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Golf 8 wird für VW zum Problem – Osterloh attackiert Konzernvorstand

Teure Probleme in Produktion und Entwicklung treiben den mächtigen Betriebsratschef auf die Barrikaden. Der Burgfrieden mit VW-Chef Diess steht auf der Kippe.

Der mächtige Arbeiternehmervertreter legt sich mit dem Vorstand an. Foto: dpa
Der mächtige Arbeiternehmervertreter legt sich mit dem Vorstand an. Foto: dpa

Für den VW-Betriebsratschef Bernd Osterloh lässt sich das Problem bei Volkswagen auf die Zahl 8.392 zusammendampfen. Genau so viele Autos vom Typ Golf 8 sind im vergangenen Jahr im Stammwerk Wolfsburg produziert worden.

Geplant aber, so wettert Osterloh in der Hauszeitung „Mitbestimmen“, seien eigentlich 100.000 Fahrzeuge gewesen. Der weltgrößte Autohersteller hat offensichtlich Schwierigkeiten, die Produktion seines wichtigsten Modelles in den Griff zu bekommen.

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Die Schuldfrage ist für Osterloh geklärt: Die Beschäftigten seien es nicht. „Hier wollen übereifrige Vorstände zu schnell zu viel Technik in ein Auto stopfen – und sind damit gescheitert“, erklärte er.

Osterloh bemängelte, dass die Vielfalt zu sehr zusammengestrichen wurde. Es fehlen Motoren, Farben und Ausstattungen sowie der sparsame 1,0-TSI-Basismotor. „Immerhin sind es fast zehn Prozent der Kunden, die damit abgedeckt würden.“

Auch wenn der Betriebsratschef keine Vorstände mit Namen benennt - mit seiner Kritik zielt er vor allem auf VW-Chef Herbert Diess, sowie die Leiter der Entwicklungsabteilungen. Der Burgfrieden im Hause Volkswagen scheint damit beendet zu sein. Vor vier Jahren hatten die beiden Männer ihren Konflikt begraben und seitdem mitunter anerkennende Worte füreinander gefunden.

Die nun aufgekommenen Probleme in Produktion und Entwicklung treiben Osterloh aber auf die Barrikaden. Der Golf 8 werde vom Musterschüler zum Sorgenkind. Und daher wirft Osterloh in der Schlagzeile der Hauszeitung die Frage auf: „Wo ist der Vorstand?“

Der hält sich mit Äußerungen zurück, zumindest vorerst. Die Äußerungen des Betriebsrats werde man nicht kommentieren, sagte ein VW-Sprecher.

Im Umfeld von Diess herrscht Gelassenheit. „Die Wunden sind bekannt, wir arbeiten an deren Beseitigung“, hieß es. In der Tat hatte der VW-Chef selbst eingeräumt, dass es Anlaufschwierigkeiten beim Golf 8 gibt.

Software macht Probleme

Problematisch ist vor allem die Software, die für den Betrieb des Golfs nötig ist. Im Extremfall muss diese bis zu 160 Mal bei einzelnen Fahrzeugen neu installiert werden.

Manchmal helfe nur die Ratsche mit 10er-Nuss, berichtete Osterloh. Damit werde die Batterie abgeklemmt und der Strom im Auto abgestellt. Erst dann ist ein Neustart möglich.

Nach Darstellung des Betriebsrats sind die Startschwierigkeiten dieses Mal größer als bei anderen Modellen. Und sie kosten Volkswagen viel Geld. Denn jede Nachbearbeitung verzögert die Produktionsabläufe und bindet Arbeitskräfte.

In der Regel laufen in Wolfsburg über 70 Prozent der Autos ohne weitere Verzögerung vom Band. Beim Golf 8 liege die Quote bei 30 Prozent, wie es in Konzernkreisen hieß.

Die Mängel in der Produktion sind beachtlich. Für den Vorstand sind diese indes zumindest teilweise nicht verwunderlich. Denn die Entwicklungsabteilungen von VW sind voll ausgelastet mit dem Golf 8 und dem neuen Elektromodell ID.3.

Die Ingenieure arbeiteten bereits am Anschlag, sagte ein VW-Vertreter. Auch beim ID.3 kämpft der Konzern mit Software-Problemen.

Tausende Elektroautos stehen auf Halde

So wird das neue Elektromodell ID.3 noch ohne fertige Software im VW-Werk Zwickau produziert. Zehntausende Fahrzeuge sollen dann im Frühsommer nachträglich mit der Software ausgestattet werden. Volkswagen richtet dafür an mehreren Stellen in Deutschland und nicht nur am Produktionsstandort Zwickau große Parkplätze ein, auf denen die ansonsten fertigen ID.3-Modelle nachträglich mit der Software ausgestattet werden können.

Der größte Parkplatz soll im ostfriesischen Emden eingerichtet werden. Dort soll Platz für 13.500 Elektroautos entstehen.

Volkswagen hofft darauf, dass die Software bis Ende Mai fertig wird, hieß es in Konzernkreisen. Schafft es das Unternehmen, diesen Fahrplan einzuhalten, dann könnten täglich 400 bis 500 E-Autos nachträglich mit der neuen Software ausgerüstet werden.

Werden die Software-Pakete nicht rechtzeitig bis Ende Mai fertig, könnten die VW-Entwickler versuchen, die Software-Pakete zu vereinfachen und Funktionen herauszunehmen („Lastenabwurf“). Das würde den Entwicklungsprozess vereinfachen und der Konzern würde Zeit gewinnen. Der ID.3 würde dann aber nicht das technische Niveau eines vergleichbaren Tesla-Modells erreichen, verlautet aus dem Unternehmen.

Die Mängel gerade beim Golf 8 dürfen für Osterloh nicht ohne Konsequenzen bleiben. Der Anlauf müsse genau untersucht werden und die Verantwortlichen im Vorstand für die Verzögerungen benannt werden, erklärte er in der Hauszeitung. Diess darf dies getrost als Auftakt für einen längere Auseinandersetzung sehen, wie es hieß.