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Italien am Tag der Entscheidung: Mario Draghi könnte eine wichtige Rolle spielen

Rauft sich die Koalition um Giuseppe Conte nicht zusammen, könnte eine Expertenregierung übernehmen. Ex-Notenbanker Mario Draghi gilt als heißer Kandidat.

Der ehemalige Chef der Europäischen Zentralbank wäre die Lösung für ein technisches Kabinett, eine Regierung aus Experten, wie sie Italien schon öfters erlebt hat. Foto: dpa
Der ehemalige Chef der Europäischen Zentralbank wäre die Lösung für ein technisches Kabinett, eine Regierung aus Experten, wie sie Italien schon öfters erlebt hat. Foto: dpa

Ziemlich genau eine Woche lang hängt Italiens Politik nun schon im Schwebezustand. Es ist so still geworden um den sonst so umtriebigen Giuseppe Conte, dass sich selbst sein Sprecher genötigt sah, eine Erklärung abzugeben: Das Schweigen des Noch-Premiers sei eine „pflichtbewusste und respektvolle Achtung“ der heiklen Situation und der Arbeit, die der Staatspräsident gerade leiste.

Am vergangenem Dienstag reichte Conte seinen Rücktritt ein, seitdem beriet sich Sergio Mattarella mit allen Parteien, lotete die möglichen Mehrheiten aus, schaltete zum Wochenende auch noch einen Mediator ein, der zwischen den zerstrittenen Koalitionären schlichten sollte.

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An diesem Dienstag trifft sich Mattarella mit ebenjenem Roberto Fico, der Präsident der Abgeordnetenkammer ist und zur Bewegung Fünf Sterne gehört – der größten Regierungspartei. Anschließend wird Mattarella eine endgültige Entscheidung treffen, wie es mit Europas drittgrößter Wirtschaftsnation weitergeht, die sich mitten in der Rezession befindet.

Die entscheidende Frage: Können sich Conte und Ex-Premier Matteo Renzi noch einmal zusammenraufen? Renzi erklärte in einer Mail, die er am Montag an alle Mitglieder von Italia Viva (IV) verschickte, dass nun endlich über Inhalte diskutiert werde – dank seiner Partei. „Wenn es Italia Viva nicht gegeben hätte, hätte niemand diese Diskussion geführt.“ Er hofft, dass es bis Ende der Woche eine neue Regierung „von fähigen und verdienten Menschen“ geben wird.

Renzi war es, der nach einem wochenlangen Streit über die EU-Hilfsgelder Mitte Januar seine zwei Ministerinnen abzog und damit die Mitte-links-Koalition zerbrechen ließ. Seitdem haben Fünf Sterne, Sozialdemokraten und die kleine Partei LeU keine stabile Mehrheit mehr im Parlament. Für den parteilosen Conte war dieses Konstrukt so fragil, dass er sich gezwungen sah, sein Amt abzugeben.

Bei den Corona-Impfungen will Renzi den Regionen die Macht nehmen

Renzi, dessen IV in Umfragen nicht einmal drei Prozent erreicht, will nun ein neues, starkes Programm für den Rest der noch knapp zweieinhalb Jahre dauernden Legislatur. Er fordert etwa, dass noch mehr der 209 Milliarden Euro aus dem EU-Wiederaufbaufonds in Investitionen gesteckt werden als bisher. Bei den Corona-Impfungen will Renzi den Regionen die Macht nehmen – um die teilweise schleppende Kampagne effektiver aus Rom zu steuern.

Gleichzeitig scheint die Partei auch bei einem der größten Streitpunkte, dem Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM), gesprächsbereit zu sein. Renzi forderte unablässig, den ESM-Topf anzuzapfen – um das Gesundheitssystem zu finanzieren. Aus Angst vor Brüsseler Kontrollwahn ist der ESM für die Fünf-Sternler ein rotes Tuch. Nun kann sich Italia Viva auch vorstellen, alternative Ressourcen fürs Gesundheitssystem zu verwenden.

Gelingt die Einigung in allen Punkten, wäre der Weg frei für die dritte Conte-Regierung. Aber auch den Namen Mario Draghi hört man in Rom immer öfter. Der ehemalige Chef der Europäischen Zentralbank wäre die Lösung für ein technisches Kabinett, eine Regierung aus Experten, wie sie Italien schon öfters erlebt hat.

Auch wenn sich Draghi bisher nicht öffentlich zu den Spekulationen geäußert hat: Er hätte wohl eine breite Unterstützung im Parlament. Selbst Silvio Berlusconis Oppositionspartei Forza Italia könnte sich hinter den Ökonomen stellen.

Immer unwahrscheinlicher werden indes Neuwahlen. Kaum eine Partei will sie inmitten der Pandemie, deren Infektionskurve sich zwar gerade wieder abflacht, deren dritte Welle aber unmittelbar bevorstehen könnte. Am Montag wurden die Corona-Regeln in weiten Teilen des Landes wieder stark gelockert, sogar Restaurants haben jetzt tagsüber geöffnet, auch die Schulen sind fast landesweit offen. Der R-Wert, der angibt, wie viele Menschen ein Infizierter ansteckt, lag zuletzt bei 0,84. Vorerst kann die Wirtschaft damit durchatmen.

Ein wochenlanger harter Lockdown wie noch vor einem Jahr ist derzeit ausgeschlossen. Italien war das erste Land in Europa, das massiv von der Pandemie betroffen war – und streng durchgriff. Das wirtschaftliche Dilemma zeigt sich auch in den Daten der nationalen Statistikbehörde, die am Dienstag das Bruttoinlandsprodukt vorlegte: Für das Gesamtjahr 2020 steht ein Minus von 8,9 Prozent.

Zwar hat sich die Situation im verarbeitenden Gewerbe zuletzt etwas erholt, im letzten Jahresdrittel 2020 zog die Konjunktur wieder an. Gleichzeitig leiden Gastronomie und Tourismusindustrie weiter dramatisch. Laut einer aktuellen Studie der italienischen Zentralbank könnten pandemiebedingt 6500 Firmen bis 2022 pleitegehen. Die Arbeitslosenquote ist im letzten Quartal 2020 zwar nur um 0,2 Prozent gestiegen – allerdings gilt derzeit auch noch ein Kündigungsstopp, der im April ausläuft.