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Zahl der Klinik-Behandlungen wird erst 2022 wieder das Niveau vor der Coronakrise erreichen

Ärzte und Klinikmanager erwarten im kommenden Jahr eine Erholung der planbaren Eingriffe. Auch mittelfristig könnten die Fallzahlen steigen.

In der Corona-Pandemie wurden viele planbare Operationen verschoben. Foto: dpa
In der Corona-Pandemie wurden viele planbare Operationen verschoben. Foto: dpa

Noch prägt die Versorgung von Corona-Patienten den Alltag in den Kliniken Deutschlands, planbare Behandlungen werden vielerorts verschoben. Doch im kommenden Jahr dürfte die Zahl der Eingriffe wieder das Normalniveau erreichen.

Das erwarten deutsche Klinikmanager und Chefärzte laut einer Studie der Boston Consulting Group (BCG). Insgesamt wurden für die Untersuchung der Managementberatung im November mehr als 100 kaufmännische und 250 ärztliche Führungskräfte deutscher Krankenhäuser befragt.

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„Die kaufmännischen und ärztlichen Führungskräfte erwarten bezüglich der Fallzahlentwicklung der Behandlungen eine klassische V-Kurve“, sagt Zun-Gon Kim, Partner und Krankenhausexperte bei BCG. „Wenn der Infektionsverlauf sich jetzt nicht dramatisch verschlechtert, sollten die elektiven Eingriffe und Notfallbehandlungen in 2022 wieder das Vorkrisenniveau erreichen.“

Für die kommenden Jahre gingen die Befragten dann allein schon wegen der Alterung der Gesellschaft von weiter steigenden Behandlungszahlen aus, so Kim weiter.

Während des Lockdowns im Frühjahr reduzierte sich die Zahl der medizinisch nicht zwingend notwendigen Eingriffe wie etwa der Gelenkersatz um nahezu 40 Prozent, wie verschiedene Erhebungen zeigen: Zum einen sollten die Kliniken Betten für die Behandlung von Corona-Patienten freihalten, zum anderen verzichteten auch Patienten aus Angst vor einer Ansteckung auf den Gang in die Klinik.

Nach einer zwischenzeitlichen Erholung im Sommer fordern die seit Oktober wieder steigenden Zahlen von Corona-Patienten die Krankenhäuser erneut stark: Viele Kliniken müssen auch wegen des knappen Pflegepersonals Routinebehandlungen wieder zurückfahren.

Für das Gesamtjahr 2020 gehen die Klinikgeschäftsführer von insgesamt 14 Prozent weniger elektiven Eingriffen als im Vorjahr aus, das ärztliche Führungspersonal – Klinikdirektoren und Chefärzte – ist etwas pessimistischer und erwartet einen Rückgang von 17 Prozent.

Weniger Notfallbehandlungen durch Homeoffice

Nicht nur die planbaren Eingriffe sind während der Corona-Pandemie deutlich gesunken, auch die Zahl der Notfallbehandlungen ging zurück. Für das gesamte Jahr 2020 rechnen die von BCG befragten kaufmännischen Geschäftsführer mit einem Rückgang der Notfallbehandlungen um drei Prozent, die Chefärzte gehen sogar von neun Prozent weniger Behandlungen aus.

Das liegt nach Einschätzung der Experten von BCG auch daran, dass die Bevölkerung während der Lockdown-Phasen Sport- und Freizeitaktivitäten nahezu komplett eingestellt hat und wegen Homeoffice und Kurzarbeit bei vielen Menschen der Weg in den Betrieb oder ins Büro entfiel. Entsprechend reduzierte sich das Unfallaufkommen.

Allerdings verzichteten auch einige Patienten, die besser hätten behandelt werden sollen, aus Angst vor einer Infektion auf einen Besuch in der Klinik: So ermittelte die Initiative Qualitätsmedizin, der rund 500 deutsche und Schweizer Krankenhäuser angeschlossen sind, einen deutlichen Rückgang der Fallzahlen bei Herzinfarkten (minus 34 Prozent) und Schlaganfällen (minus 29 Prozent) während des ersten Lockdowns.

Die überwiegende Mehrheit (mehr als 80 Prozent) sowohl der Klinikmanager als auch der leitenden Ärzte erwartet, dass sich die elektiven Behandlungszahlen bis 2022 vollständig erholen werden. Für dieses Jahr geht das Management der Krankenhäuser im Durchschnitt von einer 99-prozentigen Rückkehr auf das Fallzahlniveau von 2019 aus.

Elektivbehandlungen erreichen dabei ein Niveau 97 Prozent, Notfallbehandlungen 101 Prozent. Etwas pessimistischer sieht das die Ärzteschaft: Sie geht davon aus, dass in diesem Jahr durchschnittlich 94 Prozent des Fallzahlniveaus von 2019 erreicht werden (Elektivbehandlungen: 93 Prozent, Notfallbehandlungen: 95 Prozent).

Allerdings ist der Anstieg der Behandlungen nicht immer mit einem im gleichen Maße wachsenden wirtschaftlichen Erfolg eines Krankenhauses gleichzusetzen. Denn zahlreiche Regularien wie etwa Mengenbegrenzungen oder Pflegepersonaluntergrenzen, die während der Pandemie ausgesetzt waren, sorgen dafür, dass die Schere zwischen Einnahmen und Ausgaben in der rund 100 Milliarden Euro schweren Branche seit Jahren immer weiter auseinandergeht. Laut des im Dezember veröffentlichten Krankenhausbarometers beurteilen aktuell nur 18 Prozent der Häuser ihre Lage als gut. Und nur knapp ein Viertel der rund 1900 Krankenhäuser erwartet eine wirtschaftliche Verbesserung in diesem Jahr.

Rettungsschirm von zehn Milliarden Euro für die Gesundheitsbranche

BCG-Berater Kim sagt: „Die Bundesregierung hat im vergangenen Jahr die durch die Corona-Pandemie entstandenen Belastungen der Kliniken mit den gesetzlich beschlossenen Ausgleichszahlungen im Großen und Ganzen kompensiert. Allerdings haben kleinere Kliniken mit geringer Auslastung überproportional profitiert.“

Er schätzt, dass sich die Unterstützung der Branche 2020 auf eine Summe von rund zehn Milliarden Euro beläuft. Die Strukturprobleme im Markt sind seiner Ansicht nach damit aber nicht gelöst: „Kliniken, die vor der Pandemie schon insolvenzgefährdet waren, werden wieder in Schieflage geraten. Wir werden ab nächstem Jahr also auch wieder mehr Insolvenzen sehen.“

Die Pandemie hat nach Ansicht des BCG-Experten aber auch positive Entwicklungen in der Branche angestoßen oder beschleunigt. Beispielsweise haben viele Kliniken bei der Versorgung der Corona-Patienten standortübergreifend zusammengearbeitet, um die richtigen Patienten am richtigen Ort zu versorgen. „Solche Kooperationen wären auch bei anderen komplexen Notfall- oder Elektiverkrankungen im Sinne einer besseren Patientenversorgung wünschenswert“, sagt Kim.

Wie in anderen Branchen sind auch im Klinikbereich in der Pandemie digitale Technologien verstärkt eingesetzt worden. „Allein der Aufbau eines digitalen Patientenportals mit Online-Fragebogen und digitaler Sprechstunde eröffnet dem Krankenhaus Chancen und Potenziale“, sagt der BCG-Berater.

Zum einen können über den digitalen Kanal neue Patienten gewonnen werden. Zum anderen lassen sich die Patienten anhand ihrer online gemachten Angaben besser vorselektieren, wodurch der tatsächliche Besuch vor Ort in der Klinik besser organisiert werden kann.

Kims Fazit: „Die Digitalisierung löst zwar nicht alle wirtschaftlichen Probleme der Kliniken, kann aber wesentlich dazu beitragen, dass die Häuser eine bessere Kosten-Erlös-Struktur erreichen. Dafür sind aber ausreichende Investitionen notwendig.“