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Brexit: Boris Johnsons No-Deal-Ankündigung ist eine leere Drohung

Der britische Premier droht mit dem Abbruch der Handelsgespräche, doch lässt keine Taten folgen. Das zeigt: Er braucht einen Deal.

Ein Hund, der bellt, beißt nicht, lautet ein altes Sprichwort. So verhält es sich auch mit Boris Johnsons jüngsten Äußerungen zu den Brexit-Verhandlungen. Der Premierminister drohte am Freitag erneut damit, Großbritannien am 1. Januar ohne Handelsabkommen aus dem Binnenmarkt zu führen. Die Forderungen der EU seien „komplett inakzeptabel“, sagte er in einem Video-Statement.

Die Europäer seien nicht bereit, Großbritannien ein Abkommen wie Kanada zu geben, sagte Johnson. Das sei auf dem EU-Gipfel am Donnerstag deutlich geworden. Er sei deshalb zu dem Schluss gekommen, dass man sich auf den „No Deal“ am 1. Januar vorbereiten müsse. Allerdings schob er vorsichtshalber ein: „Es sei denn, es gibt eine fundamentale Änderung ihrer Herangehensweise.“

Die Einschränkung macht bereits deutlich, dass Johnsons No-Deal-Drohung nicht sein letztes Wort ist. Stattdessen ist die entscheidende Nachricht des Tages, dass er weiter verhandeln will. Die markige Rhetorik soll davon ablenken, dass sein Ultimatum, bis zum 15. Oktober einen Deal haben zu müssen, folgenlos verstrichen ist.

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Kommende Woche treffen sich die Chefunterhändler Michel Barnier und David Frost in London. Erneut wird es um die Fischerei und die Subventionskontrolle gehen.

Johnsons Klage über die unbewegliche EU ist eine Reaktion auf die kompromisslose Gipfelerklärung vom Donnerstag. Die EU-Regierungschefs hatten darin bemängelt, dass es noch nicht ausreichend Fortschritte in den zentralen Streitfragen gebe. Und: Sie hatten betont, dass sie Bewegung von Johnson erwarteten.

Das war in London nicht gut angekommen. Am Donnerstagabend hatte bereits Chefunterhändler Frost seinen Unmut auf Twitter geäußert. Er sei „enttäuscht“ über die Gipfelerklärung und „überrascht“, dass sich nur London bewegen solle. Dies sei eine ungewöhnliche Art zu verhandeln.

Am Freitagmorgen hatte Außenminister Dominic Raab dann klargestellt, dass man nicht vom Verhandlungstisch aufstehen werde. Es könne noch einen Kompromiss geben, hatte er der BBC gesagt.

Britisches Kabinett mehrheitlich für Deal

Die jüngste Eskalation verdeckt, dass es in der Sache durchaus vorangeht. „In den vergangenen Wochen haben beide Seiten darauf geachtet, keine Lösungswege zu verschließen“, sagt Simon Fraser, ehemaliger Außenstaatssekretär und Partner der Beratungsfirma Flint Global. Eine „Landing Zone“ sei in Sicht.

Der politische Willen für eine Einigung ist auf beiden Seiten vorhanden. Im britischen Kabinett sei eine Mehrheit für ein Abkommen, sagt Fraser. Dazu zählten neben Johnson auch Finanzminister Rishi Sunak und Kabinettsbürominister Michael Gove.

Auch von EU-Seite hatte es nach dem Gipfel Kompromisssignale gegeben. Barnier betonte, er sei bereit, die Gespräche in den kommenden zwei, drei Wochen zu intensivieren. Auch Kanzlerin Angela Merkel hatte betont, dass man einen Kompromiss finden müsse, von dem beide Seiten profitieren. Beides wurde in London positiv vermerkt.

Fraser hält die britische Empörung über die Gipfelerklärung daher für gespielt. „Niemand konnte erwarten, dass die EU-Regierungschefs ihren Unterhändler öffentlich zur Kompromissfindung auffordern“, sagte er. „Die Regierungschefs können nicht softer erscheinen als die EU-Kommission.“

Insbesondere Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hatte auf dem Gipfel keine Schwäche zeigen wollen. Er will seinen Fischern auch in Zukunft möglichst weitreichende Fangrechte in den britischen Küstengewässern sichern. Zugleich weiß er, dass Frankreich und andere Fischereinationen künftig geringere Fangquoten akzeptieren müssen. Denn die Alternative, ein „No Deal“, würde die Fischer ab Januar noch schlechter stellen.

Auch Johnson kann sich ein No-Deal-Szenario nicht leisten. Er hat mit der Coronakrise alle Hände voll zu tun. Die Wirtschaft leidet, das Land steht vor einem zweiten Lockdown, und er liegt im Clinch mit den Bürgermeistern im Norden Englands sowie den Regionalregierungen in Schottland und Wales. Es wäre daher in seinem Interesse, den Brexit möglichst bald politisch abzuräumen.

Das hoffen auch die britischen Wirtschaftsverbände. „Nach vier Jahren Verhandlungen und so vielen überwundenen Hürden ist jetzt keine Zeit aufzugeben“, sagte Carolyn Fairbairn, Chefin des Unternehmerverbands CBI. „Keine Seite kann es sich leisten, am letzten Zaun zu fallen.“