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Bei Francotyp-Postalia wird während der Krise ein Machtkampf ausgefochten

Der Chef des Unternehmens soll geschasst werden. Im Hintergrund geht es wohl um die Zerschlagung. Der Vorstand würde die Hauptversammlung gerne verschieben.

An deutlichen Worten hat es der Aufsichtsrat nicht missen lassen: Wegen Differenzen über die Umsetzung der Strategie werde Rüdiger Günther als Vorstandschef von Francotyp-Postalia abgelöst. Einen Nachfolger hatte der Aufsichtsratsvorsitzende Klaus Röhrig schon parat. Carsten Lind werde den Posten übernehmen, erklärte Röhrig.

Die Mitteilung stammt vom 13. Februar – Günther aber ist unverändert im Amt. Ausreichend Gründe für einen Rauswurf gibt es offenkundig nicht. Wie auch? Die Zahlen sind auf Rekordniveau, und ein halbes Jahr zuvor hatte der dreiköpfige Aufsichtsrat seinen Vertrag bis Ende 2022 vorzeitig verlängert.

Der angekündigte Rauswurf ist eine ungewöhnliche Geschichte, die aus Sicht von Firmeninsidern für den Berliner Hersteller von Frankiermaschinen zu einem üblen Ende führen könnte. Francotyp-Postalia ist mit einem Jahresumsatz von zuletzt 209 Millionen Euro und rund 1000 Mitarbeitern eine vergleichsweise kleine Firma, die sich wegen der Digitalisierung wandeln muss. Wer braucht schon Frankiermaschinen, wenn die Post elektronisch verschickt wird?

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Als Günther vor vier Jahren Vorstandschef wurde, da hatte er eine eingängige Antwort auf die Frage der Zukunftsfähigkeit: „Das Alte kann das Neue sein“, sagte er, wie sich ein Mitarbeiter an dessen erste Ansprache erinnert. Positiv wurden diese Worte von der Belegschaft aufgenommen.

Günther ist 61 Jahre alt, Familienvater, Banker und viel in der Wirtschaft herumgekommen. Bei den Handelskonzernen Metro und Arcandor arbeitete er wie auch im Vorstand von Infineon, Claas und Jenoptik. Der Posten bei Francotyp-Postalia liegt etwas unter Günthers Flughöhe, aber der Job hatte ihn gereizt.

Trotz Erfolg soll Günther gehen

Günther ist ein Kämpfertyp. Er war deutscher Karatemeister. Körper wie Sprache sind kantig. Schnörkellos und direkt adressiert der Betriebswirt Probleme. Dies habe er bei Francotyp getan, berichtet ein Wegbegleiter. Den Worten ließ er Taten folgen. Es wurde hart gespart. „Damit aber hat er das Vertrauen der Belegschaft gewonnen.“

Die Taten lassen sich im Zahlenwerk für 2020 ablesen. Der operative Gewinn erhöhte sich im vergangenen Jahr um ein Drittel auf rund 33 Millionen Euro – ein Rekordwert. Aber nun soll er gehen. Für den 17. Juni ist eine Hauptversammlung angesetzt, auf der ihm das Misstrauen ausgesprochen werden soll. Auf seiner darauffolgenden Sitzung könnte der Aufsichtsrat ihn dann mit der Begründung ablösen, dass er seinen Job nicht richtig gemacht hat.

Die für diesen Antrag nötige Mehrheit ist gesichert. Rolf Elgeti, der mit seiner Investmentfirma Obotritia 28 Prozent hält, will wie Aufsichtsratschef Röhrig den Vorstandschef geschasst sehen.
Über die konkreten Gründe schweigen sich beide aus. Elgeti und Röhrig sind vom Typ sehr unterschiedlich. Der Erste macht mit Interviews und seiner Beteiligung am Fußballklub Hansa Rostock auf sich aufmerksam. Röhrig hingegen hält sich zurück, agiert eher aus dem Hintergrund heraus.

Ob sich beide beim Vorgehen gegen Günther abgesprochen haben, darüber schweigen sie sich aus. Fraglich ist, ob die Hauptversammlung im Juni stattfinden kann. Röhrig will das Aktionärstreffen unbedingt durchziehen, allerdings virtuell. Um die Corona-Pandemie einzudämmen, sind neuerdings Hauptversammlungen per Internet möglich.

Der Vorstand um Günther hingegen würde die Hauptversammlung gern auf die Zeit verschieben, wenn ein persönliches Treffen tatsächlich wieder möglich ist. Vor Publikum würden Fragen über seine betriebene Demission gestellt – und Röhrig müsste Stellung beziehen.

Handlungsbedarf herrscht bei Digitalisierung und Angebotspalette

Angesichts des Rekordgewinns ist dies schwer zu begründen. Zudem muss Röhrig erklären, warum er sich gerade zur Zeit der Coronakrise vom erfahrenen Sanierer Günther trennen will. Der genießt zudem das Vertrauen der kreditgebenden Banken.

Bei Francotyp-Postalia besteht Handlungsbedarf. Vor allem bei der Digitalisierung der Angebotspalette müssten die Anstrengungen erhöht werden, sagt ein Firmeninsider. Aber in den vergangenen Jahren habe sich bereits viel zum Besseren bewegt.

An der Strategie haben Günthers Kritiker keine Zweifel. So bekräftigte Röhrig auf Anfrage, dass es ebenjene Differenzen bei der Umsetzung der Strategie gebe. Warum Röhrig den Wechsel im Februar ankündigte, diesen aber nicht abschloss, bleibt sein Geheimnis. Mit der Ankündigung hat er jedenfalls Unruhe ins Unternehmen getragen, die letztlich, so ist von Mitarbeitern zu hören, die Frage nach seiner Amtsführung aufbringt.

Vielleicht, so mutmaßen Insider, ist die Unruhe bewusst geschürt worden. Das Ziel nämlich könnte sein, die Firma, in Einzelteile zerlegt, zu verkaufen. In Summe wäre Francotyp-Postalia dann vielleicht mehr wert, sagt ein Konzerninsider.

Die Berufung von Lind zum Vorstandschef würde da ins Bild passen, ist der doch auf solche Fälle spezialisiert. Röhrig wies dies indes zurück.