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Helmut Gottschalk - der begnadete Strippenzieher der DZ Bank geht

Hauptversammlungen großer Banken ähneln häufig einer Generalabrechnung der Aktionäre mit Aufsichtsräten und Vorständen. Doch wenn Helmut Gottschalk am Mittwoch in acht Jahren zum letzten Mal das Eigentümertreffen der DZ Bank leitet, ist mit Misstönen nicht zu rechnen.

Die DZ Bank, das Zentralinstitut der rund 900 deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken, mag während der Finanzkrise ins Schlingern geraten sein – durch Eskapaden im Ausland und fragwürdige Wertpapier-Investments. Aber anders als bei der Commerzbank gelang die Sanierung ohne Staatshilfen und anders als die Deutsche Bank hat Deutschlands zweitgrößtes Kreditinstitut seine Probleme nicht verschleppt. Obendrein wirft die DZ Bank längst wieder kräftige Gewinne ab.

Einem einträchtigen Abschied steht also nichts im Weg: Mit der Hauptversammlung endet die Amtszeit des 66-jährigen Gottschalks, der die Führung des Kontrollgremiums 2010 übernommen hatte. Sein Nachfolger soll der Chef der Volksbank Hildesheim, Henning Deneke-Jöhrens, werden, wie zu hören ist. Gottschalk, der bis vergangenes Jahr die Volksbank Herrenberg-Nagold-Rottenburg leitete, kokettiert gerne damit, dass sein Aufsichtsratsjob im Grunde ein „Ehrenamt“ sei, der Hauptjob sei der Vorstandsposten der Volksbank gewesen.

Doch Gottschalk hat das Ehrenamt geschickt genutzt, um dem Verbund der Genossenschaftsbanken seinen Stempel aufzudrücken. Das gilt etwa für die Strategie der DZ Bank. „Verbund First“ heißt das Konzept, mit dem Vorstandschef Wolfgang Kirsch die Bank nach der Krise neu ausrichtete – und zwar nach dem, was die Genossenschaftsbanken vor Ort, die Eigentümer des Spitzeninstituts, als Dienstleistungen benötigen. „Ich war sehr dankbar dafür, dass Wolfgang Kirsch bald nach meinem Amtsantritt einen Entwurf für eine Strategie auf den Tisch legte, die die DZ Bank stärker in den Dienst der Volks- und Raiffeisenbanken gestellt hat“, sagt Gottschalk im Gespräch mit dem Handelsblatt.

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Das ist pures Understatement. Schon als einfaches Aufsichtsratsmitglied galt er als akribisch und kritisch. Gottschalk beäugte die Expeditionen ins Ausland skeptisch und drängte auf ein bodenständigeres Konzept, als das noch als provinziell galt. „Ich bin der Meinung, dass die DZ Bank als Spitzeninstitut alle erforderlichen Produkte und Dienstleistungen für die Ortsbanken anbieten muss – darüber hinaus aber keine wesentlichen zusätzlichen Risiken eingehen sollte“, sagt er auch heute.

Die neue Strategie hat sich ausgezahlt. Im vergangenen Jahr war die DZ Bank mit einem Jahresgewinn von etwa einer Milliarde Euro die erfolgreichste Großbank nach der staatlichen KfW. Und das, nachdem sie erst 2016 die Fusion mit dem Düsseldorfer Schwesterinstitut WGZ Bank gestemmt hatte.

Zwar ist der Gewinn damit geschrumpft – und dürfte noch weiter sinken. Doch das nimmt Gottschalk in Kauf. „Wenn man höhere Risiken aus sonstigen Geschäften vermeiden will, muss man als Aufsichtsrat auch berücksichtigen, dass das Gewinnpotenzial geringer ausfällt“, sagt er. Die Bank fahre seit Jahren eine solide Strategie und der Aufsichtsrat habe sich auch immer geschlossen dahinter gestellt. Auch so ist der Nettoerlös mehr als ausreichend, um erneut eine Dividende von 0,18 Euro je Aktie auszuschütten.

Dass der Zusammenschluss mit der WGZ Bank nach mehreren gescheiterten Versuchen doch noch klappte, wird auch Gottschalk zugerechnet. Er hat den Ruf eines begnadeten Strippenziehers. Kaum jemand sei besser vernetzt im Sektor, sagt ein Berater. Angerechnet wird ihm, dass er die Anliegen großer und kleiner Häuser kennt – schließlich sind die Unterschiede enorm. „Er hat uns schon gut vertreten“, findet der Vorstand einer kleinen Genossenschaftsbank.


Personalrochade im Stillen eingefädelt

Die wichtigste Personalrochade fädelte Gottschalk in aller Stille ein: Uwe Fröhlich, bis dahin Präsident des Bundesverbandes der Volksbanken, BVR, wechselte im November als Generalbevollmächtigter zur DZ Bank. Er soll dort 2018 gemeinsam mit dem bisherigen Finanzchef Cornelius Riese die Führung übernehmen, Kirsch geht in den Ruhestand. Die Nachbesetzung der BVR-Spitze regelte Gottschalk gleich mit. Marija Kolak führt den Verband nun.

Dabei sickerte nichts im Vorfeld durch, kaum jemand im Verbund war informiert. Es gibt Volksbanker, die Gottschalk diesen handstreichartigen Coup übel genommen haben. Doch die Aufregung darüber verpuffte in den beginnenden Sommerferien.

Gottschalk ist ein zierlicher Mensch, keiner der auftrumpft. Das hat ihn allerdings nicht vor harten Entscheidungen zurückschrecken lassen. Dass Lars Hille die DZ Bank im Oktober 2017 auf eigenen Wunsch verließ, soll maßgeblich auf das Konto von Gottschalk gehen. „Ich habe keine Vorstände entlassen. Es gibt Vorstandsverträge, die auslaufen und nicht verlängert werden“, sagt der nur.

Er hat genaue Vorstellungen davon, was er will. „Ich habe einen klaren Kompass im Glauben“, sagt der Protestant. Gerade war er mit einer Gruppe aus beiden Konfessionen eine Woche in Rom. Sein Grundsatz: „Mir war immer wichtig, das Gebotene zu machen, andere aber dabei mitzunehmen.“ Dieses Credo erklärt vielleicht, warum wichtige Umbrüche wie der Strategiewechsel, der Führungswechsel und nicht zuletzt die Fusion mit der WGZ Bank geräuschlos funktionierten. Kampfabstimmungen im Aufsichtsrat hat Gottschalk stets vermieden. Lieber hat er sich auch mit den Arbeitnehmern zusammengesetzt und vorher diskutiert. „Da haben auch mal die Telefone geglüht“, sagt er.

Mit der Neuordnung an der Spitze der DZ Bank prägt Gottschalks Handschrift auch noch die kommenden Jahre den Verbund. „Der Übergang von Wolfgang Kirsch zu Cornelius Riese und Uwe Fröhlich hat längst begonnen“, sagt er. „Beide bringen sich bereits in die Weiterentwicklung der Strategie ein.“ Das Konzept „Verbund First bedeute im Jahr 2019 etwas anderes als im Jahr 2008. Ins Detail will Gottschalk dabei nicht gehen. In Finanzkreisen hört man, Riese und Fröhlich würden sich die Prozesse und Kosten der Bank genau ansehen. „Das kann man sich wie eine Art TÜV vorstellen“, heißt es. Vor allem im Firmenkundengeschäft, das die DZ Bank gemeinsam mit den Volksbanken betreibt, strebt das Spitzeninstitut Verbesserungen an.

Das Gemeinschaftsgeschäft ist zwar auch im vergangenen Jahr gewachsen. Einige Volksbanken kritisieren allerdings, die DZ Bank treffe ihre Entscheidungen zu langsam und nicht immer nachvollziehbar. Seit Frühjahr läuft die sorgfältige Prüfung von Fröhlich und Riese. Frühestens im Herbst dürften Ergebnisse vorliegen.