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Investoren bauen auf Merkel

Die deutschen Aktienmärkte kommen gut durch den oftmals schwierigen September. Anders als nach den Urnengängen in den Niederladen und in Frankreich ist nach der Bundestagswahl wohl nicht mit einem Allzeithoch zu rechnen.

Allen statistikgläubigen Skeptikern zum Trotz: Die hiesigen Aktienmärkte sind auf gutem Weg, den September überraschend positiv abzuschließen. Anders als meist in der Vergangenheit dürften die wichtigsten Börsenindizes diesmal ein deutliches Kursplus im neunten Monat des Jahres über die Ziellinie bringen. Mehr als vier Prozent Gewinn hat beispielsweise das deutsche Bluechip-Barometer Dax bisher verbucht.

„Die Aktienmärkte kommen trotz einigem Gegenwind dank anhaltend hoher Liquidität gut durch den oft schwierigen September“, sagt Robert Greil, Chefstratege von Merck Finck Privatbankiers. Auch der Ausgang der Bundestagswahl sollte daran kurzfristig wenig ändern.
Die meisten Experten erwarten, dass Investoren die Ergebnisse des Urnengangs schnell abhaken werden. Für sie ist so gut wie ausgemacht, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel weiter für wirtschaftspolitische Stabilität sorgen wird – unter welcher Farbkonstellation auch immer.

Anders als bei den vorangegangenen Wahlen in Europa ist jedoch auch nicht mit einer ausgeprägten Erleichterungsrally zu rechnen. Hintergrund: Bei den Wahlen in den Niederlanden und auch in Frankreich in der ersten Jahreshälfte war bis zuletzt unklar, ob es radikale, Euro-feindliche Parteien an die Macht schaffen. Nach dem Scheitern der rechtsnationalen EU-Gegner in Deutschlands Nachbarländern kletterte damals der Dax damals auf neue Rekorde.

Jetzt ist die Situation anders: Merkels CDU liegt in den Umfragen nahezu uneinholbar vorne. Alles andere als ein klarer Sieg Merkels wäre eine Sensation. Eine Fortsetzung der Regierung unter der Führung der als wirtschaftsfreundlich geltenden CDU ist daher an den Märkten eingepreist. Unklar erscheint lediglich die Koalitionsfrage. Investoren sind nicht nervös und haben ihre Aktienpositionen im Vorfeld der Bundestagswahlen nicht verringert.

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Auch aus weiteren Gründen rechnen Marktbeobachter kurzfristig nicht mit weiteren deutlichen Kursgewinnen an den Aktienbörsen: Vor allem der anhaltende Streit zwischen den USA und Nordkorea sei derzeit ein Hemmschuh, sagt Anlagestratege Tobias Basse von der NordLB. Jüngster Höhepunkt der Auseinandersetzung: Als Reaktion auf eine Rede von US-Präsident Donald Trump vor den Vereinten Nationen hatte Nordkoreas Machthaber Kim Jong-un „harte Gegenmaßnahmen auf höchstem Niveau angekündigt, die den Test einer Wasserstoffbombe auf dem Pazifik beinhalten könnten.

„Es herrscht zwar nicht die Angst, dass sich aus der Krise ein bewaffneter Konflikt entwickelt. Da die Börsen in den vergangenen Monaten aber gut gelaufen sind, nehmen Anleger neue Nachrichten gerne als Ausrede, um Gewinne zu realisieren."


Der Druck auf die EZB nimmt zu

Dazu kommen weitere politische Risiken, die sich abzeichnen und Anleger vor neuen Engagements zurückschrecken lassen. Etwa das für den 1. Oktober geplante und umstrittene Abspaltungsreferendum in Katalonien. „Bisher haben die Finanzmärkte diesen Konflikt weitgehend ignoriert, obwohl es sich um eine der wirtschaftsstärksten Regionen Spaniens handelt", sagt Commerzbank-Volkswirt Ralph Solveen.

Stärker im Anlegerfokus stehen werden in den kommenden Handelstagen zudem neue volkswirtschaftliche Daten: Aus Deutschland etwa am Montag das Ifo-Geschäftsklima, am Donnerstag das GfK-Konsumklima. Dazu die Inflationsentwicklung im September sowie am Freitag der Arbeitsmarktbericht, wenn auch die europäischen Inflationszahlen anstehen.

Zuletzt hatten makroökonomische Daten maßgeblichen Anteil an der erfreulichen Entwicklung von Dax & Co. Am Freitag etwa waren es positive Konjunkturzahlen aus Deutschland, die für einen zwischenzeitlichen Kursschub an den Börsen sorgten: Laut Angaben des Instituts IHS Markit wachsen die Geschäfte in der deutschen Wirtschaft so kräftig wie seit knapp sechseinhalb Jahren nicht mehr.

Und gemeinsam mit Frankreich schiebt Europas größte Volkswirtschaft derzeit die gesamte Euro-Zone an. „Der von den Industrieunternehmen als Risiko eingestufte starke Euro hatte bislang offensichtlich nur eine begrenzte Auswirkung auf die Exporte", sagte Markit-Chefvolkswirt Chris Williamson. „Die Exporte füllten nicht nur die Auftragsbücher, sie ermutigen die Unternehmen auch zu weiteren Investitionen in das Wachstum“, ergänzte der Ökonom.

Damit dürfte der Druck auf die Europäische Zentralbank (EZB) aber weiter zunehmen, den Einstieg in den Ausstieg aus ihrer extrem lockeren Geldpolitik zu wagen. „Das kräftige Wachstum wird es ihr erlauben, die unausweichliche Verringerung ihrer Anleihekäufe 2018 als fundamental gerechtfertigt erscheinen zu lassen", sagte Commerzbank-Ökonom Christoph Weil.


"Die Luft für Aktien wird dünner"

In den USA, wo die dortige Zentralbank den geldpolitischen Richtungswechsel längst eingeleitet hat und weiter vorantreibt, gab es am Freitag neue Hinweise für bald weiter anziehende Leitzinsen. Der US-Währungshüter John Williams hat den nach der jüngsten Notenbank-Sitzung aufgekommenen Zinsfantasien neue Nahrung gegeben. Es könne in diesem Jahr eine weitere Erhöhung geben, der 2018 drei weitere folgen könnten, sagte der Chef des Fed-Ablegers San Francisco am Freitag in Zürich.

Er gilt als Vertrauter von Zentralbankchefin Janet Yellen. Die Federal Reserve (Fed) hatte am vergangenen Mittwoch den Zins zwar in einer Spanne von 1,0 bis 1,25 Prozent gehalten, aber zugleich noch einen Schritt nach oben für dieses Jahr signalisiert. Die Fed hatte die Zinsen bereits im März und Juni angehoben.

Zudem hatte die Notenbank vergangene Woche bekanntgegeben, dass sie im Oktober damit beginnen will, ihre in der Finanzkrise mit Wertpapierkäufen auf 4,5 Billionen Dollar aufgeblähte Bilanz abzubauen. Das Fed-Portfolio soll zunächst um monatlich zehn Milliarden Dollar reduziert und das Tempo dann sukzessive auf 50 Milliarden gesteigert werden.

Dass die US-Notenbanker ihre Liquiditätsflut eindämmen wollen, die in der vergangenen neun Jahren maßgeblich die Hausse an der weltweit richtungsweisenden Wall Street befeuert hat, nahmen die Anleger zunähst gelassen auf: Die wichtigsten US-Aktienindizes Dow Jones und S&P 500 markierten vergangene Woche sogar neue Rekordhochs. Doch nach Einschätzung des NordLB-Strategen Basse wird die Aussicht auf anstehende zusätzliche Zinserhöhungen die Börsen weltweit ausbremsen.

Auch sein Kollege Markus Reinwand von der Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba) sieht an den Aktienmärkten allmählich Gegenwind aufkommen – nicht nur an der Wall Street. „Im Zuge der seit 2009 laufenden Hausse kam es zu einer markanten Bewertungsexpansion bei US-Titeln, die nun zur Disposition steht“, urteilt der Fachmann.

Während die Fed bereits etwas auf die Bremse trete, werde die Europäische Zentralbank demnächst zwar nur den Fuß etwas vom Gaspedal nehmen. Allerdings schienen wichtige konjunkturelle Frühindikatoren allmählich ihre Gipfel auszubilden. „Damit wird die Luft für Aktien, die in der Regel der Konjunktur voraus laufen, zunehmen dünner“, resümiert Reinwand.

Mit Material von Reuters

KONTEXT

Welche politische Risiken Anlegern 2017 noch drohen

Mueller-Ermittlungen

Die andauernden Untersuchungen des US-Sonderermittlers Robert Mueller stellen eine latente Bedrohung für die Aktienmärkte dar. Seit dem 17. Mai geht der frühere FBI-Direktor möglichen Verbindungen von US-Präsident Donald Trump zu russischen Regierungskreisen nach. Über den momentanen Stand der Ermittlungen lässt sich nur mutmaßen - Mueller gibt keine öffentlichen Stellungnahmen ab.

Quelle: Die japanische Bank Nomura hat die politischen Risiken für die Märkte in den kommenden Monaten erfasst.

politischen Risiken für die Märkte

Bundestagswahl

Auch wenn ein Kanzlerwechsel hierzulande derzeit unwahrscheinlich erscheint: Die Bundestagswahl am 24. September wird an den Börsen genau beobachtet werden. Denn eine Veränderung der bestehenden Regierungskoalition sowie das Erstarken populistischer Kräfte könnte auf Anlegerseite ebenso zu Unsicherheiten führen.

EZB-Sitzungen

Tagt der Rat der Europäischen Zentralbank (EZB), spitzen alle Börsianer ihre Ohren. Was EZB-Chef Mario Draghi bei der obligatorischen Pressekonferenz verkündet, hat mitunter gravierende Auswirkungen auf den Kursverlauf. Derzeit steigt der Druck auf die Notenbanker ihre ultralockere Geldpolitik - ob der guten Wirtschaftslage - zu beenden. Konkrete Ankündigungen werden im Herbst erwartet, nachdem Draghi Anleger auf der Sitzung Anfang September erneut vertröstet hatte.

BoE Inflation Report

Im Zuge der Brexit-Verhandlungen kommt den Berichten der Bank of England (BoE) besondere Bedeutung zu. Der nächste vierteljährliche Inflationsreport der britischen Zentralbank erscheint am 2. November. Laut dem Finanzinstitut würden die Auswirkungen des Brexit für britische Bürger schon jetzt durch steigende Lebensmittelpreise spürbar. Zuletzt hatte die Bank die Aussicht auf Wirtschafts- und Einkommenswachstum zurückgeschraubt und die Inflationsprognose auf 2,7 Prozent erhöht.

OPEC-Sitzung

Am 30. November findet die nächste Tagung der Organisation erdölexportierender Länder (OPEC) statt - ein Schicksalstag für alle Anleger. Zuletzt hatte die OPEC eine gemeinsame Produktionskürzung beschlossen, um den Ölpreis zu stabilisieren und eine Übersättigung zu verhindern. Die Vereinbarung - mit einer Laufzeit bis Ende März 2018 - wurde jedoch nicht von allen Ländern eingehalten.

Fed-Spitze

Die erste Amtszeit der derzeitigen Fed-Chefin Janet Yellen endet im Februar 2018. Ob US-Präsident Donald Trump ihr eine zweite zugesteht, ist ungewiss. Lange Zeit galt Trump als harscher Kritiker von Yellens Niedrigzinspolitik. Neben Yellen wird der Ex-Vizechef von Goldman Sachs, Gary Cohn, als aussichtsreicher Kandidat für den Fed-Chefposten gehandelt.