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Kurssturz an den Weltbörsen: Die Angst vor dem großen Crash wächst

Deutsche Börse in Frankfurt: Die Kursturbulenzen nehmen zu (Foto: © Deutsche Börse AG)
Deutsche Börse in Frankfurt: Die Kursturbulenzen nehmen zu (Foto: © Deutsche Börse AG)

Sind es die Vorboten des großen Knalls? Seit Wochen befinden sich die Weltbörsen in einem Abwärtssog, der den Dax gestern auf den tiefsten Stand seit zwei Jahren nach unten riss. Unter Anlegern geht nun die Angst um: Stehen nach zehn Jahren steigenden Kursen der nächste Bärenmarkt und eine Rezession bevor?

Etwas braut sich zusammen. Wie an den norddeutschen Küsten peitscht in diesen Tagen der perfekte Sturm über die deutschen Aktienmärkte. Das ganze Jahr über schon schwächelten Dax & Co – nun jedoch kommt es knüppeldick.

Nach einer massiven Ausverkaufswelle wurde der deutsche Leitindex gestern bis auf 11.234 Punkte nach unten durchgereicht, was nicht nur ein neues Jahrestief, sondern gleichfalls den tiefsten Kursstand seit Ende 2016 bedeutete. Seit Jahresbeginn liegt der Dax nunmehr um 12 Prozent hinten, gegenüber dem Jahreshoch aus dem März, das gleichzeitig ein Rekordniveau bedeutete, sind es sogar 17 Prozent.

Angst vor Abkühlung der Weltkonjunktur

Wie kommt es zur Talfahrt, die im Mai Fahrt aufnahm und sich vor allem seit Ende September massiv beschleunigte? Kurzfristig beunruhigt Anleger Italiens Schuldenproblem. „Angesichts dieser Unsicherheiten setzen Aktienhändler derzeit sicher nicht auf Papiere der Eurozone“, erklärte etwa der Analyst Pierre Veyret vom Broker Activ Trades.

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Doch die eigentlichen Gründe für den Ausverkauf haben ihre Wurzeln vor allem jenseits des Atlantiks. An der Wall Street droht nämlich ein für die Weltkonjunktur toxischer Cocktail seine Wirkung zu entfalten.

Handelskrieg mit China belasten Tech- und Internetaktien

Da ist vor allem der von der Trump-Regierung angezettelte Handelskrieg mit China, der Aktien aus dem Reich der Mitte bislang weitaus mehr geschadet hat als Anteilsscheinen aus den USA. Die drei Internet-Schwergewichte aus dem Reich der Mitte Alibaba, Baidu und Tencent – bekannt als die BAT-Aktien – haben von den Höchstkursen jeweils mehr als 30 Prozent ihres Wertes verloren.

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Amerikanische Internet- und Technologieaktien, die in den vergangenen Jahren exorbitante Gewinne eingefahren hatten, kamen an der Nasdaq in den vergangenen Wochen ebenfalls deutlich unter Druck, büßten aber weniger an Wert ein als ihre asiatischen Pendants.

Apple und Microsoft notieren aktuell gerade einmal 5 bzw. 7 Prozent unter ihren im September aufgestellten Allzeithochs, während das Minus gegenüber den Höchstständen von Google-Mutter Alphabet (13 Prozent) und Amazon (14 Prozent) ebenfalls noch überschaubar ausfällt. Lediglich Facebook notiert nach dem hausgemachten Cambridge Analytica-Debakel mit Abschlägen von 30 Prozent gegenüber dem Jahreshoch in der Nähe der chinesischen BAT-Aktien.

Selbst Trump äußert Sorge vor restriktiver Notenbankpolitik

Fest im Griff hat die Aktien an den Weltbörsen in diesen Tagein aber noch eine andere Sorge, die ausnahmsweise sogar den US-Präsidenten mit Anlegern rund um den Globus eint: Die amerikanische Notenbank (Federal Reserve) droht mit ihrer restriktiven Geldpolitik die US-Konjunktur abzuwürgen.

Nachdem Trump die US-Notenbank bereits im Juli via Twitter attackiert hatte („Die Zinsanhebungen unterminieren alles, was wir erreicht haben“) legte der US-Präsident in der Nacht zum Mittwoch in einem Interview mit dem Wall Street Journal nach. „Die Notenbank ist das größte Risiko für die amerikanische Wirtschaft, weil sie die Zinsen zu schnell anhebt“, erklärte der 72-Jährige.

„Sieht so aus, als hätte die Fed Spaß daran, die Zinsen anzuheben“

„Es sieht fast so aus, als hätte er Spaß daran, die Zinsen anzuheben“, erklärte Trump an die Adresse von Notenbankchef Jerome Powell, den der US-Präsident erst im Februar zum obersten Geldhüter der Welt befördert hatte, was Trump nun „möglicherweise“ bereue. Der seit Januar 2017 regierende US-Präsident erklärte weiter, er sei sehr unzufrieden mit der Fed, weil sein Amtsvorgänger Barack Obama auf einem Leitzinsniveau von 0 Prozent begonnen hatte – das allerdings in der tiefsten Rezession seit dem Zweiten Weltkrieg.

Aktuell notiert der Leitzins, zu dem sich Banken bei der US-Zentralbank Geld leihen können, bei 2,0 bis 2,25 Prozent. Ökonomen erwarten, dass die Fed im laufenden Straffungszyklus die Leitzinsen bis auf deutlich über drei Prozent anheben könnte, um im Falle einer Rezession entsprechend gewappnet zu sein.

„Wir glauben, dass die Fed daran festhält, den Zinssatz zu normalisieren (vermutlich auf 3,5 bis 4,0 Prozent), damit die Kanone durchgeladen ist, wenn sie die nächste Rezession bekämpfen muss“, mutmaßt etwa Vermögensverwalter Mark W. Yusko. Hedgefondsmanager Doug Kass gibt allerdings zu bedenken, dass die US-Notenbank den Leitzins in den Vorjahren zu lange auf niedrigem Niveau belassen habe, als die Konjunktur bereits anzog.

Rezession nur eine Frage der Zeit: Schon 2019 oder erst 2020?

Entsprechend ist das Rezessionsgespenst in diesen Tagen Dauergast in den Handelsräumen der Weltbörsen. Die Wall Street-Großbank JP Morgan etwa taxiert die Chancen, dass die US-Wirtschaft in den nächsten zwei Jahren ins Negativwachstum schlittert, auf satte 60 Prozent, wie Bloomberg berichtet. Binnen eines Jahres betrage das Risiko 28 Prozent.

Möglicherweise geht am Ende aber alles doch schneller als man denkt, wie das Handelsblatt in einem Leitartikel mutmaßt, denn eine Rezession – also rückläufige Wachstumsraten der Wirtschaftsleistung binnen zweier Quartale – werden von den Volkswirten schließlich erst nachträglich diagnostiziert.

Für den renommierten Nationalökonomen Nouriel Robini dürfte die große Rezession spätestens 2020 aufziehen und erneut in eine Finanzkrise münden. „Die nächste Krise und Rezession könnte, wenn sie da ist, noch schwerwiegender und länger ausfallen als die letzte“, mahnt der Professor der zur New York University gehörenden Stern School of Business an.

Nach 10 Jahren Hausse viel zu verlieren

Bevor es so weit ist, spielt bei Anlegern – wie immer an der Börse – in der Vorwegnahme die Psychologie eine entscheidende Rolle. Fest steht: Nach der größten Hausse in der modernen Börsengeschichte haben Aktionäre schließlich enorm viel zu verlieren. Tatsächlich bereits zum zehnten Mal jährte Mitte September die Pleite der Investmentbank Lehman Brothers, aus der die größte Krise der Weltwirtschaft seit den 30er Jahren des vergangenen Jahrhunderts erwuchs.

Nach der beherzten Intervention der Notenbank und US-Politik drehte seinerzeit jedoch überraschend schnell der Wind. Ab März 2009 kannten die Kurse nur eine Richtung – steil nach oben. Seit den historischen Tiefstkursen hat sich der Dax etwa verdreifacht und der Dow Jones mehr als vervierfacht. Mit ausgewählten Qualitätsaktien wie Apple, Alphabet, Amazon oder Netflix konnten Anleger sogar mehr als eine Verzehnfachung erzielen.

Entsprechend gering dürfte die Bereitschaft der Aktionäre sein, einen Großteil ihrer Gewinne im nächsten Bärenmarkt wieder herzugeben, was zu frühzeitigen Verkaufswellen durch Stopp-Loss-Orders führen könnte. Anleger müssen sich demnach möglicherweise auf einen stürmischen Herbst einstellen – und vielleicht sogar auf einen noch härteren Winter.