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Einen ‘kranken Mann Europas’ kann der Goldman-Banker nicht sehen

(Bloomberg) -- In den deutschen Vorstandsetagen ist die Stimmung weit weniger düster als es das öffentliche Wehklagen über den Status des Landes als “krankem Mann Europas” erscheinen lässt. Das findet jedenfalls einer der führenden globalen Investmentbanker von Goldman Sachs, Dan Dees.

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Die Rahmenbedingungen haben sich verbessert, Industrieunternehmen prüfen zunehmend wieder Möglichkeiten zur Expansion, insbesondere in den USA, und die Startup-Szene in den deutschen Tech-Hotspots wie Berlin, München und Hamburg ist so lebendig und optimistisch wie überall auf der Welt, so Dees in einem Interview mit Bloomberg News.

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Freilich sieht auch Dees Bedenken, wie etwa dass die stagnierende Wirtschaft, das schwache Binnenwachstum und die hohen Energiepreise die Wettbewerbsfähigkeit des industriellen Rückgrats Deutschlands auf lange Sicht untergraben könnten.

Aber: “Die Stimmung unter den Führungskräften der deutschen Industrieunternehmen ist konstruktiv, aber definitiv nüchterner im Vergleich zum Optimismus der Kollegen in den USA und insbesondere an der Westküste”, sagte Dees.

Volkswirte sehen Deutschland überwiegend mitten in der Rezession. In dem in Kürze zuende gehenden ersten Quartal dürfte die Wirtschaftsleistung wie bereits im Schlussquartal des Jahres 2023 erneut geschrumpft sein. Vereinzelt zeigen sich Hoffnungsschimmer vor dem Hintergrund der in diesem Jahr zu erwartenden Zinssenkungen der Europäischen Zentralbank. So stiegen die vom ZEW ermittelten Konjunkturerwartungen deutscher Finanzexperten im März weitaus kräftiger an, als dies erwartet worden war.

Mit Bloomberg sprach der 53-jährige Spitzenbanker nach einer Tour durch Deutschland, die ihn im Goldman-Büro in Frankfurt und in der neu eröffneten Münchner Niederlassung vorbeiführte, wo er Kunden und Banker vor Ort traf.

Seiner Wahrnehmung nach sind “viele deutsche Unternehmen auf der Suche nach Wachstum in den USA — sowohl durch Investitionen als auch durch Übernahmen”. Manager erkennen, dass sie Skaleneffekte benötigen und mehr in Technologie investieren müssen, zum Beispiel im Bereich der Prozessautomatisierung mit Hilfe von künstlicher Intelligenz.

Nach einem schwierigen Jahr 2023 wird das Geschäft mit Übernahmen und Fusionen sowie mit Kapitalmarkttransaktionen wieder lebhafter. Das Volumen solcher Deals ist seit Jahresbeginn weltweit um 29% gestiegen, in der Region Europa, Naher Osten und Afrika sogar um fast 40%, wie von Bloomberg zusammengestellte Daten zeigen.

Es sei jedoch noch zu früh, um sicher zu sein, dass es in dem Tempo weitergeht, so Dees. Dass es nach einem 10-Jahres-Tief auch wieder aufwärts geht, wenn sich die Zinssätze stabilisieren, sei keine besonders verwegene Prognose.

Dennoch wehrte sich Dees gegen die wieder aufkommende These, Deutschland sei wegen seiner schwachen Wirtschaftsleistung, die hinter allen anderen G-7-Industrieländern zurückbleibt, wieder einmal der “kranke Mann Europas”. Die Stimmung, die er unter deutschen Führungskräften, Investoren und Unternehmensgründern angetroffen habe, “war besser, als ich erwartet hatte”, so Dees.

“Wir haben gerade ein Büro in München eröffnet, wo es eine pulsierende Tech-Startup-Szene gibt, die genauso optimistisch ist wie ihre Kollegen anderswo”, sagte er.

Fondsmanager stellen sich auf massive Investitionen in den Aufbau einer technologischen Infrastruktur ein. “Jedes souveräne Land möchte KI-Kapazitäten aufbauen und besitzen, wofür Chips, Rechenzentren und die entsprechende Infrastruktur benötigt werden”, sagte er. Dees, der auf die Beratung von Kunden aus dem Technologie-, Medien- und Telekomsektor spezialisiert ist, rechnet mit einem steigenden Fluss an Deals in diesen Bereichen.

In diese Kategorie fällt die unlängst angekündigte, 3 Milliarden Euro schwere Übernahme des Wind- und Solarparkbetreibers Encavis durch den Finanzinvestor KKR & Co. “Eine KI-Suche benötigt 100 mal mehr Energie als eine Standard-Google-Suche. Das erfordert Strom, Glasfaser, Rechenzentrumskapazität” und damit viel mehr Energie, erklärte Raj Agrawal, Leiter des Infrastrukturteams von KKR diese Woche auf Bloomberg TV.

Agrawals Schlussfolgerung: “Betrachtet man die Pro-Kopf-Kapazität von Rechenzentren, so liegt sie in Europa im Vergleich zu den USA bei einem Zwölftel.” Deswegen stünde in diesem Bereich Europa noch ein enormer Wachstumsschub ins Haus.

Bei aller Dominanz von US-Giganten wie Apple, Microsoft, Google oder Nvidia zeigt sich Goldman-Banker Dees ermutigt von den Fortschritten im europäischen Technologiesektor.

“In den letzten zehn Jahren hat der europäische Technologiesektor ein beträchtliches Wachstum verzeichnet — die Zahl der Einhörner in Europa ist auf den Rekordwert von 260 gestiegen”, sagte er. “Wir sehen Durchbrüche in den Bereichen KI und Daten, sowie Innovationen und Disruptoren in der Gesundheitstechnologie, der Spieleindustrie und vielen anderen Bereichen.”

Dees erwartet, dass auf alternative Investments spezialisierte Fonds in den kommenden Jahren in großem Umfang zum Aufbau der für KI und andere Innovationen benötigten Technologie beitragen werden.

TSMC baut derzeit eine Chipfabrik in Deutschland, und Berlin steht dem Vernehmen nach kurz vor Abschluss der Übernahme des deutschen Hochspannungsnetzes von Tennet, das rund 22 Milliarden Euro wert sein könnte.

Eine größere Rolle erwartet Dees für aktivistische Investoren, die in den USA bereits weiter verbreitet sind und auf Übernahmen drängen werden. “Jedes sechste Unternehmen im S&P 500 hat einen aktivistischen Aktionär”, so Dees.

Überschrift des Artikels im Original:Goldman Sachs Sees Germany’s Investment Allure Coming Back

--Mit Hilfe von Anna Edwards.

©2024 Bloomberg L.P.