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Chinas Landwirtschaft lockt Bayer und BASF

Das Land gilt als künftiger Hotspot für Agrarchemieunternehmen. Bayer und BASF wollen dort mit Digitaltechnik und modernem Saatgut punkten.

Der chinesische Staats- und Parteichef Xi Jinping wählte gewohnt staatstragend vorsichtige Wort, als er die Rolle der Landwirtschaft für die Zukunft des Landes beschrieb: Chinas Modernisierung lasse sich von der Modernisierung der Landwirtschaft nicht trennen, führte er in einem Rundschreiben an heimische Hochschulen aus. Der Kern der Modernisierung der Landwirtschaft wiederum liege in Wissenschaft, Technologie und in den Fachkräften.

Was Xi meinte: Chinas Agrarbetriebe arbeiten größtenteils noch viel zu rückständig und unproduktiv. Obwohl der Anteil an Kooperativen und größeren Betrieben in den vergangenen Jahren gewachsen ist, sind laut Zahlen des chinesischen Agrarministeriums immer noch 98 Prozent der landwirtschaftlichen Betriebe kleine Bauernhöfe. Sie bewirtschaften landesweit 70 Prozent des Ackerlandes.

Chinas Regierung will das ändern. Im aktuellen Fünfjahresplan ist explizit die Rede davon, dass der Aufbau größerer Landwirtschaftsbetriebe und industrieller Anlagen gefördert werden soll. Damit das Land seine begrenzte Agrarfläche besser nutzen kann, ist auch ein technologischer Schub dringend notwendig. China will die Produktionsmethoden modernisieren und mehr IT in der Landwirtschaft nutzen.

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In einem Weißpapier verspricht der Staatsrat zudem, dass sich China internationalen Firmen mehr öffnen will. Für die Ausrüster der Landwirtschaft sind das frohe Botschaften, allen voran für die führenden Entwickler von modernem Saatgut und Pflanzenschutzmitteln. Experten sehen in dem Land große Chancen auch für die deutschen Anbieter Bayer und BASF. „Asien und vor allem China wird der nächste große Wachstumsmarkt für die Agrarchemie“, erwartet Chemieexperte Markus Mayer von der Baader Bank.

Die Anbieter stecken in der Region längst ihre Claims ab. BASF setzte im Januar den Spatenstich für eine neue Produktionsanlage für Pflanzenschutzmittel in Singapur. Ab Mitte 2021 sollen von dort Mittel gegen Unkraut und Insekten- oder Pilzbefall in den asiatischen Raum geliefert werden – vor allem nach China. Der bei Bayer fürs Agrargeschäft verantwortliche Vorstand Liam Condon sieht in China einen wichtigen Wachstumsmarkt. „Wir arbeiten hier daran, die Herstellung von Nahrungsmitteln noch nachhaltiger, sicherer und widerstandsfähiger gegen Krisen zu machen.“

Chinesen formen neuen Agrarchemie-Großkonzern

Im Wettkampf um die beste Marktposition mischen die Chinesen selbst mit. Vor wenigen Wochen startete die neue Syngenta Group, in der die beiden führenden staatlich kontrollierten chinesischen Chemiekonzerne Chemchina und Sinochem ihre Geschäfte mit Agrarchemie bündeln. Das Unternehmen mit Sitz in Basel sieht sich bereits als Weltmarktführer im Pflanzenschutz und als Nummer drei in der Saatgutentwicklung.

Die Agrarchemiefirmen wissen um die Herausforderungen, vor denen China steht. Wichtigstes Ziel der Regierung: Lebensmittelsicherheit, also die Fähigkeit zur Eigenversorgung. Bei Getreide, Mais und Reis hat sie das bereits erreicht, fast 100 Prozent der Binnennachfrage werden von der Produktion im Inland gedeckt. Die chinesische Regierung unterstützt die Entwicklung der Agrarindustrie, um den hohen Selbstversorgungsgrad zu halten.

Denn zugleich steigt der Bedarf, weil sich die Essgewohnheiten der Chinesen ändern. So ist der Konsum von Schweinefleisch in den vergangenen Jahren rasant gestiegen, vor allem die aufstrebende chinesische Mittelschicht schätzt den Fleischverzehr. Für die Mast der Tiere werden größere Mengen an pflanzlichem Futter aus den Agrarbetrieben gebraucht.

Doch die nutzbare Agrarfläche sinkt auch in China beständig. Das erklärt das Drängen der Regierung auf schnelle Produktivitätsverbesserung auf den bestehenden Feldern – sei es durch neue Anbaumethoden, ertragreicheres Saatgut oder bessere Steuerung durch Digitalsysteme. „Technologie wird im nächsten Jahrzehnt ein noch wichtigerer Motor für die landwirtschaftliche Inputindustrie in China werden“, erwarten die Marktforscher in der Agrarsparte von BASF.

Dabei geht es nicht um eine massive Steigerung des Einsatzes von Pestiziden. Chinas Regierung hat erkannt, dass vor allem in den kleinen heimischen Farmen zu sorglos und ineffizient mit den teils veralteten Produkten umgegangen wird. Studien zeigen, dass eine direkte Korrelation zwischen einem übermäßigen Einsatz von Insektengift und der Größe der Bauernhöfe besteht.

Die Volksrepublik setzt pro Hektar am meisten Pestizide weltweit ein. Nur die kleine Karibikinsel Sankt Lucia verbraucht anteilig mehr. Im Fünfjahresplan verspricht die chinesische Regierung explizit, dass es kein weiteres Wachstum beim Einsatz von Düngemitteln und Pestiziden geben soll.

Experten rechnen mit einem Umstieg auf moderne Formen von Pflanzenschutzmitteln und so mit einem Wachstum dieses Segmentes um jährlich sechs bis sieben Prozent. 2019 wurden in China Pestizide im Wert von sieben Milliarden Dollar verkauft.

„Digital Farming“ soll Schub für die Landwirtschaft bringen

Nach dem Willen der Regierung sollen die nötigen Pflanzenschutzmittel vor allem gezielter auf den Feldern eingesetzt werden. Die Technologie dafür wollen Bayer und BASF liefern, sie sehen in der digitalen Steuerung von Landwirtschaftsbetrieben einen der größten Wachstumstreiber im Chinageschäft der kommenden Jahre.

Beim sogenannten „Digital Farming“ geht es um die Überwachung und Analyse der Felder durch Drohnenbilder und um den per Software gesteuerten Einsatz von Wasser, Dünger und Pflanzenschutzmitten. Die Digitalsysteme werden gespeist mit Daten aus Wettervorhersagen und Sensoren auf den Feldern. Detailfotos von den Pflanzen werden mithilfe Künstlicher Intelligenz analysiert. All das hat zum Ziel, weniger Ressourcen zu verbrauchen.

Agrarfirmen sehen für ihre Systeme in China offenbar einen guten Nährboden. „Die Welt der digitalen Landwirtschaft in China entwickelt sich schnell, nicht nur bei den großen Anbietern, sondern auch mit Start-ups“, heißt es in einer Analyse von Bayer Crop Science. Das liegt auch daran, dass China über ein ausgebreitetes schnelles Mobilfunknetz verfügt, das eine Basis für die Digitalisierung der Landwirtschaft bietet.

Dazu kommt die Offenheit der Chinesen gegenüber moderner Technologie – selbst unter Landwirten beobachtet BASF eine „große digitale Kompetenz“. Bayer verkauft seine Produkte seit 2018 über die Onlineplattform Taobao, die zum chinesischen Alibaba-Konzern gehört. Für die Bauern hat der Konzern eine Digitalanwendung namens „We Grow“ geschaffen – eine Art Weiterbildungs-App in Ackerbaufragen, die über den in China beliebten Messengerdienst WeChat läuft.

Beim Aufbau einer digital gesteuerten Landwirtschaft kommt den Chemiefirmen entgegen, dass dort zumindest in großen Farmen bereits Drohnen eingesetzt werden, etwa zur Vermessung von Feldern. BASF bereitet derzeit deswegen intensiv die Einführung seiner Digital-Farming-Systeme in China vor, im Jahr 2023 sollen die Plattformen dort am Markt sein.

„Die weitere Entwicklung des Agrarsektors in China wird nachhaltigere Innovationen erfordern“, sagt Gustavo Palerosi Carneiro, der das Asiengeschäft der Agrarsparte von BASF leitet. Damit ist auch neu entwickeltes Saatgut gemeint, an dem alle großen Agrarchemiefirmen forschen: Die Pflanzen sollen ertragreicher, robuster und widerstandsfähiger werden, etwa gegen Klimaveränderungen. In den USA und Südamerika verkaufen Bayer und BASF gentechnisch veränderte Pflanzen.

Ob sich diese Technologie in China auch durchsetzt, ist offen. Derzeit wird genmanipulierter Mais und Sojabohnen importiert, zudem wird genmanipulierte Baumwolle in China angebaut. Lebensmittel müssen gekennzeichnet werden, wenn sie genmanipuliert sind.

Zwar will die chinesische Regierung mehr dieser Pflanzen in der Landwirtschaft einsetzen. Doch die chinesische Bevölkerung ist äußerst skeptisch. Eine Umfrage von Forschern der University of California, Davis und der Schanghaier Jiao Tong University in ganz China zeigte, dass mehr als 45 Prozent der Befragten gentechnisch veränderte Lebensmittel negativ sehen.

Zwar wird in staatlichen Medien immer wieder für gentechnisch veränderte Produkte geworben, nach zahlreichen Lebensmittelskandalen trauen die Chinesen jedoch weder den Produzenten noch ihrer Regierung bei der Sicherheit von Lebensmitteln.