NEU DELHI (dpa-AFX) -Der russische Außenminister Sergej Lawrow hat die G20-Gipfelerklärung als Erfolg für Moskau bezeichnet. Es sei dank der Geschlossenheit des "globalen Südens", darunter Gastgeber Indien, gelungen, eine "Ukrainisierung" des Gipfels zu verhindern, sagte Lawrow am Sonntag in Neu Delhi. Vielmehr gehe es in der "ehrlichen und ausbalancierten" Erklärung wieder um die Entwicklung der Schwellenländer innerhalb der G20. Der globale Süden habe genug davon, sich die "unrealistischen" Forderungen des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj anzuhören, sagte Lawrow. Voriges Jahr beim G20-Gipfel auf Bali (Indonesien) war Selenskyj noch per Videoschalte aufgetreten, diesmal nicht.
Die Erklärung zeige, dass alle Mitglieder der G20 "daran interessiert sind, gemeinsam zu arbeiten" und das Format zu erhalten, betonte der Minister. Die russische Seite hatte zuvor erklärt, dass es sich um die schwierigsten Verhandlungen in der Geschichte der G20 gehandelt hätten. Lawrow sagte, dass er am Ende selbst Hand angelegt habe bei den Formulierungen. Gar nicht erwähnt sind aber etwa die Sanktionen des Westens gegen Russland, die Lawrow als "illegal" und "einseitig" verurteilt hatte.
Russland wird in dem Abschlussdokument nicht mehr ausdrücklich wegen des Krieges gegen die Ukraine verurteilt. Der Konflikt um die Ukraine sei nur noch beispielhaft erwähnt für die generelle Bedeutung der Lösung von Krisen, meinte Lawrow, der Kremlchef Wladimir Putin vertreten hatte. Als besonderen Erfolg für Moskau hob Putins Chefdiplomat hervor, dass in dem Dokument die Attacken gegen Energieobjekte verurteilt würden. Damit seien etwa die Anschläge gegen die Ostsee-Gasleitungen Nord Stream 1 und 2 gemeint, sagte Lawrow. Russland hatte in der Vergangenheit aber selbst Raketen- und Drohnenschläge gegen die Energieinfrastruktur in der Ukraine verübt. Die Hintergründe der Nord-Stream-Anschläge sind bislang unklar.
Lawrow sagte vor Journalisten, dass der Westen heute seine "Vormachtstellung" in der Welt verliere und eine multipolare Weltordnung an Gewicht gewinne. "Der Westen kann kein Hegemon bleiben, wenn man in Betracht zieht, dass objektiv neue globale Zentren entstehen und an Stärke gewinnen." Für Indien sei der Gipfel ein Erfolg, weil es sich für eine Stärkung des globalen Südens eingesetzt habe. Die Erklärung enthalte alles, um eine Balance der Interessen in der Weltwirtschaft zu erreichen; doch der Weg dorthin sei lang, sagte Lawrow./mau xx/DP/he