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ROUNDUP: Bund und Länder unter Druck für dringende Corona-Bremse

BERLIN (dpa-AFX) - Im Kampf gegen die immer bedrohlichere Corona-Welle in Deutschland müssen sich Millionen Bürger auf neue Alltagsauflagen einstellen. Der Bundestag soll an diesem Donnerstag Gesetzespläne der voraussichtlichen Regierungspartner SPD, FDP und Grüne beschließen, die unter anderem generelle Testvorgaben am Arbeitsplatz, in Bussen, Bahnen und Pflegeheimen vorsehen. Im Anschluss folgt eine Krisenrunde der Ministerpräsidenten mit der geschäftsführenden Kanzlerin Angela Merkel (CDU). Im Blick steht dabei eine einheitliche Linie etwa bei Zugangsregeln, Alarmschwellen der Klinikbelastung und mehr Impfungen.

Merkel verlangte wegen steil steigender Infektionszahlen dringende Klärungen. Die gegenwärtige Pandemielage sei "dramatisch", sagte sie am Mittwoch bei der Hauptversammlung des Deutschen Städtetags. "Die vierte Welle trifft unser Land mit voller Wucht." Die Bund-Länder-Runde sei "überfällig". Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) forderte von den Beratungen auch einen "Weckruf, um ein pandemiemüdes Deutschland wieder ein Stück wachzurütteln", wie er beim "Wirtschaftsgipfel" der "Süddeutschen Zeitung" in Berlin sagte.

Die Corona-Welle baut sich immer weiter auf. Die Gesundheitsämter meldeten den Höchstwert von 52 826 neuen Fälle an einem Tag, wie das Robert Koch-Institut (RKI) bekanntgab. Die Zahl der Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner in sieben Tagen stieg auf das neue Hoch von 319,5 - nach 312,4 am Vortag und 232,1 vor einer Woche. Am höchsten ist die Sieben-Tage-Inzidenz weiter in Sachsen, Thüringen und Bayern.

Als dringende Corona-Bremse wollen die Ampel-Koalitionäre in spe jetzt Regelungen besiegeln, die zuletzt noch deutlich ergänzt wurden. Sie sollen eine andere Rechtsgrundlage für Auflagen vor Ort schaffen, wenn die bisher vom Bundestag festgestellte "Epidemische Lage von nationaler Tragweite" zum 25. November ausläuft. Am Freitag stimmt der Bundesrat darüber ab - aus Sicht der Unionsländer schränkt das Gesetz die bisherigen Möglichkeiten aber zu weit ein: "nicht zustimmungsfähig" schrieb Nordrhein-Westfalen Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) in ihrem Namen an den geschäftsführenden Bundesfinanzminister Olaf Scholz und Berlins Regierenden Bürgermeister Michael Müller als Koordinator der SPD-Seite.

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Für SPD, FDP und Grüne dagegen sind es effektive Maßnahmen - nur ohne pauschale Lockdowns oder flächendeckende Schulschließungen. Praktische Folgen kommen vor allem auf Ungeimpfte zu. Ein Überblick über die vorgesehenen Beschlüsse:

3G am Arbeitsplatz

Wenn im Betrieb "physischer Kontakt" zu anderen nicht ausgeschlossen werden kann, soll der Zutritt nur noch mit Impf-, Genesenen- oder tagesaktuellem Test (oder maximal 48 Stunden altem PCR-Test) möglich sein. Firmen sollen das täglich kontrollieren.

Ohne Nachweis sei eine Versetzung in Bereiche ohne Kontakte denkbar, erläuterte Grünen-Rechtsexpertin Manuela Rottmann. Ist das unmöglich, könnten auch Freistellungen oder "perspektivisch" betriebsbedingte Kündigungen drohen. Das sei ein "einschneidender Eingriff ins Arbeitsverhältnis", es sei aber auch eine einschneidende Situation.

Derzeit müssen Unternehmen zwei Tests pro Woche anbieten. Zusätzlich gibt es auch wieder mindestens einen kostenlosen "Bürgertest" pro Woche. Bei fünf Arbeitstagen müssen Ungeimpfte also damit rechnen, zwei Tests pro Woche auf eigene Kosten zu machen.

Homeoffice-Pflicht

So ähnlich galt es schon bis Juni: Beschäftigten mit "Büroarbeiten oder vergleichbaren Tätigkeiten" muss Homeoffice ermöglicht werden. Es sei denn, es geht aus betrieblichen Gründen nicht wie etwa beim Bearbeiten von Post. Beschäftigte müssen das Homeoffice-Angebot annehmen - außer, die Arbeit ist zu Hause nicht möglich, weil es zum Beispiel zu eng oder zu laut ist oder nötige Ausstattung fehlt.

3G in Verkehrsmitteln

Die 3G-Regel soll für alle Busse und Züge von der Straßenbahn bis zum ICE kommen - und auch für hierzulande startende Flugzeuge. Passagiere müssen dann Nachweise als Geimpfte, Genesene oder über einen maximal 24 Stunden alten negativen Test vorzeigen können. Kontrolliert werden soll das "stichprobenhaft", wie fürs Schwarzfahren sollen Bußgelder drohen. Ausgenommen sein sollen Schulkinder und noch jüngere Kinder, ebenso Fahrten in Taxis. Festgeschrieben werden soll die Pflicht, während der Fahrt eine FFP2- oder medizinische Maske zu tragen. Ausgenommen sind Kinder unter sechs Jahren.

Testpflicht in Risiko-Einrichtungen

In manchen Ländern wird es schon so gemacht, nun soll es bundesweit verankert werden: Beschäftigte und Besucher sollen Pflegeheime, Kliniken, und Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen nur mit tagesaktuellem negativen Test betreten dürfen. Geimpfte oder genesene Beschäftigte können auch täglich Selbsttests machen oder zweimal pro Woche PCR-Tests vorlegen. Die Stiftung Patientenschutz forderte eine garantierte tägliche Testpflicht auch für Geimpfte.

Ausnahmen bei harten Corona-Maßnahmen

Die Länder sollen - wenn es ihr Parlament beschließt - auch weiter harte Maßnahmen ergreifen können, etwa Einschränkungen und Verbote von Veranstaltungen in Freizeit, Kultur und Sport. Es fallen aber einige Instrumente weg: etwa Verbote von Demonstrationen und Gottesdiensten, umfassende Geschäfts- und Schulschließungen, Verbote innerdeutscher Reisen oder touristischer Übernachtungen.

Höhere Strafen

Fälschern von Corona-Tests, Genesenen- oder Impfnachweisen sollen im schlimmsten Fall bis zu fünf Jahre Gefängnis drohen. Das soll dann gelten, wenn "gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande" gehandelt wird. Bisher sind für Fälschungen von "Gesundheitszeugnissen" maximal zwei Jahre Strafe möglich. Außerdem werden das "Erschleichen" digitaler Impfzertifikate in Apotheken mit falschen Impfpässen oder das Vorzeigen falscher Nachweise beim Arbeitgeber strafbar.

Die Krankenhaus-Belastung

Die Zahl der in Kliniken aufgenommenen Corona-Patienten je 100 000 Einwohner in sieben Tagen stieg bundesweit auf 5,15 (Dienstag: 4,86). Merkel will mit den Ländern nun aber auch eine Marke festlegen, ab der zusätzliche Eindämmungsmaßnahmen greifen müssen. Es wäre "eine Katastrophe", erst zu handeln, wenn die Intensivstationen voll seien. Auch sie hält die Pläne der Ampel-Fraktionen für unzureichend, wie sie nach Teilnehmerangaben in der Unionsfraktion deutlich machte.

Impfungen und Zugangsregeln

Merkel forderte eine "nationale Kraftanstrengung", um schnell zu mehr Auffrischungsimpfungen zu kommen. Da geht es auch um öffentliche Impf-Angebote der Länder neben den Praxen. Spahn regte einheitliche Vorgaben dazu an, ab wann Zugangsregeln nur für Geimpfte und Genesene (2G) greifen sollen - oder auch 2G plus mit zusätzlich einem Test.