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Bayer stößt mit der Nachhaltigkeits-Offensive auf Skepsis

Vorstandschef Werner Baumann hat die lang erwartete Strategie vorgestellt. Von Investoren und Organisationen gibt es neben Lob auch einiges an Kritik.

Die Bayer AG will bis 2030 zum CO2-neutralen Unternehmen werden. Das kündigte der Pharma- und Agrarchemiekonzern am Dienstag bei der Vorstellung der neuen Nachhaltigkeitsstrategie an. Um die Emissionen von jährlich derzeit rund vier Millionen Tonnen Kohlendioxid einzusparen, will Bayer in Energieeffizienz und grünen Strom investieren.

Ziel ist es, den Strombedarf zu 100 Prozent aus erneuerbaren Quellen zu decken. Verbleibende Emissionen werde man so kompensieren, dass „Biodiversität erhalten bleibt und neue Einkommensquellen für Landwirte entstehen“. Die von Bayers neuem Nachhaltigkeitschef Matthias Berninger entwickelten Pläne sehen auch die Förderung von Kleinbauern in Entwicklungsländern sowie der dortigen Gesundheitsvorsorge vor. Investoren und Organisationen reagierten mit Lob und Kritik auf die Ankündigungen.

Bayer sieht sich seit der Übernahme des Saatgutherstellers Monsanto starker Kritik von Umweltschutzverbänden und Investoren ausgesetzt. Ein Grund war die schlagartig schlechtere Klimabilanz nach dem erstmaligen Einbezug der Monsanto-Geschäfte.

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Die gesamten Treibhausgasemissionen von Bayer stiegen 2018 von 3,4 Millionen Tonnen auf 5,5 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente. In diesem Jahr konnte der Konzern die Emission auf aktuell vier Millionen Tonnen senken.

Die Übernahme von Monsanto hat auch dazu geführt, dass Bayer aus dem Dow Jones Sustainable Index (DJSI World) geflogen ist. Der Index dient als Orientierung für institutionelle Investoren, die besonderen Wert auf nachhaltige Firmen legen.

Darauf regiert Bayer nun. „Die Größe unserer Geschäfte bedeutet für uns Verantwortung und Gelegenheit zugleich“, sagte Vorstandschef Werner Baumann. Der Konzern will seine Nachhaltigkeitsziele mit dem gleichen Nachdruck verfolgen wie seine Finanzziele. Die Bezahlung des gesamten Managements wird künftig auch vom Erreichen der Nachhaltigkeitsziele abhängen.

Bayer setzt auch auf die Wirkung neuer Produkte und Dienstleistungen. So soll die digitale Steuerung von Farmen per Software und Sensoren den dortigen Ressourcenverbrauch senken, etwa den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln. Die Landwirtschaft gilt als einer der größten Treibhausgas-Emittenten weltweit. Bayer ist mit Monsantos „Field View“-System der global größte Anbieter bei Digitalplattformen für landwirtschaftliche Betriebe.

„Größte Errungenschaft“

Positiv äußerte sich Analyst Janne Werning von der Fondsgesellschaft Union Investment. „Das desaströse Abstimmungsergebnis der Hauptversammlung zeigt Wirkung. Wir halten die Klimaziele für ambitioniert und glaubwürdig“, sagte er dem Handelsblatt. An Bayers Ziel, bis zum Jahr 2030 klimaneutral zu werden, müssten sich nun andere Dax-Unternehmen messen lassen.

„Endlich weicht Bayer von der starren Haltung ab und reagiert auf die Kritik der Investoren. Das ist die größte Errungenschaft“, sagte Ingo Speich, Leiter Nachhaltigkeit & Corporate Governance bei der Fondsgesellschaft Deka. Er wertet die Initiative als richtigen Schritt.

Allerdings: „Es ist nicht klar, was die neue Nachhaltigkeitsstrategie für das Geschäftsmodell von Monsanto konkret bedeutet. Denn dort liegen die größten Risiken.“ Speich spielt auf den schlechten Ruf von Monsanto und dessen jahrelang desaströse Umweltbilanz an.

Kritik gab es auch von Organisationen wie dem katholischen Hilfswerk Misereor, das sich unter anderem für die Verbesserung der Lebenswelt in Entwicklungsländern einsetzt. „Bayer versucht, sich als Vorreiter in Sachen Klimaschutz zu präsentieren. Doch wenn man etwas Entscheidendes fürs Klima tun will, brauchen wir weltweit den Wechsel zu einer ökologisch orientierten Landwirtschaft. Bayer steht für das Gegenteil“, sagte Misereor-Agrarexpertin Sarah Schneider dem Handelsblatt.

Bayer gibt sich nicht nur neue Ziele für eine bessere Klimabilanz. Die Übernahme von Monsanto hatte ebenfalls scharfe Angriffe von Verbraucherorganisationen zur Folge, die in der Marktmacht der wenigen Saatgutkonzerne eine Gefahr für die Landwirtschaft sehen. Besonders Monsanto werden seit Langem rüde Methoden im Umgang mit Kleinbauern angelastet.

Bayer bekennt sich zu der „Verantwortung und Schlüsselrolle“, die der Konzern bei der globalen Ernährung und Gesundheitsversorgung spielt. Bis 2030 werde der Konzern 100 Millionen Kleinbauern in Entwicklungsländern dabei unterstützen, „ihre Ernten und Einkommen zu steigern und damit die lokale Versorgung mit Lebensmitteln zu verbessern“.

Kritikpunkte bleiben

Absehbar ist, dass Bayer dabei vor allem mit global und lokal tätigen Organisationen zusammenarbeiten wird. Den Kleinbauern soll besserer Zugang zu modernem Produktionswissen, zu Finanzierungsmöglichkeiten und zu lokalen Versorgungslieferketten gegeben werden. Kooperieren könnte Bayer etwa mit USAID, der Behörde der Vereinigten Staaten für Entwicklungszusammenarbeit.

Auch an diesem Punkt gibt es Kritik – zumindest, wenn Bayer die Kleinbauern vor allem als neuen Absatzkanal betrachten sollte. Aus Sicht Schneiders würde dies den Farmern in Entwicklungsländern eher schaden. Das Hochleistungssaatgut der großen Agrarkonzerne sei nicht an die lokalen Standorte angepasst und berge ein Verschuldungsrisiko, da neben dem Saatgut auch Mineraldünger und Pflanzenschutzmittel dazugekauft werden müssen.

Bayer verspricht auch, die Gesundheitsversorgung in Entwicklungsländern zu verbessern. Dort will Bayer bis 2030 rund 100 Millionen Frauen Zugang zu Verhütungsmitteln verschaffen und damit „Gesundheit und den wirtschaftlichen Status von Frauen und ihren Familien verbessern“.

Dazu könnte eine engere Kooperation etwa mit der Stiftung des Microsoft-Gründers Bill Gates und dessen Frau Melinda beitragen. Klar ist, dass der Konzern seine Verhütungsmittel in Entwicklungsländern nicht verschenken wird, aber er will die Preise dort an die lokale Kaufkraft anpassen.