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Warum sich Deutschland zum Sorgenkind der Windbranche wandelt

Weltweit boomt die Nachfrage nach Windkraft. Nur in Deutschland verschlechtert sich die Stimmung in der Branche laut einer Umfrage zunehmend.

Insolvenzen, Stellenabbau, immer weniger neue Windräder – es scheint, als mache die Windindustrie genau das durch, wovon die Solarbranche sich gerade erst erholt hat. Deutschland, der einstige Windenergie-Vorreiter, schwächelt.

Das Problem: Der Bau neuer Windmühlen gerät ins Stocken. Die Bundesnetzagentur spricht angesichts der mauen Ergebnisse der vergangenen Ausschreibung für Windprojekte an Land gar von „einer neuen, besorgniserregenden Dimension“.

Die Stimmung in der Branche ist entsprechend schlecht. Das zeigt eine Umfrage, die das Marktforschungsinstitut Windresearch zusammen mit der weltgrößten Windmesse WindEnergy durchgeführt hat. In Deutschland bewerten die befragten Projektierer, Betreiber und Hersteller die Situation der Branche negativ. Im Rest der Welt dagegen ist die Stimmung bestens: Die über 4000 befragten Windunternehmen aus aller Welt bewerten die internationale Situation ihrer Branche in diesem Jahr noch besser als 2018. Die Umfrage liegt dem Handelsblatt exklusiv vor.

Damit wird Deutschland für die weltweit boomende Branche zum Sorgenkind. Laut einer Analyse der Fachagentur Windenergie an Land (FA Wind) ist die Ausbausituation im ersten Quartal 2019 so schlecht wie seit der Jahrtausendwende nicht mehr. Lediglich 41 Windenergieanlagen mit einer Gesamtleistung von 134 Megawatt sind in den ersten Monaten des Jahres dazugekommen. Im Vergleich zu den Vorgängerjahren ist der Markt somit um knapp 90 Prozent eingebrochen.

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Der Bundesverband Windenergie (BWE) führt die schwierige Lage auf die Begrenzung der möglichen Zubaumenge und den Fehlstart der freien Ausschreibungen zurück. „Nach jetziger Datenlage ist kaum davon auszugehen, dass die Zuschläge aus dem Jahr 2017 tatsächlich zeitnah umgesetzt werden. Zuschläge in Höhe von 2.500 Megawatt drohen wertlos zu werden“, warnt Hermann Albers, Präsident des BWE.

Schwierigkeiten bei Zulassungen und Ausschreibungen

Als die schwarz-rote Bundesregierung das System fester staatlicher Vergütungen im Jahr 2017 auf freie Ausschreibungen umgestellt hatte, bei denen nur noch der günstigste den Zuschlag erhält, sollten auch Bürger die Chance haben Windprojekte umzusetzen. Um es ihnen leichter zu machen, wurde diesen Bürgerwindprojekten mehr Zeit für den Bau gewährt und sie durften an den Ausschreibungen teilnehmen, ohne alle erforderlichen Genehmigungen vorlegen zu müssen.

In den ersten Auktionen ging die Mehrzahl der Projekte an eben solche Bürgerwindparks, von denen viele nun gar nicht realisiert werden können, weil ihnen die Genehmigung fehlt. Nach einer Gesetzesänderung sind seit 2018 deswegen nur noch genehmigte Projekte erlaubt.

Hinzu kommt eine schwierige Lage bei den Zulassungen für Windparks, die immer öfter auf Gegenwehr in Form von Klagen stoßen. Die Folge: bei den heimischen Größen der Windindustrie bleiben die Aufträge aus. Wegen der Flaute im Heimatmarkt müssen seit anderthalb Jahren immer mehr Zulieferer Tausende von Mitarbeitern entlassen.

Erst im April hatte der Turbinenhersteller Senvion Insolvenz angemeldet. Zwar versuchen die Hersteller ihr Geschäft mehr auf ausländische Märkte zu konzentrieren, aber auch hier gestaltet sich die Lage trotz steigender Nachfrage als schwierig.

Für kleinere Turbinenbauer wird der international herrschende Preisdruck immer mehr zum Problem. „Seit ein paar Jahren zeigt sich immer deutlicher, dass die großen Turbinenhersteller sich behaupten können, während die kleineren sich schwerer tun und an Boden verloren haben“, erklärt Wolfgang Krenz von dem Beratungsunternehmen Oliver Wyman.

Denn nicht nur in Deutschland wurde das System von bequemen Festvergütungen auf plötzlichen Wettbewerb in freien Ausschreibungen umgestellt. Seit 2015 ist der Preis für Onshore-Anlagen laut einer aktuellen Branchenstudie von Oliver Wyman um fast 20 Prozent gesunken. Das hat die Windenergie zwar kostenmäßig wettbewerbsfähig gemacht, fordert nun aber auch seinen Tribut.

So hat sich das Marktumfeld deutlich verändert. Die Ebit Marge der Branchenführer ist in den vergangenen vier Jahren im Schnitt von knapp sieben Prozent auf etwas über ein Prozent 2018 gefallen. Bei den Hamburgern Nordex und Senvion sowie dem indischen Konkurrenten Suzlon, ist sie sogar unter die Profitabilitätsgrenze gesunken.

Ausweg aus der Misere: Fusionen und Fokussierung

Damit es nicht zu weiteren Insolvenzen wie im Fall Senvion kommt, sieht Krenz nur eine Option. „Die einzige Möglichkeit für kleinere Windkonzerne ist, sich entweder mit einem der großen zusammenzutun oder auf ein sehr fokussiertes Geschäftsmodell zu setzen, beispielsweise in ausgewählten Märkten sehr dominant zu sein.“

Das haben einige schon erkannt und sich zusammengetan, um auf dem hart umkämpften Markt zu bestehen. 2015 hat sich GE die Windsparte der französischen Alstom einverleibt, ein Jahr später hat sich Nordex mit dem spanischen Konzern Acciona zusammengetan und 2017 folgte dann die große Fusion von Siemens und der spanischen Gamesa.

Auch in diesem Jahr könnte wieder eine große Partnerschaft geschlossen werden. Der indische Konzern Suzlon könnte für Marktprimus Vestas aus Dänemark interessant werden, um sich einen breiten Zugang zu dem wachsenden indischen Windgeschäft zu sichern. „Obwohl der Preisverfall jetzt erst einmal an ein Ende kommt – die Konsolidierung wird weitergehen“, schätzt auch Krenz.

Diese Einschätzung teilen auch die befragten Unternehmen des Trendindex, über die Hälfte von ihnen rechnet sowohl On- als auch Offshore mit einer weiteren Verkleinerung des Marktes. Trotzdem bewerten sie die Gesamtsituation außerhalb Deutschlands als positiv. Ab 2021 rechnet die Branche dann mit einer Entspannung des Marktes, auch für das Sorgenkind Deutschland.