Produkte und ihre kuriose Entstehungsgeschichte: Kartoffelchips
Pro Jahr verdrückt jeder Deutsche 1,5 Kilogramm Chips. Die knackigen Kartoffelscheiben mit dem Suchtfaktor gibt es mittlerweile in über 700 Sorten vom Klassiker Paprika über Wasabi und Balsamico-Essig bis zu Currywurst. Dabei waren die ersten Chips nur mit Salz gewürzt – und wurden der Legende nach aus Wut erfunden.
Am 24. August 1853 arbeitete George Crum als Chef-Koch in der Moon Lake Lodge in Saratoga Springs, als er es eines Tages mit einem ganz besonders heiklen Gast zu tun bekam. Kein geringerer als der Großindustrielle Cornelius Vanderbilt, genannt der „Eisenbahn-König“, hatte in seinem Speisesaal Platz genommen und verlangte nach Bratkartoffeln. Kein Problem für Crum – dachte er zumindest. Der Millionär ließ das Essen zurückgehen, die Bratkartoffeln waren ihm zu dick. Crum machte ihm also neue, doch wieder war Vanderbilt nicht zufrieden.
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In seiner Wut wollte Crum dem mäkeligen Gast eins auswischen, schnitt die Kartoffeln hauchdünn, frittierte sie, bis sie so hart waren, dass man sie mit der Gabel nicht mehr aufspießen konnte, und versalzte sie derart, dass er sich nicht vorstellen konnte, dass sie damit noch irgendjemandem auf der Welt schmecken könnten. Das Gegenteil war der Fall: Vanderbilt war ganz aus dem Häuschen und Crum nahm seine Kreation als „Saratoga Chips“ in seine Speisekarte auf.
Wer den ersten Chip frittiert hat, ist nicht ganz klar
Das ist zumindest die Legende zur Entstehungsgeschichte der Chips. Möglich und ehrlicherweise sogar wahrscheinlicher ist folgende Variante, die im Heimatmuseum von Saragota Springs auch als solche benannt wird. Demnach war es eigentlich Crums Schwester, die Donuts machte und dabei ein Kartoffelscheibchen ins Öl fallen ließ. Ihr Bruder probierte es, liebte es und bot es fortan in seinem Restaurant an.
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Über Neuengland hinaus machte erst Jahrzehnte später der Handelsvertreter Herman W. Lay die Chips bekannt. Jahrelang hatte er die fettige Ware in seinem Ford durchs Land gefahren, als er 1932 seine eigene Firma gründete und einen Weg fand, wie man auf einen Schlag viel mehr Chips herstellen konnte: Mit einer Schälmaschine für Kartoffeln, die eine massenhafte Produktion erst möglich machte. Die Chips der Marke Lay´s gehören noch heute zu den beliebtesten.
Die Iren verlangten nach mehr Geschmack
Den richtigen Pep bekamen die Chips aber erst in Irland. Im Dubliner Familienunternehmen Tayto wurden die Kartoffelscheiben mit einer selbst erfundenen Technik mit verschiedenen Gewürzen und Geschmacksstoffen bestreut, 1954 liefen zum ersten Mal Chips mit „Cheese and Onion“-Geschmack vom Band. Durch diese Änderung wurden die Chips viel beliebter, was bald auch in den USA die Runde machte. Tayto verkaufte die Rechte zur Nutzung der neuen Technik, die Familie wurde steinreich und in Irland wird Tayto noch heute als Synonym für Chips verwendet.
In Deutschland machten GIs den Snack bekannt
In Deutschland sorgte erst das Ende des Zweiten Weltkriegs dafür, dass der salzige Snack bekannt wurde. Hier waren es die GIs, die sich die Chips aus der Heimat liefern ließen und dann oft enttäuscht feststellten, dass die einst knusperigen Chips beim Weg über den Atlantik labberig geworden waren. 1951 sicherte sich dann der Maschinenbau-Ingenieur Heinz Flessner die Lizenz zur Produktion, die er zunächst mit seiner Frau Ella bei sich zuhause in Neu-Isenburg betrieb.
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Die Deutschen fremdelten lange mit dem salzigen Knabberzeug, dass die Flessners zunächst an Kiosken vertreiben wollten. 1964 verkaufte Flessner seine Firma IBU an den Bahlsen-Konzern, der für eine flächendeckende Versorgung sorgte und die Chips bekannt machte.
Heute werden in Deutschland jährlich 100.000 Tonnen Chips produziert, die hierzulande vor allem vor dem Fernseher und auf Partys verdrückt werden. Ernährungswissenschaftlich gesehen gelten Chips nicht nur wegen ihres hohen Fett- und Salzgehalts als ungesund, sondern auch wegen des enthaltenen Acrylamids. Es entsteht bei der Verarbeitung stärkehaltiger Lebensmittel und gilt als krebserregend. Nach einer neuen EU-Verordnung müssen Lebensmittelhersteller seit dem vergangenen Jahr immerhin bestimmte Richtwerte einhalten. Dafür, dass die Chips so schön knacken, wie sie eben knacken, sind übrigens Luftblasen verantwortlich, die beim Frittieren entstehen. Die Chips werden von Food-Akustik-Designern extra auf das Appetit anregende Geräusch hin optimiert.
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