demo in London gegen Polizeigesetz und Gewalt an Frauen

Hunderttausende Menschen, Frauen und Männer, bekundeten in den Kommentaren ihre Solidarität.

„Ich stehe zu euch allen, aber ich wünschte, es wäre nie nötig gewesen", schrieb jemand. „Ich hoffe wirklich, dass sich das für immer ändern kann und wir müssen leider weiterhin die Stimme erheben, damit es auch diejenigen in der letzten Reihe mitbekommen. Ich werde auch meine Stimme erheben und andere Männer korrigieren. Wir müssen gemeinsam weitermachen.“

„Das erklärt alles, was wir fühlen, so gut“, schrieb eine Frau. „Danke.“

„Ich habe fast geweint, als ich das gelesen habe, diese Worte sind perfekt, aber traurig, dass es die Wahrheit ist“, stimmte eine andere zu.

Der Mord an Sarah Everard

In ganz England gab es Mahnwachen und Gedenkfeiern für Sarah Everard. Foto: AP
In ganz England gab es Mahnwachen und Gedenkfeiern für Sarah Everard. Foto: AP

Sarah Everard (33) war eine Marketing-Managerin aus Südlondon. Ihre Familie bezeichnete sie in einer Erklärung, die von der Polizei veröffentlicht wurde, als „klug und hübsch – eine wundervolle Tochter und Schwester“.

Laut der New York Times hatte sie gerade einen neuen Job begonnen, hatte einen neuen Freund und freute sich auf das Leben nach dem Ende der Pandemie.

Sarah war am 3. März bei einer Freundin in Clapham, in Südlondon bevor sie wenige Stunden später auf dem Nachhauseweg verschwand.

Ein Beamter des Metropolitan Police Department wurde wegen Mordes und Entführung angeklagt.

Nach dem Mord gab es weltweit Mahnwachen. In London arteten sie jedoch in brutale Szenen aus, nachdem die Polizei eine Versammlung mit Gewalt aufgelöst hatte, weil diese gegen die Coronavirus-Vorschriften verstieß.

Penny Burfitt