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Drohende Amtsenthebung: Donald Trumps härtester Kampf

Vor dem drohenden Amtsenthebungsverfahren wegen der Ukraine-Affäre geht der US-Präsident in die Offensive. Seine Partei steht zu ihm – noch.

Die knappe Videobotschaft, die das Weiße Haus am Wochenende veröffentlichte, erinnerte an das Ausrufen eines nationalen Notstands. „Unser Land steht auf dem Spiel, so wie niemals zuvor”, sagte Donald Trump darin mit ernstem Blick. Die Demokraten, die seit vergangener Woche ein Amtsenthebungsverfahren vorantreiben, „wollen euch alles wegnehmen, eure Waffen, eure Freiheit, eure Richter, einfach alles”.

Der US-Präsident versprach, sich zu wehren. „Sie versuchen, mich aufzuhalten, weil ich für euch kämpfe. Das dürfen wir nicht zulassen.”

Trumps eindringliche Worte zeigen, unter welchem enormen Druck er steht: Der US-Kongress will seine Präsidentschaft vorzeitig beenden. Dass es noch in diesem Jahr zu einer Abstimmung kommt, die ein Impeachment offiziell einleitet, wird immer wahrscheinlicher. Die „New York Times” zählt bereits 221 Abgeordnete, die ein Verfahren unterstützen, was für die notwendige einfache Mehrheit in der Kammer ausreicht.

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Ist der Beschluss erfolgreich, müsste sich der US-Senat mit der Frage einer Amtsenthebung beschäftigen. Laut US-Medien sollen bereits Ende November konkrete Artikel stehen, die die Vorwürfe gegen Trump bündeln, ähnlich einer Anklageschrift. Das Repräsentantenhaus könnte dann noch vor Jahresende über die Einleitung eines Amtsenthebungsverfahrens abstimmen.

Ob der republikanisch geführte US-Senat Trump des Amtes entheben will, ist jedoch unsicher.

Riskante Strategie

In der Ukraine-Affäre gibt es eine explosive Enthüllung nach der anderen. Vergangene Woche sorgte die Veröffentlichung der Beschwerde eines Geheimdienstmitarbeiters für Aufruhr. Der Whistleblower warf dem Präsidenten vor, dass er die „Macht seines Amtes nutzte, um bei den US-Wahlen 2020 Einmischung aus einem anderen Land zu erbitten“. Das Papier wurde nur wenige Wochen nach dem umstrittenen Telefonat zwischen Trump und dem ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski verfasst.

In dem Anruf drängte Trump seinen ukrainischen Amtskollegen dazu, Ermittlungen gegen den Sohn des demokratischen Präsidentschaftskandidaten Joe Biden einzuleiten. Der soll noch als Barack Obamas Vizepräsident diplomatische Strippen gezogen haben, um lukrative Geschäftsbeziehungen seines Sohnes zu einem ukrainischen Gasunternehmen zu decken.

Dass Trump sein Drängen mit korrupten Absichten verknüpfte, steht nur als Verdacht im Raum. Tage vor dem Telefonat ließ die US-Regierung Militärhilfen für die Ukraine einfrieren und gab sie erst zu einem späteren Zeitpunkt wieder frei.

Trump geht nun in die Offensive: Er will die Debatte aggressiv für den Wahlkampf im kommenden Jahr nutzen – zum Thema wird das mögliche Verfahren so oder so. Auf Twitter beschimpfte er die Demokraten als „Barbaren“, ein Begriff, den er auf Kundgebungen sonst für Gang-Mitglieder und Terroristen aufspart. Er warnte vor einem Absturz der Märkte, sollte ein Impeachment-Verfahren starten. Ob seine Verteidigungsstrategie aufgeht, ist ungewiss.

Die Demokraten wollen keine Zeit verlieren. Die Stimmung in der Öffentlichkeit habe sich gewandelt, sagte die Sprecherin des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, am Samstag. Pelosi hatte sich überzeugen lassen, das Impeachment zu unterstützen. Der Vorsitzende des Geheimdienstausschusses im Repräsentantenhaus, Adam Schiff, kündigte eine Reihe von Anhörungen und Zeugenvorladungen an. Sollte das Weiße Haus sich dagegen sperren, hätte man „nur mehr Gründe für Verdachtsmomente”, drohte er.

Ein möglicher prominenter Zeuge ist Michael Atkinson, Generalinspekteur der Geheimdienste. Auch Trumps Anwalt Rudy Giuliani, der ehemalige Geheimdienstchef Dan Coats, Justizminister William Barr sowie der anonyme Whistleblower stehen auf der Wunsch-Zeugenliste. Beamte des Weißen Hauses, die mutmaßlich versuchten, Aufzeichnungen über das umstrittene Telefonat unter Verschluss zu halten, könnten befragt werden. Außerdem soll die Behörde von US-Außenminister Mike Pompeo Ukraine-Unterlagen offenlegen.

Trumps Mittelfinger ans Volk

Stürzt Trump, fällt auch die Macht der Republikaner – auch deshalb steht der Rückhalt für Trump bisher stabil. „Wenn die Senatoren in geheimer Abstimmung entscheiden könnten, würden mindestens 35 von den 53 eine Amtsenthebung unterstützen”, sagte der Ex-Senator Jeff Flake, ein langjähriger Trump-Kritiker. Aus seiner Sicht gäbe es „eine Menge Angst” vor einem Bruch mit Trump, der an der republikanischen Basis weiterhin sehr beliebt ist. Eine Revolte hält er für unwahrscheinlich, auch wenn der Unmut heimlich groß sei.

Bislang unterstützen zwei republikanische Gouverneure ein Amtsenthebungsverfahren, doch ihre Kritik ist eher symbolisch. Und nur eine Handvoll republikanischer Senatoren hat sich besorgt geäußert. Mitt Romney aus Utah etwa zeigte sich „zutiefst beunruhigt”, doch er gilt als ständiger Kritiker Trumps.

Der Abgeordnete Mike Turner verurteilte Trumps Telefongespräch mit Selenski: „Ich möchte dem Präsidenten sagen: Das ist nicht in Ordnung.“ Bislang scheint es, als ob sich lediglich Republikaner auflehnen, die wenig zu verlieren haben – wie Joe Walsh, der 2020 gegen Trump als Präsidentschaftskandidat antreten will.

„Trump zeigt dem amerikanischen Volk seinen Mittelfinger”, schimpfte er. Ansonsten errichten die Republikaner einen Schutzwall um Trump. „Bislang hat mir niemand darlegen können, dass Trump gegen Gesetze verstoßen hat”, sagte Rick Scott, Senator aus Florida. „Er wurde zum Präsidenten gewählt. Lassen Sie ihn Präsident sein.” Und Trumps Vertrauter Lindsey Graham, Chef im Justizausschuss im Senat, betonte: „Es gab keine Gegenleistung, keine Korruption.”

Erheblichen Einfluss auf die weiteren Geschehnisse hat der Mehrheitsführer im US-Senat, Mitch McConnell. Solange er zu Trump steht, ist ein Kippen der Reihen eher ausgeschlossen. In einem Impeachment-Prozess würden Senatoren als Richter und Geschworene fungieren.

Damit Trump aus dem Amt entfernt werden kann, müssen zwei Drittel von ihnen für eine Amtsenthebung stimmen, das entspricht 67 Stimmen. Mindestens 20 republikanische Senatoren wären dafür also vonnöten. Bislang hat kein einziger von ihnen angekündigt, er würde Trump zu Fall bringen wollen.