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Lindners Zweifel am EZB-Kriseninstrument verärgern Zentralbanker

(Bloomberg) -- Die öffentlich geäußerten Zweifel von Bundesfinanzminister Christian Lindner an der Rechtmäßigkeit einer möglichen Krisenhilfe der Europäischen Zentralbank für Frankreich sorgen für Nervosität unter den Währungshütern der Eurozone.

Weitere Artikel von Bloomberg auf Deutsch:

Mehrere Vertreter der Notenbanken des Euroraums, die nicht namentlich genannt werden wollten, bezeichneten die Kommentare in einer Zeit fragiler Finanzmärkte als wenig hilfreich. Zwei von ihnen meinten sogar, derartige Bemerkungen könnten die Notwendigkeit einer Notfallhilfe zu einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung machen.

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Lindner hatte gesagt, dass “eine starke Intervention der EZB einige ökonomische und verfassungsrechtliche Fragen aufwerfen würde”. Dann müsste er prüfen lassen, “ob das alles noch mit dem Vertragsrecht übereinstimmt — deswegen wünsche ich mir das nicht auch noch.“

Öffentlich hat der ehemalige EZB-Direktor Lorenzo Bini Smaghi, der jetzt Chairman der französischen Bank Société Générale ist, bisher am deutlichsten reagiert. Er bezeichnete Lindners Worte als “ziemlich schockierend” und wies darauf hin, dass der Vertrag der Europäischen Union vorsieht, dass Politiker die Zentralbank nicht unter Druck setzen dürfen.

Lindner hatte sich bei einer Veranstaltung in München am 27. Juni geäußert, als er nach der Möglichkeit eines Eingreifens der EZB gefragt wurde, falls die Wahlen zur französischen Nationalversammlung einen gefährlichen Ausverkauf französischer Anleihen auslösen sollten.

Die Entscheidung von Präsident Emmanuel Macron, die Wahlen anzusetzen, veranlasste die Anleger, für die Anleihen des Landes den höchsten Renditeaufschlag seit 2012 zu fordern. Die Risikoprämie ist inzwischen zurückgegangen, und das Ergebnis der Parlamentswahlen hat die Finanzmärkte seitdem nicht mehr übermäßig beunruhigt.

Der Risikoaufschlag französischer Staatsanleihen gegenüber deutschen Papieren ist aber nach wie vor höher als vor der Wahlankündigung, da die politische Pattsituation Zweifel an der Fähigkeit des Landes aufkommen lässt, das Haushaltsdefizit in den Griff zu bekommen.

„Die Äußerung des Finanzministers ist nicht als Ankündigung zu verstehen”, erklärte eine Sprecherin des Bundesfinanzministeriums. “Er hat lediglich auf die bekannten Tatsachen hingewiesen, dass auch Maßnahmen der EZB einer Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts unterliegen können.“

In Frankfurt und bei den Notenbankern der Eurozone — also der Gemeinschaft von Währungshütern, die aufgefordert wären, etwaige Hilfsmaßnahmen einzuleiten — war die häufigste Reaktion auf Lindners Äußerungen, dass sie nicht hilfreich seien, gerade zu einem Zeitpunkt, an dem die Investoren Frankreich und die Instrumente der EZB genau im Auge behalten.

Einige gingen noch weiter. Einer sagte, seine Worte seien unnötig, undiplomatisch und übertrieben. Solche Bemerkungen könnten zu einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung werden, die die Situation verschlimmern und sogar die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass das Krisenbekämpfungsinstrument TPI der EZB aktiviert werden muss, sagten zwei andere Währungshüter.

Der Finanzminister sollte die Unabhängigkeit der Zentralbank mehr respektieren, bemerkten einige Währungshüter, wobei einer spekulierte, dass die Kommentare wahrscheinlich als Abschreckung gedacht waren, um zu versuchen, die EZB vom Einsatz des TPI abzuhalten.

Einer hingegen äußerte sich gelassen und erklärte, es sei nicht unangemessen, die Grenzen des Mandats der EZB in Frage zu stellen.

Ein Sprecher der EZB in Frankfurt wollte weder Lindners Äußerungen noch die Reaktionen anderer darauf kommentieren.

Eurogruppen-Chef Paschal Donohoe gab auf Bloomberg Television am Freitag eine zweideutige Antwort. Er sagte, dass „die EZB immer im Rahmen ihres gesetzlichen Mandats handelt“, fügte jedoch hinzu, dass er die Kommentare seines deutschen Kollegen „verstehe.“

In Paris ist die politische Klasse mit der Sackgasse nach der Stichwahl vom Sonntag beschäftigt. Ein Vertreter des Finanzministeriums, der anonym bleiben wollte, sagte, dass die Warnung keine Diskussionen hinter verschlossenen Türen ausgelöst habe. Er verwies auf die jüngste Beruhigung der Finanzmärkte — einschließlich der erfolgreichen Anleiheauktion am Donnerstag — als Beweis dafür, dass die französische Wirtschaft stark genug ist, um die Investoren zu beruhigen.

Es bestehe keine Notwendigkeit, über Interventionsinstrumente zu sprechen. Man kommentiere keine Äußerungen, die anderswo gemacht würden, hieß es weiter.

Finanzminister Bruno Le Maire betonte letzte Woche in einem Interview auf France 5, dass das Land “unter guten Bedingungen Schulden aufgenommen hat”. Der Spread zwischen französischen und deutschen Anleihen sei “stabil geblieben”.

Lindners Kommentare lösten in Berlin gedämpfte Kritik aus. Von Kreisen im Finanzministerium selbst wurde Unmut geäußert, während einige aus dem Umfeld von Bundeskanzlers Olaf Scholz (SPD) die Bemerkung des FDP-Koalitionspartners als unklug bezeichneten.

Während das TPI-Instrument der EZB nie zum Einsatz kam, sind andere Maßnahmen zum Gegenstand von Rechtsstreitigkeiten sowohl auf deutscher als auch auf EU-Ebene geworden.

OMT, das Instrument, dessen Einführung auf dem Höhepunkt der Schuldenkrise in der Eurozone diese Turbulenzen eindämmte, wurde zum Gegenstand eines Gerichtsverfahrens, bei dem der damalige Bundesbankpräsident Jens Weidmann gegen seine Rechtmäßigkeit aussagte.

Die EZB schuf das Transmissionsschutz-Instrument im Jahr 2022 — kurz bevor sie begann, die Zinsen zu erhöhen, da sie befürchtete, dass eine Straffung der Geldpolitik zu Marktturbulenzen führen würde. Ähnlich wie bei den auf dem Höhepunkt der Staatsschuldenkrise angekündigten Anleihekäufen hielten sich die Währungshüter bei der Ausgestaltung des Programms bedeckt, um rechtliche Probleme von vornherein zu vermeiden.

Das Bundesverfassungsgericht warf dem Europäischen Gerichtshof in einem Urteil aus dem Jahr 2021 vor, seine Befugnisse überschritten zu haben, indem er die Politik der quantitativen Lockerung der EZB unterstützte.

Abgesehen von den rechtlichen Problemen hätte die Zentralbank ohne ihre Kriseninstrumente vermutlich große Schwierigkeiten gehabt, frühere Turbulenzen zu bewältigen.

„In einer Währungsunion müssen die Instrumente vorhanden sein, um mit Stress umzugehen“, sagte Alfred Kammer, Direktor der Europa-Abteilung des Internationalen Währungsfonds, letzte Woche in einem Interview. „Es muss sichergestellt sein, dass die Geldpolitik überall wirkt.“

Im Moment sind sich die Währungshüter der EZB einig, dass die Umstände, unter denen das TPI eingesetzt werden könnte, noch lange nicht gegeben sind und sein Einsatz nicht ohne weiteres genehmigt werden würde.

Sie sehen keine ungeordneten oder ungerechtfertigten Bewegungen und einige spielten den jüngsten Anstieg der französischen Renditen herunter, da er überinterpretiert worden sei. Einer sagte, dass das Land durchaus in der Lage sei, höhere Zinsen für einige Zeit zu verkraften.

Diese Ansicht deckt sich mit dem, was der ehemalige Chefvolkswirt der Institution, Peter Praet, letzte Woche gegenüber Bloomberg TV sagte.

Der Veteran aus der Zeit der Staatsschuldenkrise sagte, dass es “unter der Oberfläche eine Menge Sorgen” gebe, dass die Situation “ein Test der fiskalischen Dominanz” sei. Er betonte, dass für Hilfen an Frankreich “die Messlatte sehr hoch liegen muss.”

Überschrift des Artikels im Original:Lindner’s ECB Crisis Tool Doubts Stoke Dismay Among Policymakers

--Mit Hilfe von Jana Randow, William Horobin, Kamil Kowalcze und Caroline Connan.

©2024 Bloomberg L.P.