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"Wer uns mit VW vergleicht, hat was geraucht"

Der Chef des italienisch-amerikanischen Autokonzerns Fiat Chrysler (FCA) hat Vorwürfe der Abgasmanipulation und einen Vergleich mit Volkswagen scharf zurückgewiesen. „Wir haben keinerlei Betrug begangen. Unser Fall ist in keiner Weise mit dem von Volkswagen vergleichbar“, sagte Sergio Marchionne in einem Interview mit italienischen Medien, das die Zeitung „La Repubblica“ veröffentlichte. „Wer uns mit dem deutschen Unternehmen vergleicht, hat etwas Illegales geraucht.“

Seit Monaten würde FCA mit der US-Umweltbehörde EPA im Kontakt stehen. „Unsere Emissionen sind ganz klar berichtet worden.“ Er sei sehr verärgert über die Anschuldigungen.

In den USA steht der Branchenriese im Verdacht, bei rund 100.000 Dieselwagen die Emissionswerte von Stickoxiden gefälscht zu haben. Das hatte das US-Umweltamt EPA am Donnerstag mitgeteilt. Es geht um Software zur Abgaskontrolle, die Fiat Chrysler nicht offengelegt und so gegen Umweltgesetze verstoßen habe.

Er hoffe, dass der bevorstehende Regierungswechsel von US-Präsident Barack Obama zu Donald Trump keine Rolle bei dem Fall spiele. „Offensichtlich gab es jemanden bei der EPA, der das Dossier schließen musste, bevor die neue Regierung da ist“, so Marchionne. „Aber ich will hoffen, dass es keine politische Angelegenheit ist.“

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Die EU-Kommission forderte Italien dazu auf, gegen den Autobauer gerichtete Vorwürfe des Bundesverkehrsministeriums zu entkräften. Dem italienisch-amerikanischen Konzern wird vorgehalten, in Dieselmotoren eine illegale Software einzusetzen. Nach Messungen des Kraftfahrtbundesamts (KBA) schaltet in bestimmten Fahrzeugen die Abgasreinigung jeweils nach 22 Minuten vollständig ab. Abgastests dauern in der Regel nur 20 Minuten.

"Die deutschen Behörden haben ernsthafte Bedenken geäußert", sagte eine Kommissionssprecherin. "Wir haben die italienischen Behörden wiederholt aufgefordert, so bald wie möglich überzeugende Antworten zu geben." Aus Kommissionskreisen hieß es, die Brüsseler Behörde teile die Bedenken Deutschlands. Ein Test eines Fiat-Wagens in einem EU-eigenen Prüflabor habe verdächtige Emissionen gezeigt.

Während die Vorwürfe des KBA gegen den Konzern nicht ganz neu sind – die WirtschaftsWoche berichtete darüber bereits im vergangenen September – schalten sich nun auch die USA ein. Die US-Umweltbehörden beschuldigen Fiat Chrysler, in Diesel-Fahrzeugen eine illegale Software eingesetzt zu haben, die eine Überschreitung des erlaubten Schadstoffausstoßes ermögliche. Der italienisch-amerikanische Branchenriese Fiat Chrysler stehe im Verdacht, bei rund 100.000 Dieselwagen die Emissionswerte von Stickoxiden gefälscht zu haben, teilte das US-Umweltamt EPA in Washington mit. Es geht um Software zur Abgaskontrolle, die Fiat Chrysler den Regulierern nicht offengelegt und so gegen Umweltgesetze verstoßen habe. Fiat Chrysler geht indes davon aus, sich mit der Abgastechnik im legalen Rahmen zu bewegen.

Anlegern jagte die Nachricht einen gehörigen Schrecken ein. Die Fiat-Chrysler-Aktie stürzte an der New Yorker Börse um knapp 18 Prozent ab und wurde zwischenzeitlich vom Handel ausgesetzt. Zuletzt lag der Kurs mit knapp neun Prozent im Minus.

Ob es sich bei den beanstandeten Programmen wie bei Volkswagen um illegale Abschalteinrichtungen („defeat devices“) handelt, muss laut EPA allerdings erst noch ermittelt werden.

In einer Stellungnahme kündigte der Konzern an, nach dem Regierungswechsel in den USA am 20. Januar im Sinne einer raschen Lösung mit den Behörden kooperieren zu wollen. Man sei enttäuscht über das Vorgehen der EPA. Konzernchef Sergio Marchionne trat Vergleichen mit VW entgegen - der Fall habe nichts mit den Abschalteinrichtungen des deutschen Rivalen gemein.

Die EPA wies jedoch in einer Telefonkonferenz darauf hin, dass Fiat Chrysler bereits gegen das US-Luftreinhaltegesetz „Clean Air Act“ verstoßen habe, indem der Hersteller die zweifelhaften Programme bei der Zertifizierung der Autos verschwiegen habe. Allein dies könne schon Bußgelder und Strafen nach sich ziehen.

Wie hoch die Abweichungen beim Ausstoß des Schadstoffs Stickoxid durch den Einsatz der nicht offengelegten Software zwischen Testmodus und Normalbetrieb auf der Straße ausfallen, werde noch untersucht. „Wir prüfen die Art und Auswirkungen dieser Einrichtungen weiter“, kündigte Cynthia Giles von der kalifornischen Umweltbehörde Carb an.

Dabei ist besonders pikant, dass es bei den neuen US-Vorwürfen um grundsätzlich andere Modelle und Motoren geht als in Europa. Betroffen seien in den USA etwa 104.000 SUV und Pick-up-Trucks der Typen Jeep Grand Cherokee und Dodge Ram 1500 der Modelljahre 2014 bis 2016 mit 3,0-Liter-Dieselmotoren. Der Hersteller müsse nun belegen, dass er keine verbotene Software einsetze. Der EPA zufolge könnte eine Strafe von bis zu 44.539 US-Dollar je Auto drohen. Insgesamt wären das rund 4,63 Milliarden Dollar (4,34 Milliarden Euro).

In Deutschland hatte das Kraftfahrtbundesamt hingegen die hierzulande relevanteren Kleinwagen Fiat 500X, den technisch eng verwandten Jeep Renegade und den Kastenwagen Fiat Doblò getestet. Bei den Untersuchungen der Autos anderer Hersteller nach dem VW-Skandal fiel dem Amt die Software von Fiat Chrysler auf. Die Bundesregierung hat die EU-Kommission gebeten, im Streit mit Italien zu vermitteln. Die Gespräche sollen in den kommenden Wochen abgeschlossen werden. Die Kommission hat allerdings wenig Möglichkeiten, eine Einigung zu erzwingen. In der EU obliegen die Genehmigung neuer Automodelle sowie die Kontrolle der Hersteller den nationalen Aufsichtsbehörden.

Nur einen Tag zuvor hatte das US-Justizministerium einen 4,3 Milliarden Dollar teuren Vergleich mit VW wegen Abgas-Manipulationen verkündet. Im September 2015 hatte die EPA den Wolfsburgern erstmals öffentlich vorgeworfen, in großem Stil Abgaswerte bei Dieselwagen manipuliert zu haben. Dies stürzte VW in die tiefste Krise seiner Geschichte und führte zu enormen Kosten.

Insgesamt akzeptiert Volkswagen in US-Rechtsstreits mit Kunden, Autohändlern und Behörden Strafen und Entschädigungen in Höhe von mehr als 20 Milliarden Dollar. Bislang ist der Fall aber noch nicht direkt mit Fiat Chrysler vergleichbar. Auch die Größenordnungen unterscheiden sich deutlich - bei VW sind fast 600.000 US-Diesel betroffen.

KONTEXT

Die Abgas-Tests in Deutschland und Europa

Die Vorgaben in Deutschland

Neue Modelle werden in Deutschland und der EU nach dem Modifizierten Neuen Fahrzyklus (MNEFZ) getestet. Die Tests laufen unter Laborbedingungen, das heißt auf einem Prüfstand mit Rollen. Dies soll die Ergebnisse vergleichbar machen. Der Test dauert etwa 20 Minuten und simuliert verschiedene Fahrsituationen wie Kaltstart, Beschleunigung oder Autobahn-Geschwindigkeiten.

Wer testet?

Getestet wird von Organisationen wie dem TÜV oder der DEKRA unter Beteiligung des Kraftfahrt-Bundesamtes (KBA). Dieses untersteht wiederum dem Verkehrsministerium.

Kritik an Prüfung

Die Prüfungen der neuen Modelle werden von ADAC und Umweltverbänden seit längerem als unrealistisch kritisiert. So kann etwa die Batterie beim Test entladen werden und muss nicht - mit entsprechendem Sprit-Verbrauch - wieder auf alten Stand gebracht werden. Der Reifendruck kann erhöht und die Spureinstellungen der Räder verändert werden. Vermutet wird, dass etwa der Spritverbrauch im Alltag so häufig um rund ein Fünftel höher ist als im Test.

Weitere Prüfungen

Neben den Tests für neue Modelle gibt es laut ADAC zwei weitere Prüfvorgänge, die allerdings weitgehend in der Hand der Unternehmen selbst sind. So werde nach einigen Jahren der Test bei den Modellen wiederholt, um zu sehen, ob die Fahrzeuge noch so montiert werden, dass sie den bisherigen Angaben entsprechen, sagte ADAC-Experte Axel Knöfel. Zudem machten die Unternehmen auch Prüfungen von Gebrauchtwagen, sogenannte In-Use-Compliance. Die Tests liefen wieder unter den genannten Laborbedingungen. Die Ergebnisse würdem dann dem KBA mitgeteilt. Zur Kontrolle hatte dies der ADAC bei Autos bis 2012 auch selbst noch im Auftrag des Umweltbundesamtes gemacht, bis das Projekt eingestellt wurde. In Europa würden lediglich in Schweden von staatlicher Seite noch Gebrauchtwagen geprüft, sagte Knöfel.

Geplante neue Prüfmethode

Die EU hat auf die Kritik am bisherigen Verfahren reagiert und will ab 2017 ein neues, realistischeres Prüfszenario etablieren. Damit sollen auch wirklicher Verbrauch und Schadstoffausstoß gemessen werden ("Real Driving Emissions" - RDE). Strittig ist, inwiefern dafür die bisherigen Abgas-Höchstwerte angehoben werden, die sich noch auf den Rollen-Prüfstand beziehen.