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So könnte in Deutschland das meiste CO2 eingespart werden

In fünf Bereichen in Deutschland besteht wesentliches CO2-Einsparungspotenzial. Was getan werden muss, um es zu nutzen – und wie weh das tun würde.

Energie, Verkehr, Industrie, Gebäude und Landwirtschaft – das sind die fünf Bereichen mit dem größten CO2-Einsparungspotenzial. Was im Einzelnen passieren müsste, wenn Deutschland beim Klimaschutz endlich ernst machen will:

Energie: Teuer erkaufte Illusionen

Windräder und Photovoltaikanlagen, verteilt übers ganze Land, sind das wohl deutlichste Zeichen für die Energiewende und den Klimaschutz in Deutschland. Das Unterfangen im Stromsektor hat bereits dreistellige Milliardenbeträge verschlungen. Doch der unbestreitbare Erfolg beim Ausbau der erneuerbaren Energien zur Stromerzeugung vermittelt einen falschen Eindruck, die CO2-Einsparungen sind teuer erkauft.

Zwar deckten die erneuerbaren Energien im vergangenen Jahr 36 Prozent des Bruttostromverbrauchs in Deutschland ab; der Wert ist in den vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen und wird das auch in den nächsten tun. Doch eine Gesamtschau offenbart gravierende Defizite.

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Die Wende in der Strombranche ist nicht mit einer Energiewende gleichzusetzen. Außen vor gelassen sind die anderen Sektoren – Energie, Industrie, Verkehr, Gebäude, Landwirtschaft. Rechnet man sie mit herein, decken die Erneuerbaren nur 14 Prozent des Primärenergiebedarfs ab.

Windräder und Solaranlagen sind Symbole der Selbsttäuschung des vermeintlich grünen Deutschlands. Die Fokussierung auf die Stromerzeugung trug dazu bei, dass in den anderen Bereichen wenig bis gar nichts geschehen ist. Umwelt- und Wirtschaftsminister haben in den vergangenen Jahren lieber Windparks eröffnet als Projekte zur Steigerung der Energieeffizienz im Gebäudesektor oder in der Industrie besucht.

Der Klimaschutz in der Stromerzeugung ist teuer erkauft worden. Derzeit belaufen sich die Kosten für die Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Quellen auf rund 25 Milliarden Euro jährlich. Insgesamt haben die Stromverbraucher in den vergangenen Jahren Monat für Monat insgesamt einen hohen dreistelligen Milliardenbetrag überwiesen, um den Ausbau der Erneuerbaren zu ermöglichen. Laut den jüngsten Zahlen der europäischen Statistikbehörde Eurostat zahlen die Privathaushalte in Deutschland europaweit die höchsten Strompreise.

Die Energiewende in Deutschland ist im Grunde nur eine Stromwende. Dahinter steckt eine ernüchternde Erkenntnis: Windräder und Photovoltaikanlagen sind unter dem Aspekt des Klimaschutzes nicht besonders effizient. Mit dem eingesetzten Geld hätte man in anderen Sektoren wesentlich größere CO2-Einsparungen erzielen können.

Immerhin scheint die Kostenbelastung für den Stromverbraucher aufgrund des Ausbaus der Erneuerbaren Anfang des kommenden Jahrzehnts erreicht zu sein. Eine neue Generation von Windrädern und Photovoltaikanlagen arbeitet deutlich effizienter, konventionell hergestellter Strom wird zudem durch CO2-Zertifikate wie auch möglicherweise steigende Brennstoffpreise teurer.

Wie geht es weiter mit dem Klimaschutz im Energiesektor? Die Große Koalition will den Ausbau der erneuerbaren Energien zur Stromproduktion noch einmal beschleunigen, um im Klimaschutz voranzukommen. Das Ziel, den Anteil der Erneuerbaren an der Stromproduktion bis 2040 auf 65 Prozent zu erhöhen, haben CDU, CSU und SPD in ihrem Koalitionsvertrag auf 2030 vorgezogen. Fachleute halten das für erreichbar.

Als Achillesferse beim Ausbau der Erneuerbaren erweisen sich die Stromnetze. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) startete im Sommer eine Initiative, mit der er den Ausbau von Stromleitungen beschleunigen will. Der Rückstand beim Netzausbau ist enorm. Mittlerweile streiten SPD und Union darüber, ob das Stromnetz die im Koalitionsvertrag zugesagten Sonderausschreibungen für Wind- und Sonnenstromprojekte überhaupt verkraften kann.

Während die Bundesregierung sich bemüht, beim Ausbau von Windrädern und Photovoltaikanlagen voranzukommen, will sie Kohlekraftwerke, die bis heute mit einem Anteil von noch 35 Prozent das Rückgrat der Stromversorgung bilden, möglichst rasch abschalten. Eine von der Regierung eingesetzte Kommission soll das Aus für die Kohle organisieren. Ein Anstieg der Strompreise und eine Gefährdung der Versorgungssicherhit sollen möglichst vermieden werden. Die Risiken sind erheblich.

Es bleibt die bitterste Erkenntnis: Der kostenträchtige Sonderweg Deutschlands mit der sehr langen und üppigen Förderung der erneuerbaren Energien besitzt streng genommen keine Auswirkungen auf die Erfüllung der Klimaziele. Das gilt selbst, wenn es zum beschleunigten Kohleausstieg kommt. Seinen europäischen Reduktionsverpflichtungen im Energiesektor kommt Deutschland ohnehin durch den europäischen Emissionshandel nach.

Verkehr: Dramatisch anspruchsvoll

Beim Deutschen Logistiktag in Berlin sprach der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI) ein großes Lob aus: Es sei „ein Erfolg, dass die Treibhausgasemissionen im Verkehr nahezu konstant geblieben sind“, sagte Dieter Kempf diese Woche. Zwar wurden 1990 noch 164 Millionen Tonnen CO2 im Verkehrssektor emittiert, während es heute 171 Millionen sind. In der Zeit habe aber auch der Verkehr stark zugenommen.

In der Tat ist die Effizienz bei Motoren und Fahrzeugen gestiegen, ganz gleich, ob bei Flugzeugen, Schiffen, der Bahn oder bei Autos und Lastwagen. Zugleich aber sind im Straßenverkehr die Fahrzeuge größer, schwerer und leistungsstärker geworden. Aus diesem Bereich stammen 60 Prozent der Emissionen des Verkehrssektors.

Und so ist der Sektor im wahrsten Sinne des Wortes Meilen von den nationalen Klimavorgaben entfernt, 40 bis 42 Prozent weniger CO2 bis 2030 zu emittieren als 1990. 70 Millionen Tonnen müssten dafür eingespart werden.

Vom nötigen „Strukturwandel“ ist längst die Rede. „Wenn die Politik ihr Ziel ernst nimmt“, sagt der Ökonom Thomas Puls vom Institut der deutschen Wirtschaft (IW), „dann wird es ohne Eingriffe in den Verkehr nicht gehen.“ Von höheren Steuern ist die Rede, von einer echten Pkw- und höheren Lkw-Maut, auch vom Tempolimit. Und da die Autoindustrie die Emissionen laut EU-Plänen bei Neufahrzeugen ab 2030 um 35 Prozent senken muss, rechnet die Branche, dass dies nur mit einem ebenso hohen Anteil an Elektroautos gelingt. Dann aber bliebe laut IW-Forscher Puls immer noch eine Lücke von gut 40 Millionen Tonnen zum Klimaziel.

Strom wird bis 2030 zudem nicht emissionsfrei sein. Das hat Anfang der Woche auch noch einmal VW-Chef Herbert Diess betont. CO2-haltiger Strom aus Braunkohle werde die Umweltbilanz „eher noch verschlechtern als verbessern. Das treibt die Idee der Elektromobilität ad absurdum“, sagte Diess. Politisch indes spielt dies paradoxerweise keine Rolle: Elektrisch betriebene Fahrzeuge gelten als CO2-freie Fahrzeuge, weil die Emissionen der Stromerzeugung nicht berücksichtigt werden. Das Argument: Die Stromerzeuger nehmen am Zertifikatehandel teil, womit diese Emissionen bereits Teil der Gesamtrechnung sind.

Die Autoindustrie setzt auf alternative synthetische Kraftstoffe, die mit erneuerbaren Energien produziert werden. E-Fuels aber will die EU bislang nicht anerkennen.

Doch die Zahl der Unterstützer nimmt zu: Diese Woche verfassten die Verkehrsminister der Bundesländer auf ihrer Konferenz einen entsprechenden Beschluss. Die Klimaschutzlücke lasse „sich nicht allein durch den Umstieg auf umweltfreundliche Verkehrsmittel überbrücken“, begründete Baden-Württembergs Minister Winfried Hermann von den Grünen. Eine Erneuerbaren-Quote sei „ein gutes und technologieneutrales Instrument“.

Über den richtigen Instrumentenmix diskutiert derzeit eine Regierungskommission zur Zukunft der Mobilität. Bis Jahresende soll sie Optionen vorlegen, die dann in das für Ostern vorgesehene Klimaschutzgesetz einfließen sollen, um die Klimaziele zu erreichen.

„Wir müssen uns entscheiden, was wir uns leisten wollen, um unsere ökologischen Ziele zu erreichen“, gibt Franz Loogen, Leiter der zuständigen Arbeitsgruppe der Kommission, vor. Das Ziel sei ein CO2-armer und umweltfreundlicher Verkehr, „der sich auch marktwirtschaftlich rechnet“. Für BDI-Chef Kempf sind die Klimaziele ein „dramatisch anspruchsvolles Unterfangen“.

Industrie: Grenzen des Machbaren

Es vergeht kaum eine Rede, in der Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier nicht den hohen Anteil der Industrie an der Bruttowertschöpfung als Stärke Deutschlands preist. In der Tat: Der Anteil liegt mit rund einem Viertel deutlich höher als in Frankreich, Italien, Großbritannien oder den USA. Nach der Finanzkrise des Jahres 2008 sei es besonders der Industrie zu verdanken gewesen, so der CDU-Politiker, dass Deutschland relativ rasch wirtschaftlich wieder genesen sei. Also müsse man die Industrie hegen und pflegen.

Die Kehrseite der Sache ist aber: Mehr als 20 Prozent der CO2-Emissionen stammen aus dieser Branche. Will man den CO2-Ausstoß senken, kommen Interessenkonflikte auf. Besonders die energieintensive Industrie fühlt sich durch die Klimaziele drangsaliert. An ihren Problemen offenbart sich die Widersprüchlichkeit der deutschen Umweltpolitik.

Die Anlagen der energieintensiven Branchen – Stahl, Metalle, Chemie, Papier, Zement – sind dem Europäischen Emissionshandelssystem unterworfen. Für jede Tonne CO2, die die Anlagen emittieren, müssen die Betreiber ein Emissionszertifikat vorhalten. Einen Teil der Zertifikate bekommen sie kostenlos zugeteilt, einen stetig wachsenden Teil müssen sie kaufen. Das wird auf Dauer teuer und schränkt die internationale Wettbewerbsfähigkeit ein.

Die Unternehmen sehen sich als Opfer übertriebenen Ehrgeizes in der Klimaschutzpolitik. Die Zuteilung der kostenlosen Zertifikate richte sich teilweise nach unerfüllbaren Kriterien, kritisieren sie. Der Bundesregierung werfen sie vor, sich in Brüssel nicht immer ausreichend für ihre Belange eingesetzt zu haben. Die Branche zieht offenbar die Konsequenzen daraus: Seit Jahren investiert die energieintensive Industrie in Deutschland weniger als sie abschreibt. Mit anderen Worten: Die Unternehmen zehren ihre Substanz auf.

Wenn im Klimaschutz die Schraube angezogen wird, wird irgendwann ein Punkt, an dem weitere Einsparungen und Effizienzsteigerungen nicht möglich sind. Mit anderen Worten: die energieintensiven Branchen kommen dann an die Grenzen des physikalisch-technisch Machbaren. Ihre Anlagen stoßen so genannte prozessbedingte CO2-Emissionen aus, die sich nicht weiter reduzieren lassen.

Den Umstand bestreitet auch niemand. Aber keine Bundesregierung schaffte es bislang, dafür eine Lösung anzubieten. Trotzdem definiert sie Klimaschutzziele, die die Industrie unter den gegebenen Umständen nicht erreichen kann.

Dabei gibt es Lösungsmöglichkeiten: Die Abscheidung und unterirdische Speicherung von Kohlendioxid, das „Carbon Capture and Storage“ (CCS). Das ist in Deutschland de facto nicht möglich. Ein Gesetz erlaubt es seit 2012 den Bundesländern, auf ihrem Territorium die CO2-Speicherung auszuschließen.

Die amtierende Bundesregierung macht keine Anstalten, daran etwas zu ändern. Niemand will sich an dem Thema die Finger verbrennen. „Es geht allein in Deutschland um prozessbedingte CO2-Emissionen der Industrie von 60 Millionen Tonnen jährlich. An diesen Emissionen kommen wir schwerlich vorbei, weil wir die Gesetze der Physik und der Chemie nicht aushebeln können“, sagt Hans-Joachim Kümpel, bis 2016 Präsident der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR).

Kümpel ist sich sicher: Jetzt müssen entsprechende Technologien entwickelt werden, die ab 2030 zur Verfügung stehen. Zu ähnlichen Ergebnissen kam auch die Anfang 2018 vom Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) vorgestellte Studie „Klimapfade 2050“. Der BDI-Studie zufolge sind die angestrebten CO2-Reduktionen im Industriesektor ohne CCS nicht denkbar. Die Bundesregierung allerdings ignoriert diese Erkenntnis.

Gebäude: Ungenutzte Chance

Der Immobiliensektor gilt als Schlüsselfaktor beim Klimaschutz. In der energetischen Gebäudesanierung steckt viel Potenzial, Kohlendioxid einzusparen. Gebäude stehen für etwa 35 Prozent des Gesamtenergieverbrauchs in Deutschland und für etwa ein Drittel der CO2-Emissionen.

Doch die Sanierung des Gebäudebestands kommt nur schleppend voran. Die Frage, wie eine energetische Gebäudesanierung auszusehen hat, ist längst zu einem Glaubenskrieg geworden. Sind es strombetriebene Wärmepumpen oder Gaskessel in Kombination mit solarthermischen Anlagen und andere Hybridlösungen?

Eine Möglichkeit wäre auch die Nutzung vorhandener Infrastrukturen für Strom, Gas und Öl, um aus Wind- oder Sonnenstrom mittels Elektrolyse CO2-neutral gasförmige und flüssige Kraftstoffe zu produzieren.

Beim Wohngipfel im September im Kanzleramt spielte der Klimaschutz so gut wie keine Rolle. Das Thema ist unbeliebt: Energieeffizienz gilt als Kostentreiber sowohl beim Bau als auch bei der Sanierung von Wohnungen. Doch Fakt ist: Will die deutsche Regierung das Ziel, einen nahezu klimaneutralen Gebäudebestand bis 2050 zu erreichen, nicht verfehlen, dann muss die Sanierungsquote dringend gesteigert werden.

Beim Neubau hat die Bundesregierung über Jahre die Mindesteffizienzstandards angehoben. Angesichts der geringen Neubautätigkeit ist der Effekt jedoch minimal. Der Bestand insgesamt wird nicht wesentlich effizienter, die Sanierungsquote erreicht nicht einmal den Wert von einem Prozent pro Jahr. Erforderlich wären zwei bis drei Prozent. Schließlich wurden 65 Prozent der insgesamt knapp 19 Millionen Wohngebäude vor 1979 errichtet, also bevor die erste Wärmeschutzverordnung in Kraft trat. Sie sind gar nicht oder unzureichend gedämmt.

Nach Berechnungen der Deutschen Energie-Agentur dena benötigen Gebäude aus der Nachkriegszeit im Durchschnitt dreimal so viel Energie wie heutige Standard-Neubauten. Selbst in Häusern aus den Neunzigerjahren liegt der Verbrauch noch etwa doppelt so hoch.

Seit Jahren debattiert die Politik darüber, für energetische Sanierungsmaßnahmen eine steuerliche Abschreibungsmöglichkeit zu schaffen – bislang ohne Erfolg. Dabei ist ein Kernvorhaben zur Erreichung der Energiewende in dem Bereich. „Der Gebäudebestand ist die größte Stellschraube, die wir haben, den CO2-Ausstoß unseres Sektors zu reduzieren“, sagt Andreas Mattner, Präsident des Zentralen Immobilien Ausschusses (ZIA). Der Gesetzgeber sollte die energetische Ertüchtigung von Gebäuden mittragen, „sonst müssen Eigentümer, Mieter und Nutzer die Kosten alleine stemmen“.

Im Koalitionsvertrag von Union und SPD ist das Vorhaben verankert. Die Bundesregierung will eventuell die Förderung im Rahmen des laufenden parlamentarischen Verfahrens für den Haushalt 2019 noch berücksichtigen, heißt es im Wirtschaftsministerium. In der Branche rechnet kaum jemand mehr mit einem schnellen Durchbruch. Am Ende müssten auch die Länder über den Bundesrat zustimmen.

Dringend nötig ist ein einheitliches Gebäudeenergiegesetz. Bislang gibt es ein juristisches Potpourri aus Energieeinsparverordnung, dem Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz (EEWärmeG) und Energieeinspargesetz. Ein Referentenentwurf wollen Wirtschafts- und Bauministerium in den nächsten Wochen vorlegen.

Landwirtschaft: Weg von Monokulturen

Der Umweltschutz gehört seit jeher zu den größten Streitpunkten in der Agrarpolitik. Ob es um die Belastung des Grundwassers mit Nitrat oder den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln wie Glyphosat geht: Umwelt- und Agrarressort geraten in der Regierung regelmäßig aneinander.

Die Bauern befinden sich in einer Zwickmühle. Landwirtschaftliche Treibhausgasemissionen beruhen zu einem nicht geringen Teil auf natürlichen physiologischen Prozessen, sind daher nur eingeschränkt reduzierbar. Zugleich ist die Landwirtschaft schon heute von extremen Wetterlagen wie Hitze, Dürre, Sturm, Überschwemmungen, Hagel oder Frost betroffen, die von Experten zum Teil bereits dem Klimawandel zugeschrieben werden.

Ein Beispiel war der trockene Sommer in diesem Jahr, der Bauern in manchen Regionen die schlechteste Ernte seit Jahrzehnten beschert hat.

Der Landwirtschaftssektor ist in Deutschland für rund acht Prozent der Treibhausgasemissionen verantwortlich, entlastet aber zugleich die Atmosphäre, weil Boden, Wald und Holz Kohlenstoffdioxid aufnehmen. Zu den größten Emissionsquellen gehören Lachgasemissionen als Folge des Stickstoffeinsatzes bei der Düngung, Methanemissionen aus der Verdauung von Wiederkäuern sowie Emissionen aus dem Kraftstoffeinsatz landwirtschaftlicher Maschinen und Fahrzeuge. Bis 2030 soll die Branche 31 bis 34 Prozent weniger Treibhausgase ausstoßen als 1990.

Eine Reihe von Umweltschützern fordert vor allem die Abkehr von Massentierhaltung und Überdüngung, um die klimaschädlichen Emissionen zu mindern. Anderen geht es um den Viehbestand in Deutschland und den Verzehr von Tierprodukten ganz allgemein.

Die Rechnung ist einfach: Weniger Fleisch bedeutet weniger Treibhausgase, das Nutzvieh fällt mit Methanemissionen nachteilig ins Gewicht. Das Problem von Futtermittelknappheit im Falle eines extrem trockenen Sommers wie in diesem Jahr würde verhindert. Und zugleich verringerten sich die Emissionen durch Lkw-, Flug- und Schiffsverkehr, weil Fleischtransporte innerhalb Deutschlands und in die Welt zurückgingen.

In vollem Gang ist auch die Diskussion um die Zukunft der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) der Europäischen Union für die Förderperiode ab 2021. Hier wird vor allem über die Frage gestritten: Soll es künftig mehr Anreize und Geld für Bauern geben, wenn sie hohe Umwelt- und Tierschutzstandards erfüllen oder in schwierigen Lagen wie Bergregionen Landschaftspflege betreiben?

Bislang orientiert sich die Förderung vor allem an der Größe der landwirtschaftlichen Betriebe. Deutsche Bauern erhalten 300 Euro je Hektar, das könnte künftig gedeckelt werden. Die GAP ist der größte Posten im EU-Haushalt, ihr kommt eine enorme Bedeutung zu, und sie ist entsprechend umstritten.

Wie alle anderen Ministerien ist auch das Landwirtschaftsressort beim Klimaschutz gefordert. Bis Ende dieses Jahres solle es konkretisieren, was die Agrarwirtschaft zum Schutz des Klimas beitragen kann. Das von Julia Klöckner (CDU) geführte Ministerium bestätigt auf Nachfrage, an einem Maßnahmenkatalog zu arbeiten. Mit der Novelle der Düngeverordnung und der fortgesetzten Förderung des ökologischen Landbaus gebe es bereits eine Grundlage, auf der aufgebaut werden könne, heißt es.

In Vorbereitung ist auch eine Grünland- und Ackerbaustrategie, um sich besser an den Klimawandel anzupassen. Klöckner will weg von Monokulturen und den damit verbundenen Abhängigkeiten. Die Ministerin spricht sich für eine größere Vielfalt an Feldfrüchten aus.