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Dax schließt mit größtem Tagesverlust seit zwei Wochen – Wirecard rutscht fast 30 Prozent ab

Der deutsche Leitindex rutscht kräftig ab und nähert sich der Marke von 12.000 Punkten. Turbulent verläuft mal wieder der Handel mit der Wirecard-Aktie.

Die Stimmung der Anleger ist neutral, das deutet auf nur leichte Kursschwankungen im Dax hin. Foto: dpa
Die Stimmung der Anleger ist neutral, das deutet auf nur leichte Kursschwankungen im Dax hin. Foto: dpa

Neue Corona-Sorgen sowie die Gefahr weiterer US-Zölle auf Waren aus Europa haben am Mittwoch die Anleger verschreckt. Kursverluste an der Wall Street verstärkten den Verkaufsdruck, sodass der Dax 3,4 Prozent im Minus schloss bei 12.094 Punkten. Das ist der größte Tagesverlust seit zwei Wochen.

Am gestrigen Dienstag hatte die Frankfurter Benchmark noch 2,1 Prozent im Plus bei 12.524 Punkten geschlossen. Es war der höchste Schlusskurs seit zwei Wochen.

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„Die Börsen stehen am Scheideweg“, sagte Marktanalyst David Madden vom Handelshaus CMC Markets. „Die Anleger sind unsicher, ob der Anstieg der Coronavirus-Fälle als neue Normalität oder als Vorbote für weitere Lockdown-Szenarien gesehen werden soll.“ Mehrere US-Bundesstaaten meldeten eine Zunahme der Infektionen um bis 50 Prozent und die Zahl der Todesopfer in Lateinamerika überschritt die Marke von 100.000, wie aus einer Zählung der Nachrichtenagentur Reuters hervorgeht.

Die Meldung, dass sich nach dem historischen Tief die Stimmung in den deutschen Chefetagen weiter aufhellt, verpuffte dadurch. Der Anstieg des Ifo-Index lud die Anleger offenbar sogar zu Gewinnmitnahmen ein: Der Dax vergrößerte seine Verluste anschließend.

Der Ifo-Geschäftsklimaindex für Juni stieg auf 86,2 Zähler von 79,7 Punkten im Mai, wie das Münchner Ifo-Institut am Mittwoch mitteilte. „Die deutsche Wirtschaft sieht Licht am Ende des Tunnels“, sagte Ifo-Präsident Clemens Fuest. Die vom Ifo befragten Manager schätzten ihre Geschäftsaussichten und – erstmals seit Beginn der Coronakrise – auch ihre Lage wieder günstiger ein als zuletzt.

„Das Schlimmste der Krise liegt hinter uns, und mit der deutlichen Stimmungsaufhellung werden Hoffnungen auf eine konjunkturelle Erholung geschürt“, meinen die Experten der Helaba. Von einer Rückkehr zur Normalität könne allerdings noch nicht gesprochen werden, denn die Indexniveaus seien weiterhin vergleichsweise niedrig.

Die kommenden Handelswochen dürften an der Frankfurter Börse vermutlich eher ruhig verlaufen – zumindest wenn man die turbulenten Handelsverläufe in den vorherigen Wochen als Maßstab nimmt.

Einige Anleger haben Umfragen zufolge den Wiedereinstieg verpasst, dementsprechend hat der Dax noch etwas Luft nach oben. Doch die Anlegerstimmung signalisiert, dass die Rally seit Mitte März langsam ausläuft. So rechnet der Verhaltensökonom Joachim Goldberg, der die Umfrage der Börse Frankfurt auswertet, ab Kursen von 13.000 Punkten mit Gewinnmitnahmen. Auf der anderen Seite gibt es aber auch keine Signale, dass der Index bald wieder abstürzt.

Entsprechend fällt auch das Volatilitätsbarometer am deutschen Aktienmarkt, der VDax. Gegenüber dem Rekordhoch Mitte März hat sich dieser Wert fast gedrittelt, mit rund 33 Punkten liegt er nur knapp über dem Tief der vergangenen drei Monate.

Dieser Index spiegelt die von Profis erwartete Schwankungsbreite des Aktienmarktes wider. Je höher der VDax notiert, desto höhere Kursschwankungen erwarten Anlageprofis in den kommenden Handelstagen und -wochen. Das VDax-Vorkrisenniveau Mitte Februar dieses Jahres lag bei ungefähr 15 Punkten.

„In unserem Kernszenario ohne zweite Infektionswelle rechnen wir mit einem „zähen Sommer“ – einer volatilen Seitwärtsbewegung mit Rückschlägen um bis zu zehn Prozent“, meint auch Chefstratege Bernd Meyer von der Berenberg Bank.

Heftiges Auf und Ab bei Wirecard

Ausgerechnet an dem Tag, an dem sich der bisherige Vorstandschef Markus Braun den Strafverfolgungsbehörden gestellt hat, erzielte die Wirecard-Aktie den größten Wertzuwachs seit Langem. 18,8 Prozent plus am Dienstag, bei einem vergleichsweise hohen Handelsvolumen von 17,2 Millionen Papieren. Während der Crashtage wurden zwar rund 40 Millionen Stück gehandelt, doch das durchschnittliche Volumen seit Jahresanfang liegt bei 3,3 Millionen Papieren täglich.

Auch am heutigen Mittwoch verlief der Handel mit der Aktie turbulent. Nach einem Plus von acht Prozent zum Auftakt und einem Kurs von 19,80 Euro fiel das Papier deutlich zurück und schloss 28,3 Prozent im Minus bei 12,30 Euro.

Sind Hedgefonds aktiv, die ihre Short-Spekulationen auflösen? Denn stur und mit gutem Timing haben die Fonds auf fallende Kurse bei der Wirecard-Aktie gesetzt. Und sie sind zumindest noch am Montag dieser Woche stur geblieben.

Ihre Leerverkaufsquote beläuft sich laut den aktuellen Daten im „Bundesanzeiger“ mindestens 13,92 Prozent und ist bislang nur wenig gesunken. Am Donnerstag lag dieser Wert noch bei 15,2 Prozent, Quoten unterhalb von 0,5 Prozent müssen nicht gemeldet werden. Die neuen Daten vom gestrigen Dienstag zeigen, dass sich bislang wenig getan. Ein Hedgefonds hat am Dienstag seine Quote um 0,29 gesenkt, zwei andere insgesamt 0,26 Prozentpunkte erhöht.

Shortseller wetten über sogenannte Leerverkäufe auf fallende Kurse. Dafür leihen sie sich gegen eine Gebühr eine Aktie für eine bestimmte Zeit und verkaufen diese anschließend am Markt. Ihr Kalkül: Sinkt der Preis bis zum Rückgabedatum, können sie die Titel an der Börse günstiger zurückkaufen.

Die Differenz zwischen dem Verkaufs- und dem gesunkenen Rückkaufskurs streichen sie als Profit ein. Steigt der Kurs dagegen, droht den Leerverkäufern ein Verlust.

In den vergangenen Tagen waren aber nicht nur Hedgefonds aktiv, für die hohen Umsätze sorgte auch Vorstandschef Markus Braun. Er soll rund 5,5 Millionen seiner rund 8,7 Millionen Wirecard-Aktien am Donnerstag und Freitag verkauft haben. Diese Aktien sollen eine Sicherheit für einen Kredit bei der Deutschen Bank gewesen sein. Und mit dem Kursrutsch reichte die Summe nicht mehr.

Langjährige Trader kennen die Problematik: Es war letztendlich ein sogenannter Margin Call. Der Begriff stammt aus der Praxis von Brokern, die ihre Kunden anrufen, um sie darüber zu informieren, dass das vorhandene Kapital unterhalb des Mindestbetrags gefallen ist, der für die Fortsetzung des Deals notwendig ist. Mittlerweile geschieht das per E-Mail, doch das anschließende Procedere ist gleich. Entweder Kapital nachschießen oder alles verkaufen – egal wie hoch die Verluste sind.

Auch am Anleihemarkt ging der Kursverfall bei Wirecard-Papieren weiter. Der Kurs einer bis 2024 laufenden Anleihe fiel weiter und wurde zeitweise noch mit 16 Cent pro Euro gehandelt. Im Gegenzug kletterte die Rendite der Anleihe auf über 50 Prozent. Zum Vergleich: Im Schnitt liegt die Rendite für Anleihen von europäischen Unternehmen, die wie Wirecard ein Dreifach-B-Rating haben, bei 1,1 Prozent.

Kleinanleger dürften allerdings von den Kursverlusten nicht betroffen. Sowohl die Anleihe als auch die Wandelanleihe wurden mit einer Stückelung von 100.000 Euro pro Anleihe begeben

Wie sehr Anleger Unsicherheit hassen, zeigt das Beispiel Deutsche Lufthansa. Seitdem unklar ist, ob das milliardenschwere Rettungspaket der Bundesregierung von den Aktionären angenommen wird, fällt die Aktie deutlich. Seit dem 9. Juni hat das Papier mehr als 30 Prozent an Wert verloren, allein am gestrigen Handelstag gab es ein Minus von 4,5 Prozent. Am heutigen Mittwoch verlor der Titel weitere 4,7 Prozent.

Erschwerend kommt hinzu, dass niemand weiß, was Großaktionär Heinz Hermann Thiele vorhat, der den Rettungsplan ablehnt. Seine Pläne bleiben ein Rätsel.

Der staatliche Rettungsplan könnte schwerwiegende Nachteile für die Deutsche Lufthansa haben. Denn in gut einem Jahr wird eine neue Bundesregierung gewählt. Und nach einem Regierungswechsel könnten plötzlich zwei staatliche Vertreter im Aufsichtsrat sitzen, die das Fliegen generell ablehnen.

Blick auf die Einzelwerte

Wacker Chemie: Der SDax-Wert verlor gut fünf Prozent. Händler verwiesen auf eine Herabstufung der Citigroup. Die Analysten schraubten die Bewertung der Aktien auf „sell“ von „neutral“ herunter.

Europcar: Die Aktie stieg in Paris zunächst um bis zu 17 Prozent auf ein Zwei-Wochen-Hoch von 2,78 Euro, ehe sie ihre Gewinne nahezu vollständig wieder abgab und 1,3 Prozent im Plus schloss. Volkswagen ist Insidern zufolge in Übernahmegesprächen mit dem französischen Autovermieter. Die VW-Aktie gibt dem allgemeinen Markttrend entsprechend 4,8 Prozent ab.

Deutsche Bank: Die Aussicht auf langfristig niedrige Zinsen setzte den Finanzwerten dagegen zu, schrieben die Analysten der Berenberg Bank. Wegen Einnahmeausfällen im klassischen Kreditgeschäft müsse mit enttäuschenden Geschäftszahlen der Institute gerechnet werden. Der europäische Bankenindex verlor 4,3 Prozent, das Papier der Deutschen Bank gab 5,1 Prozent nach.

Blick auf andere Assetklassen

Gold steht kurz davor, die Marke von 1.800 Dollar zu überwinden. Der Preis des Edelmetalls erreichte mit 1773 Dollar je Feinunze (31,1 Gramm) am heutigen Mittwoch den höchsten Stand seit etwa siebeneinhalb Jahren. Das Rekordhoch von 1921 Dollar, erreicht im Jahr 2011, ist allerdings noch ein gutes Stück entfernt.

„Gold ist ein klarer Gewinner der Pandemie“, sagte Marktanalyst Neil Wilson vom Broker Markets.com. Unterstützung erhalte der Rohstoff von einem schwächelnden Dollar und der Flut billigen Geldes der Notenbanken weltweit. Denn angesichts steigender Infektionszahlen könnten weitere Stimulierungsmaßnahmen der US-Regierung und der US-Notenbank erforderlich sein. Die atemberaubende Geldentwertung durch die Ausweitung der Zentralbankliquidität und der Staatsverschuldung würde sich damit fortsetzen.

„Es ist ausgemachte Sache, dass die Leitzinsen für lange Zeit auf niedrigem Niveau bleiben werden“, erläuterte Händler Alexander Zumpfe vom Edelmetall-Spezialisten Heraeus. „Davon profitiert Gold, welches ja selbst keine Zinsen zahlt und als Inflationsschutz gilt.“

Da die realen US-Zinssätze (abzüglich der Inflation) negativ sind, prognostizieren Banken wie Goldman Sachs einen Goldpreis von 2000 Dollar in den kommenden zwölf Monaten.

Was die Charttechnik sagt

Die Börsen erwarten eine fulminante Wirtschaftserholung, zumindest bei Technologiewerten. Anders ist es nicht zu erklären, dass die US-Technologieindizes Nasdaq Composite und Nasdaq 100 neue Allzeithochs erreicht haben.

Das hat bereits den deutschen Aktienmarkt beflügelt, der am gestrigen Dienstag mit 12.616 Punkten ein neues Verlaufshoch der vergangenen zwei Wochen erreicht hatte.

Auf der Unterseite bietet eine Kombination aus den Glättungslinien der vergangenen 200 Tage (aktuell bei 12.156 Punkten) sowie 200 Wochen (aktuell bei 12.064 Punkten) eine gute Unterstützung. Die 200-Tagelinie ist ein Indikator für den langfristigen Trend. Wenn der Dax über einer steigenden 200-Tagelinie notiert, werten Investoren das als positives Zeichen.

Hinzu kommt noch die Aufwärtskurslücke aus der vergangenen Woche (12.133 zu 11.968 Punkte), die immer wieder erfolgreich getestet wurde und quasi das Sprungbrett für höhere Kurse war.

Solche Aufwärtskurslücken werden oft als Zeichen für weiter steigende Kurse interpretiert und sind laut Charttechnik ein wichtiger Unterstützungsbereich. In diesem Fall liegt das Tagestief vom Dienstag der vergangenen Woche (12.133 Punkte) über dem Tageshoch vom vorherigen Montag (11.968) der vergangenen Woche.

Solange diese Zone aus Aufwärtskurslücke und den beiden Linien Bestand hat, bleiben die Bullen am Drücker, sind also höhere Kurse zu erwarten.

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