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Die neue Ticket-Flexibilität: Wie Corona die Airlines zu Veränderungen zwingt

Kostenlose Umbuchungen, kurzfristiger Ticketkauf, freier Mittelsitz – die Airlines versuchen, die Kunden mit allerlei Ideen in die Jets zu locken.

Die sich ständig ändernden Reisewarnungen verunsichern die Fluggäste und halten sie von Buchungen ab. Foto: dpa
Die sich ständig ändernden Reisewarnungen verunsichern die Fluggäste und halten sie von Buchungen ab. Foto: dpa

Es ist seit Langem ein Ärgernis für viele Fluggäste. Man kauft ein günstiges Ticket, wenn dann die Planung durcheinandergerät und umgebucht werden muss, stellt man fest, dass das entweder gar nicht geht oder viel Geld kostet. Je nach Buchungsklasse und Ziel konnten schon mal bis zu mehreren Hundert Euro fällig werden.

Das könnte bald der Vergangenheit angehören. Die Corona-Pandemie verändert die Ticket-Landschaft. Und die Chancen stehen gut, dass einige der Maßnahmen der Airlines länger bleiben werden.

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Denn die Erholung im Luftverkehr kommt weltweit nur sehr langsam voran. Das liegt auch an der Unsicherheit vieler Passagiere, weil die nationalen Regierungen ständig neue Reisevorgaben erlassen. Hinzu kommt: „Die Airlines bauen ihr Angebot schneller aus, als die Nachfrage steigt“, analysierte Brian Pierce, der Chefökonom des Welt-Airlineverbandes Iata, Anfang September.

Also versuchen die Fluggesellschaften, die Kunden mit neuen Angeboten zu locken. Ein Hebel sind die Umbuchungsmöglichkeiten.

In den USA haben American Airlines, Delta und United Airlines die Umbuchungsgebühren für Inlandsflüge und zum Teil auch für internationale Verbindungen dauerhaft gestrichen. „Say goodbye to change fees on domestic flights“ wirbt United Airlines um Kunden. Auch Jet Blue und Southwest – zwei große Billiganbieter – haben diese Gebühren abgeschafft.

Ähnlich ist die Entwicklung in Europa. Bei den Premium-Airlines der Lufthansa-Gruppe – Lufthansa, Swiss, Austrian und auch Brussels Airlines – können die Tickets zunächst bis Jahresende mehrmals kostenlos umgebucht werden. Das gilt für den Zeitpunkt des Fluges, aber auch für das Flugziel, das gewechselt werden kann.

„Die Reiseplanung ist im Moment extrem volatil“, sagte Jens Bischof, der CEO von Eurowings, kürzlich mit Blick auf immer neue Reisebeschränkungen: „Entsprechend schwer fällt es den Kunden, sich festzulegen. Das Fliegen und die Kundenwünsche verändern sich nachhaltig.“

Kunden wollen mehr Flexibilität

Eurowings bietet deshalb Optionen an, bei denen noch kurz vor Abflug kostenlos umgebucht werden kann. Je nach Ticketkategorie ist das einmal oder mehrmals möglich. Ryanair und Easyjet haben ihre Umbuchungsbedingungen ebenfalls gelockert.

Die Fluggesellschaften verzichten damit in wirtschaftlich schwierigen Zeiten auf Einnahmen. Doch ihnen bleibt keine andere Wahl, so verzweifelt ist die Lage auch sechs Monate nach Beginn der Pandemie immer noch.

Trotz Staatshilfen in Höhe von 25 Milliarden Dollar im Frühjahr haben etwa die Airlines in den USA massive Stellenstreichungen angekündigt: Insgesamt stehen 75.000 bis 125.000 Stellen auf dem Spiel.

„Die Lage ist immer noch sehr düster“, urteilt Henry Harteveldt, Luftfahrt-Berater und Präsident von Atmosphere Research. Im Sommer habe sich die Situation zwar leicht gebessert. Viele Amerikaner seien wieder mit dem Flugzeug gereist: „Aber das hat sich auf die Urlaubsreisende beschränkt. Die Business-Reisenden fehlen weiterhin.“

Deshalb sind neue Ideen gefragt, wie etwa die des freien Mittelsitzes. In den USA bietet den zum Beispiel Delta an. Das hat sich nach Angaben des Managements in den zurückliegenden Monaten gerechnet.

Offensichtlich sind Kunden bereit, etwas mehr hinzulegen, wenn sie dafür nicht Ellenbogen an Ellenbogen mit dem Nachbar sitzen müssen. Auch Southwest wirbt damit, dass der Mittelsitz noch mindestens bis zum 31. Oktober frei bleibt.

„Die meisten Flüge sind ohnehin nur zur Hälfte belegt. Und unsere Umfragen zeigen, dass die Menschen bereit sind, 16 Prozent mehr für ein Ticket zu zahlen, wenn sie sicher sein können, dass der Mittelsitz frei bleibt“, sagt Berater Harteveldt.

Diese Erfahrung hat auch Eurowings-Chef Bischof gemacht. Bei dem Lufthansa-Ableger kann der Mittelsitz für ein paar Euro zum normalen Ticket dazugebucht werden.

„Der Pilotversuch war so erfolgreich, dass wir den freien Mittelsitz jetzt in den Markt gebracht haben“, sagt Bischof: „Ich gehe davon aus, dass das in den nächsten Monaten eines der wichtigsten Produkte werden und ein klares Differenzierungsmerkmal etwa zu Ryanair sein wird.“ Der irische Billig-Anbieter hält bekanntermaßen nichts von einer solchen Maßnahme.

Harteveldt ist optimistisch, dass die Menschen mittelfristig wieder fliegen werden. „Unsere Umfragen in den USA und in Europa zeigen: Die Leute lieben Reisen weiterhin“, sagte er. Aber sie wollten sicher sein, dass sie sich nicht anstecken und dass sie nicht irgendwo wochenlang in Quarantäne verbringen müssen.

Die Lage könne sich auch noch vor der Entwicklung eines Impfstoffs verbessern, „wenn es ausreichend verlässliche und zuverlässige Schnelltest gibt“, ist Harteveldt überzeugt: „Dann könnten Airlines von den Kunden verlangen, sich entweder in den Tagen vor Abflug testen zu lassen und einen negativen Nachweis vorzulegen oder ohne Test Maske zu tragen und dafür weniger Service in Anspruch nehmen zu können.“ Auch Flughäfen könnten einen Negativ-Befund verlangen, damit Fluggäste dort in Restaurants oder Geschäfte gehen dürfen.

Die Sonderangebote haben laut Harteveldt dabei geholfen, die Kunden im Sommer dazu zu bewegen, wieder zu fliegen: „Aber die Airlines sollten noch viel aggressiver damit werben, was sie alles tun, damit das Fliegen sicher ist – vom Desinfizieren bis zum Boarding-Prozedere.“ Lufthansa etwa ist mit einem sogenannten Rückflugversprechen auf allen europäischen Strecken vorgeprescht – zusammen mit der Versicherung Axa Partners.

Was von diesen Angeboten auch nach dem Ende von Corona bleiben wird, ist schwer zu sagen. Experten gehen aber davon aus, dass die Menschen noch für viele Jahre deutlich mehr Flexibilität bei ihrer Reiseplanung verlangen werden. Darauf muss die Luftfahrt reagieren, etwa mit dauerhaft attraktiven Umbuchungsoptionen.

Komplett werden die Umbuchungsgebühren aber wohl nicht verschwinden. Denn die Airlines brauchen eine gewisse Planungssicherheit. Wenn die Kunden ständig noch am letzten Tag vor dem Abflug umbuchen, wird es schwer, einen belastbaren und vor allem rentablen Flugbetrieb zu gewährleisten.