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Politik nimmt wegen Tesla Klagerechte der Umweltverbände ins Visier

Die geplante Tesla-Fabrik wurde schon öfter von Umweltverbänden juristisch angegriffen – auch von solchen, die nicht direkt betroffen sind. Das ruft die Politik auf den Plan.

Der US-Elektroautobauer Tesla zieht rund 30 Kilometer südöstlich von Berlin im Rekordtempo seine vierte Gigafactory hoch. Foto: dpa
Der US-Elektroautobauer Tesla zieht rund 30 Kilometer südöstlich von Berlin im Rekordtempo seine vierte Gigafactory hoch. Foto: dpa

Wenn der brandenburgische Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) auf das Tesla-Werk in Grünheide bei Berlin zu sprechen kommt, dann gerät er regelrecht ins Schwärmen. „Tesla strahlt eine große Faszination aus“, sagte Woidke jüngst im Interview mit dem Handelsblatt. Wenn das Projekt in Brandenburg gut laufe, „senden wir das Signal in die Welt: Deutschland ist ein exzellenter Investitionsstandort“.

Doch ganz so einfach ist es nicht. Der US-Elektroautobauer Tesla zieht rund 30 Kilometer südöstlich von Berlin zwar im Rekordtempo seine vierte Gigafactory hoch. Bereits im kommenden Sommer soll die Fabrik so weit fertiggestellt sein, dass die ersten E-Autos gefertigt werden können. Außerdem will Konzernchef Elon Musk das Werk zur weltgrößten Batteriefabrik machen.

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Jedoch gibt es immer noch keine komplette umweltrechtliche Genehmigung des Landes Brandenburg für die Ansiedlung. Tesla baut über einzelne vorläufige Zulassungen. Damit bietet das gesamte Projekt immer wieder juristische Angriffsflächen für Naturschützer.

Gerade wenn Waldgebiete einer Ansiedlung weichen sollen, ruft das schnell Naturschutzorganisationen auf den Plan. Im Fall Tesla sahen zuletzt Umweltverbände den Schutz von Zauneidechsen nicht ausreichend beachtet und erwirkten ein Baumfällverbot. Das Verbandsklagerecht macht es möglich. Die damit verbundenen Klagebefugnisse sind so weitreichend, dass sogar schon ein Naturschutzverein aus Bayern gegen Tesla klagen konnte. Zum Unmut der Politik. Die Große Koalition will nun solche Fälle künftig verhindern.

„Wir müssen das Verbandsklagerecht auf Umweltverbände beschränken, die unmittelbar betroffen sind“, sagte der Bundesvorsitzende der Mittelstands- und Wirtschaftsunion und stellvertretende Vorsitzende der Unions-Bundestagsfraktion, Carsten Linnemann (CDU), dem Handelsblatt. „Das würde auch ausschließen, dass bayerische Verbände gegen ein Planungsvorhaben in Brandenburg klagen können.“

FDP kritisiert „ewige Klagewellen“

Auch der SPD-Rechtpolitiker Johannes Fechner sieht Handlungsbedarf, aber nicht nur wegen Tesla. „Wichtige Bauprojekte und Infrastrukturmaßnahmen wurden in der Tat durch Prozesse unnötig verzögert, und das muss sich ändern“, sagte Fechner dem Handelsblatt. Natürlich könne nicht jeder Verband klagen, fügte der Bundestagsabgeordnete hinzu. Das zuständige Umweltbundesamt müsse daher genau prüfen, ob etwa der Verein aus Bayern, der gegen Tesla geklagt habe, tatsächlich klageberechtigt sei.

Der Verein aus Bayern hatte im Freistaat 2015 und dann im Januar 2019 vom Umweltbundesamt die Anerkennung als Umwelt- und Naturschutzvereinigung erhalten. Damit hat er ein Verbandsklagerecht und kann bundesweit im Namen der Bürger quer durch die Republik bei Bau- und Infrastrukturprojekten gegen Genehmigungsbescheide klagen, was sonst nur direkt Betroffenen wie Anwohnern möglich ist.

Diese Praxis hält auch die FDP nicht länger für akzeptabel. „Die Freien Demokraten sind für jeden Vorschlag offen, der zu effizienteren Planungs- und Genehmigungsverfahren führt“, sagte Generalsekretär Volker Wissing dem Handelsblatt. „Deutschland hat sich Fesseln angelegt, die schnelle Investitionen in der Krise erschweren.“

Fraktionsvize Michael Theurer hält es denn auch für unabdingbar, das Verbandsklagerecht und die Planungsbeschleunigung dringend zu reformieren. „Deutschland darf nicht durch ewige Klagewellen von technischem Fortschritt, Infrastrukturausbau und Wohlstand abgeschnitten werden“, sagte Theurer.

Über 400 Einwendungen gegen Tesla-Fabrik

Aus Sicht des FDP-Politikers sollte insbesondere der Umgang mit Einwendungen in Genehmigungsverfahren überdacht werden. Im Fall der Tesla-Fabrik in Brandenburg wurden von Naturschützern und Anwohnern mehr als 400 Einwendungen bei einer öffentlichen Anhörung Anfang Oktober vorgebracht. Die Prüfung durch das zuständige Landesamt für Umwelt läuft noch.

Die Zahl der Einwendungen gegen das Tesla-Projekt erscheint nicht sonderlich hoch. Zum Vergleich: Im brandenburgischen Rüdersdorf wandten sich vor einigen Jahren rund 2.300 Bürger mit Einwendungen gegen den geplanten Ausbau einer Abfallverbrennungsanlage von Vattenfall. Gegen den Bau des Fehmarnbelt-Tunnels zwischen Deutschland und Dänemark soll es über 12.000 Einwendungen gegeben haben. Gegen den Berliner Großflughafen BER in der Planungsphase sogar über 130.000.

Damit die Widerstände nicht ausufern, schlägt der FDP-Politiker Theurer vor, künftig Einwendungen, die nicht bereits im Anhörungsverfahren geltend gemacht wurden, von möglichen Prozessen auszuschließen. „Wer sich nicht rechtzeitig beteiligt und einbringt, verwirkt also dann sein späteres Klagerecht“, sagte Theurer. Umweltverbände sollten sich zudem auch „auf umweltrechtliche Belange beschränken müssen“.

Rückendeckung erhalten die Umweltverbände vom Bundesumweltministerium. „Das Verbandsklagerecht im Natur- und Umweltschutz ist ein hohes Gut, das den rechtskonformen Vollzug in Deutschland stärkt“, sagte der Staatssekretär im Bundesumweltministerium, Jochen Flasbarth.

Zudem sei der Zugang zu Gerichten für Umweltorganisationen durch europäisches und internationales Recht weitgehend vorgegeben. Im Übrigen würden die gegen Tesla klagenden Verbände Grüne Liga und Nabu Brandenburg seit Jahrzehnten seriöse Umweltschutzarbeit in Brandenburg leisten.

Es ist ohnehin fraglich, ob Deutschland überhaupt im Alleingang das Verbandsklagerecht ändern und einzelne Verbände davon ausschließen darf. „Das Verbandsklagerecht im Umweltbereich ohne unmittelbare Betroffenheit schreibt das Recht der EU zwingend vor“, sagte der Speyrer Staatsrechtler Joachim Wieland dem Handelsblatt. „Die EU nutzt die Verbände zur Durchsetzung ihres Rechts, weil sie nicht über Verwaltungsbehörden verfügt, die ihr Recht durchsetzen.“ Deutschland könne daran einseitig nichts ändern.