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Was die Coronakrise für die Inflationsmessung bedeutet

Die Coronakrise stellt auch die Statistikämter vor große Herausforderungen: Wenn die Läden geschlossen sind, lassen sich die Preise nur schwer feststellen.

Keine Waren - keine Preise. Foto: dpa
Keine Waren - keine Preise. Foto: dpa

Wo einmal Toilettenpapier-Rollen, Waschmittelpackungen oder Haferflocken standen, bietet sich dieser Tage vielen Verbrauchern in Deutschland das gleiche Bild: leere Regale. Mittlerweile gehen manche Geschäfte dazu über, die maximale Menge für knappe Artikel auf zwei bis drei pro Person zu rationieren, um Hamsterkäufe zu verhindern.

Doch während die Produkte des täglichen Bedarfs mit etwas Wartezeit in Deutschland noch flächendeckend zu kaufen sind, können Theater- oder Kinobesuche, aber auch Blumen und Kleidung im stationären Einzelhandel schlicht nicht mehr gekauft werden. Denn die Läden haben zur Eindämmung des Coronavirus geschlossen.

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Die Regierungen in Europa und hierzulande Bund und Länder versuchen aktuell alles, um die wirtschaftlichen, aber vor allem die humanitären Folgen der Coronavirus-Pandemie zu begrenzen. Nachgelagert stellt sich jedoch die Frage: Wie soll die Inflation in Deutschland gemessen werden, wenn so viele Läden geschlossen sind?

Schließlich ist die Inflationsrate, die die Geldwertentwicklung messen soll, neben der Arbeitslosenquote und dem Bruttoinlandsprodukt einer der wichtigsten volkswirtschaftlichen Indikatoren. Welchen Einfluss hatte beispielsweise der Ansturm auf Konserven, Mehl, Nudeln oder Desinfektionsmittel der vergangenen Wochen auf die Inflationsrate in Deutschland?

Als Inflationsmaß gilt in Deutschland der Verbraucherpreisindex (VPI), der am Ende jedes Monats vom Statistischen Bundesamt in Wiesbaden veröffentlicht wird. Anhand eines Warenkorbs werden mehr als 650 Güterarten mittels 300.000 Einzelpreisen pro Monat beobachtet und in dem Index zusammengefasst.

So haben beispielsweise Mieten ein Gewicht von 19,6 Prozent, Bekleidungsartikel machen dagegen 3,3 Prozent am Gesamtindex aus. Die in den letzten Tagen besonders beliebten Obstkonserven stehen in Normalzeiten dagegen nur für einen Anteil von 0,042 Prozent.

In Corona-Zeiten wird die Preisbeobachtung schwieriger. Zwar fließen seit einigen Jahren auch Online-Preiserhebungen in den Verbraucherpreisindex ein. So werden beispielsweise automatisch Internetdaten für bestimmte Produkte ausgelesen, genannt Web-Scrapings. Dennoch wird ein nicht unerheblicher Teil der Preise immer noch vor Ort von Preiserhebern ermittelt, die die Preise verschiedener Lebensmittel und Dienstleistungen notieren.

Seit dem Zweiten Weltkrieg keine vergleichbare Situation

„Eine Veröffentlichung des Verbraucherpreisindexes sehen wir als gewährleistet an“, teilt das Statistische Bundesamt auf Anfrage des Handelsblatts mit. Allerdings seien Einschränkungen für April 2020 wahrscheinlich. Wie groß diese seien, sei noch nicht absehbar. „Eine vergleichbare Situation, in der bundesweit bestimmte Waren und Dienstleistungen gar nicht mehr konsumiert beziehungsweise angeboten werden konnten, gab es seit dem Zweiten Weltkrieg bisher nicht“, heißt es in dem Antwortschreiben.

Allerdings haben die Statistiker Methoden, um manche Probleme fehlender Preise auszugleichen: So könnten nicht mehr beobachtbare Preise mit der durchschnittlichen Preisentwicklung der übrigen Produkte einer Güterart fortgeschrieben werden.

Für Pauschalreisen, die immerhin einen Anteil von 2,7 Prozent am Warenkorb in Deutschland ausmachen, halten sich die Auswirkungen für die Inflationsmessung erst einmal in Grenzen – trotz der Tatsache, dass für diesen Monat durch die Reisewarnung des Auswärtigen Amts und der zahlreichen Grenzschließungen eigentlich keine Reisen mehr möglich sind.

Der Grund liegt im Buchungsverhalten vieler Urlauber. „Je Reise fließen alle Preise der Buchungstermine 180, 90, 60 und 30 Tage vor Abreise ein“, heißt es bei der Verbraucherpreisstatistik in Wiesbaden. So konnten im März 2020 alle vorgesehenen Preise in die Indexberechnung einfließen. Dies gelte auch für die Preise im April. Nach einem ähnlichen Verfahren werden die Preise für Flug-, Bahn- und Fernbusreisen erhoben, was die Erhebungsprobleme etwas mindern sollte.

Auf europäischer Ebene wird es schwieriger

Auf europäischer Ebene steht die Preiserfassung dagegen vor größeren Herausforderungen. Denn in Ländern wie Italien, Frankreich oder Belgien gelten im Kampf gegen das Virus bereits Ausgangssperren. Die meisten Läden haben zu. In einigen Ländern ist die Preiserhebung vor Ort daher nicht mehr möglich, wie die europäische Statistikbehörde Eurostat mitteilt.

Eurostat veröffentlicht einmal im Monat den sogenannten Harmonisierten Verbraucherpreisindex (HVPI), der die Inflation in der Euro-Zone misst. Dieser setzt sich aus den Daten der einzelnen nationalen Statistikämter zusammen und ist ein zentraler Indikator für die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank.

Die Mitgliedstaaten könnten fehlende Preise durch Internetdaten oder Scannerdaten ersetzen, bei denen die elektronisch erfassten Kassendaten im Einzelhandel direkt genutzt werden. Die Preiserfassung von speziellen Dienstleistungen wie Flügen oder Hotels ist aber deutlich schwieriger geworden, wie die europäische Statistikbehörde weiter ausführt.

Allerdings ist man auch bei Eurostat zuversichtlich, dass für März noch mit einer pünktlichen Publikation der Inflationsdaten zu rechnen sei. Wie es für die Monate April und danach aussieht, kann aktuell nicht gesagt werden. Man arbeite mit den Mitgliedstaaten an geeigneten Lösungen.