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Plan B für Real: Metro könnte die Supermarktkette verschenken

Der Konzern prüft eine Alternative zum Komplettverkauf. Metro könnte die defizitäre Tochter Real praktisch umsonst abgeben – einen Interessenten gibt es.

Metro hat offenbar Sorgen, dass der Verkaufsprozess der Tochter Real nicht reibungslos über die Bühne geht. Eigentlich plant der Handelskonzern, die Supermarktkette inklusive der Immobilien komplett zu verkaufen. Dazu ist die Metro in abschließenden Verhandlungen mit zwei Immobilieninvestoren.

Doch wie das Handelsblatt nun aus Verhandlungskreisen erfuhr, spricht Metro parallel mit dem Einkaufsverbund Markant darüber, nur den Betrieb abzugeben. Ohne Immobilien.

Das Brisante: Da Real seit Jahren defizitär ist, wäre Metro sogar bereit, die Tochter nicht nur zu verschenken, sondern noch Geld draufzulegen, wenn Markant die Tochter ohne Immobilien übernimmt. Wie aus Unterlagen hervorgeht, die dem Handelsblatt vorliegen, läge zwar der Kaufpreis bei 99 Millionen Euro. Metro würde vor dem Verkauf aber Kapital in Höhe von 300 Millionen Euro in das Geschäft einbringen.

Dieser Plan B läuft bei Metro intern unter dem Namen „Projekt Cartagena“. Aus den Unterlagen geht hervor, dass Metro schätzt, mit der Kapitalspritze den Liquiditätsbedarf „für einen Zeitraum von mindestens drei Jahren“ abzudecken.

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Will der Käufer auch das Digitalgeschäft unter dem Namen real.de übernehmen, müsste er einen noch zu verhandelnden Betrag drauflegen. Die Immobilien würden dann erst in einem zweiten Schritt an einen anderen Investor verkauft werden.

Metro wollte auf Nachfrage die Details zu den neuen Entwicklungen um den Verkauf von Real nicht kommentieren. Metro-Chef Olaf Koch sagte dem Handelsblatt: „Der Prozess des Verkaufs kommt jetzt in die heiße Phase. Die Gespräche sind konstruktiv, aber die Ergebnisse sind noch offen.“ Es sei nach wie vor geplant, bis Mai, spätestens Juni die Verträge zu unterzeichnen, so Koch.

Koch hatte im September vergangenen Jahres angekündigt, dass er die Tochter Real verkaufen wolle, um Metro künftig ganz auf den Großhandel zu konzentrieren. Der Handelskonzern hatte 2015 bereits die Tochter Galeria Kaufhof an die kanadische Hudson‘s Bay Company verkauft und im vergangenen Jahr das Geschäft mit den Elektronikmärkten von Media Markt und Saturn unter dem Namen Ceconomy abgespalten. Der Real-Verkauf soll der Schlusspunkt dieser Fokussierung sein.

Bisher hatte Koch kategorisch ausgeschlossen, die Immobilien von Real separat zu verkaufen. Dass Metro jetzt doch parallel diesen Plan B verfolgt, hat einen Grund. Wenn Real komplett an einen Immobilieninvestor geht, droht eine Zerschlagung der Supermarktkette.

Weder die Redos-Gruppe noch der Investor x+bricks, die beide Verhandlungskreisen zufolge einen Preis von rund 900 Millionen Euro bieten sollen, hätten ein Interesse daran, Real zu betreiben. Sie würden die Standorte wahrscheinlich in Paketen an andere Händler weiterreichen. Die Schwarz-Gruppe hat bereits öffentlich bestätigt, dass sie in Gesprächen ist, mehr als 100 der Märkte zu übernehmen, um sie in das Netz der Tochter Kaufland zu integrieren. Kaufland ist der größte Konkurrent von Real.

Redos und x+bricks äußern sich weder dazu, ob sie überhaupt in Verhandlungen mit Metro sind, noch ob sie ein Gebot für Real abgegeben haben. Aus Verhandlungskreisen war jedoch eine gewisse Irritation zu spüren. Offenbar hat die Metro den Verhandlungspartnern nicht gesagt, dass sie parallel einen separaten Verkauf des operativen Geschäfts sondiert.

Die kreative Verhandlungsführung hat anscheinend einen Hintergrund. „Ich werde alles versuchen, die Fortsetzung von Real sicherzustellen, und dazu werden wir alle Möglichkeiten ausschöpfen“, sagte Metro-Chef Koch dem Handelsblatt. Real habe eine gute Basis für eine Zukunftsperspektive. „Wir wollen unter Bewertung aller Parameter die bestmögliche Lösung erzielen“, betonte Koch.

Der Metro-Chef würde eine Zerschlagung von Real gern vermeiden. Er steht bei den Mitarbeitern im Wort, denen er versprochen hat, sich für die Erhaltung einzusetzen und den Filialisten nur in gute Hände abzugeben. Entsprechend heftig reagierten die Arbeitnehmervertreter, als das Handelsblatt in der vergangenen Woche erstmals über die drohende Zerschlagung berichtete.

In einer Rundmail an die Kollegen schreibt der Gesamtbetriebsratsvorsitzende Werner Klockhaus, der Handelsblatt-Artikel habe für viel Unruhe gesorgt. „Sollte sich der Inhalt bewahrheiten, hätte das fatale Folgen für uns Beschäftigte“, warnt er. Real hat rund 34.000 Mitarbeiter.

„Angst in den Märkten“

„Es ist eine Schande, wie man mit uns umgeht“, wettert Klockhaus. Es sei gut nachvollziehbar, „wenn jetzt Angst, Verunsicherung und Demotivation in den Märkten nochmals steigen“. Am Mittwoch dieser Woche wird er auf einer Telefonkonferenz mit 300 Betriebsräten das weitere Vorgehen besprechen.

Die bisherigen Szenarien der Investoren gehen Verhandlungskreisen zufolge davon aus, dass bei der Zerschlagung bis zu 100 von den 279 Standorten geschlossen werden könnten. Dabei wären bis zu 13 000 Arbeitsplätze betroffen. Nach den Erfahrungen der Vergangenheit dürften sich mögliche Sozialplankosten deshalb auf mehr als 200 Millionen Euro summieren.

Deshalb hat sich in den Verhandlungen eine neue Streitfrage herauskristallisiert: Wer trägt mögliche Sozialplankosten? Metro-Chef Koch will sie auf keinen Fall übernehmen – und das nicht nur aus finanziellen Gründen. Denn wenn Metro die Sozialpläne bezahlt, wäre naheliegend, dass die Schließungen und damit der Verlust von Arbeitsplätzen schon vor dem Verkauf beschlossene Sache war – und Koch dabei eine aktive Rolle gespielt hätte.

Ein Verkauf des operativen Geschäfts (intern OpCo genannt) an den Einkaufsverbund Markant, in dem Real heute schon Mitglied ist, wäre deshalb aus Kochs Sicht eine elegante Lösung. Deshalb wird die Offerte in den Unterlagen zu „Cartagena“ auch entsprechend beworben. Dort heißt es, der Kaufpreis von 99 Millionen Euro könne anschließend „aus der überschüssigen Liquidität der OpCo refinanziert werden“.

Real habe Kasse und Bankguthaben in Höhe von 612 Millionen Euro. Da bliebe trotz eines aktuell negativen Cashflows in Höhe von minus 250 Millionen Euro noch Spielraum für die Refinanzierung des Kaufpreises.

Gelernt hat Metro auch aus dem Kaufhof-Verkauf. So soll dem Übernehmer von Real Unternehmenskreisen zufolge zugesichert werden, dass bei einem späteren Verkauf der Immobilien Mieterhöhungen ausgeschlossen werden. Damit würden zusätzliche Belastungen des Geschäfts verhindert. Solche Mieterhöhungen hatten zum raschen Niedergang von Kaufhof nach dem Verkauf an Hudson’s Bay beigetragen.

Schmackhaft gemacht wird Markant auch die zusätzliche Übernahme des schnell wachsenden Digitalgeschäfts. Real.de, so heißt es dort, habe im Geschäftsjahr 2018/19 bereits einen Umsatz (GMV) von 500 Millionen Euro gemacht. Empfohlen wird dem potenziellen Käufer, 49 Prozent von real.de anschließend weiterzuverkaufen, um auch diesen Kaufpreis zu refinanzieren.

Die Markant-Führung will sich zu all dem nicht äußern. Indirekt machte das Unternehmen aber deutlich, dass die Gespräche mit Metro weitergehen. Ein Markant-Sprecher antwortete auf eine Anfrage des Handelsblatts zu den Bieterverhandlungen, es handele sich um einen „laufenden und damit nicht abgeschlossenen Vorgang“, weshalb sie nicht Stellung beziehen wollten.

Hohe Risiken im Geschäft

Verhandlungskreisen zufolge hatte Markant zusammen mit dem Finanzinvestor Sapinda auch ein Angebot für das Gesamtpaket abgegeben. Dieses soll Metro jedoch abgelehnt haben, weil das Gebot unter dem der Immobilieninvestoren lag. Deshalb ist fraglich, ob sich Markant auf eine Übernahme nur des operativen Betriebs einlässt – zumal das angesichts der laufenden Verluste von Real mit hohen unternehmerischen Risiken verbunden ist.

Klar ist jedoch: Markant ist der einzige unter den Interessenten, der ein echtes Interesse daran hat, den Betrieb von Real als Ganzes weiterzuführen. Denn Markant organisiert den Einkauf der RTG-Gruppe, zu der sich Real mit regionalen Supermarktketten zusammengeschlossen hat.

Für Markant ist das ein wichtiger Kunde mit einem Einkaufsvolumen von rund 23 Milliarden Euro – der bei einer Zerschlagung von Real wohl mittelfristig wegfiele.