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Draghi läuft bei EZB-Personalie die Zeit davon

Noch gibt es keinen Favoriten für den Vizeposten der EZB-Bankenaufsicht – typisch Mario Draghi. Doch aktuelle Personalien erfordern schnelles Handeln.

EZB-Präsident Mario Draghi ist dafür bekannt, dass er wichtige Entscheidungen oft in letzter Minute trifft. Auch bei der Frage, wer künftig den Vizeposten der EZB-Bankenaufsicht übernimmt, lässt er sich Zeit. Die fünfjährige Amtszeit von Sabine Lautenschläger auf diesem Posten läuft am 11. Februar aus. Doch auch am Donnerstag hatte Draghi noch keine Antwort, wie er ihre Nachfolge regeln will.

Der EZB-Präsident muss sich auch deshalb bald entscheiden, weil das Europaparlament einem Vorschlag zustimmen muss und dafür sechs Wochen Zeit hat. Draghi steht vor einer schwierigen Wahl, weil alle Alternativen mit Problemen verbunden sind. Der Grund: Der Stellvertreter der Bankenaufsicht SSM (Single Supervisory Mechanism) muss aus dem sechsköpfigen EZB-Direktorium stammen. So soll die Verbindung der Bankenaufsicht zur restlichen Notenbank gesichert werden.

Die Amtszeit von EZB-Direktoren beträgt acht Jahre und damit drei Jahre mehr als die des Vizes der Bankenaufsicht. Draghis Dilemma ist, dass im Laufe dieses Jahres drei von sechs Direktoren ausscheiden. Somit kommen für die Lautenschläger-Nachfolge aktuell nur Luis de Guindos und Yves Mersch infrage.

Mersch' Amtszeit endet aber Ende 2020, er könnte so die fünfjährige Amtszeit als SSM-Vize nicht voll ausfüllen. Außerdem hatten de Guindos und Mersch beide früher Probleme vor dem Europaparlament, was eine Zustimmung erschweren könnte. Zwar bestätigten die Parlamentarier die Ernennung von de Guindos zum EZB-Vizepräsidenten. Die Mehrheit des Währungsausschusses hatte aber seinen Konkurrenten, den Iren Philip Lane, empfohlen.

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Die Ernennung von Mersch für das Direktorium blockierte das Europaparlament sogar sechs Monate lang, um die Position für eine Frau offen zu halten. Kritiker sehen außerdem de Guindos Vergangenheit in der Finanzkrise kritisch. Der Spanier war von 2006 bis 2008 Chef der spanischen Tochter der US-Investmentbank Lehman Brothers.

Daher gibt es in der Notenbank Gedankenspiele, dass Lautenschläger bis Jahresende kommissarisch im Amt bleiben könnte, bis ein Nachfolger von EZB-Präsident Draghi gefunden ist und die Neulinge im EZB-Direktorium feststehen. Draghis Amtszeit läuft Ende Oktober aus. Danach müssen die Aufgaben im Direktorium ohnehin neu verteilt werden, und es kämen wohl auch andere Vertreter für ihren aktuellen Job infrage.

Bereits Ende Mai läuft die Amtszeit von EZB-Chefvolkswirt Peter Praet aus. Als Favorit für die Nachfolge gilt der irische Notenbankchef Philip Lane. Die Regierung des Landes hatte ihn am Montag offiziell für das EZB-Direktorium vorgeschlagen. Noch ist offen, ob es noch andere Kandidaten gibt. Irland war seit dem Start der Währungsunion noch nie im sechsköpfigen Führungsteam der EZB vertreten.

Auch das EU-Parlament ist eingebunden

Lane gilt seit Längerem als chancenreicher Kandidat. Der 49-jährige promovierte Volkswirt war im vergangenen Jahr schon im Rennen um die Stelle des EZB-Vizepräsidenten, bis Irland seine Kandidatur zurückzog. Der frühere Wirtschaftsprofessor am Trinity College in Dublin und an der amerikanischen Columbia Universität ist seit November 2015 Gouverneur der irischen Zentralbank.

Der Auswahlprozess sieht vor, dass ab sofort Bewerbungen angemeldet werden können. Die Euro-Finanzminister wollen sich dann auf ihrem nächsten Treffen am 11. Februar auf einen Bewerber festlegen. Wer den Zuschlag bekommt, muss noch bei einer Anhörung im Europaparlament vorsprechen, welches daraufhin eine Empfehlung abgibt, die allerdings nicht bindend ist. Auf dem EU-Gipfel am 21. und 22. März soll die formelle Entscheidung fallen.

Der Posten des Chefvolkswirts ist innerhalb des EZB-Direktoriums besonders wichtig für die Geldpolitik. Das liegt unter anderem daran, dass dieser auf den Ratssitzungen die Einschätzungen der Notenbank zur wirtschaftlichen Lage präsentiert und Vorschläge macht, wie die EZB darauf reagieren soll. Lange Zeit waren in der volkswirtschaftlichen Abteilung unter den Chefvolkswirten Otmar Issing und Jürgen Stark deutsche Ökonomen sehr dominant. Das hat sich inzwischen geändert.

Die Personalie des Chefvolkswirts dürfte auch Einfluss auf das Rennen um die Draghi-Nachfolge haben, bei dem sowohl der Proporz zwischen den Ländern als auch die geldpolitische Ausrichtung der Kandidaten eine Rolle spielt. Der Ire Lane gilt als wichtiger Unterstützer der Geldpolitik Mario Draghis und als Verfechter eines lockeren geldpolitischen Kurses.

Das könnte ein Argument sein, eher einen Verfechter einer strafferen Geldpolitik zum Nachfolger Draghis als EZB-Präsident zu machen. Zu den aussichtsreichsten Kandidaten zählen derzeit der französische Notenbankchef Villeroy de Galhau, der frühere finnische Notenbankchef Erkki Liikanen und der niederländische Notenbankchef Klaas Knot.

Auch Bundesbank-Präsident Weidmann gilt als Option, obwohl seine Chancen zuletzt gesunken sind, weil Kanzlerin Merkel offenbar eher den EU-Kommissionsvorsitz für den CSU-Politiker Manfred Weber anstrebt. Auch EZB-Direktor Benoît Cœuré wird als möglicher Kandidat gehandelt. Allerdings hat er das Manko, dass die Regularien der Europäischen Zentralbank eigentlich zwei aufeinanderfolgende Amtsperioden im EZB-Direktorium ausschließen.