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Autozulieferer Grammer wird chinesisch

Kürzlich rettete Ningbo Jifeng den Autozulieferer vor der feindlichen Übernahme durch Prevent. Jetzt wollen die Chinesen Grammer selbst übernehmen.

So schnell können sich die Rollen ändern: Vor einem Jahr ist der chinesische Automobilzulieferer Ningbo Jifeng für seinen deutschen Konkurrenten Grammer noch der große Retter gewesen. Damals bewahrten die Chinesen das bayerische Unternehmen vor einer feindlichen Übernahme durch die Zulieferergruppe Prevent. Zwölf Monate später hat sich das Bild komplett gedreht, jetzt wollen die Chinesen auf einmal die deutsche Firma übernehmen.

Grammer, ein mittelständisches und börsennotiertes Unternehmen aus dem oberpfälzischen Amberg, soll Teil der Ningbo-Familie werden. Wie ein Sprecher am Dienstag bestätigte, hat der Grammer-Aufsichtsrat der Übernahme zugestimmt. Am Dienstag wurde eine Investorenvereinbarung (Business Combination Agreement) unterzeichnet. Ningbo Jifeng hält schon jetzt gut 25 Prozent der Grammer-Anteile, daraus sollen nun mehr als 50 Prozent werden.

Die Ningbo-Offerte bewertet Grammer mit rund 780 Millionen Euro. Je Aktie sollen 61,25 Euro gezahlt werden. Gegenüber dem Schlusskurs vom Montag von 51,30 Euro bedeutet das einen Aufschlag von etwa 20 Prozent. Einen Beherrschungsvertrag, für den 75 Prozent der Anteile nötig wären, strebt Ningbo nicht an.

Bei Grammer wird die geplante Übernahme als freundlich angesehen. „Wir arbeiten schon seit 2012 im operativen Geschäft zusammen“, sagte ein Unternehmenssprecher. Die Chinesen waren vor einem Jahr mit rund zehn Prozent bei Grammer eingestiegen, um den feindlichen Übernahmeversuch der deutsch-bosnischen Prevent-Gruppe abzuwehren. Nach und nach hatten sie ihren Anteil auf gut 25 Prozent ausgebaut.

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Grammer ist damit ein weiteres deutsches Unternehmen, das einen chinesischen Hauptgesellschafter bekommt. Der Autozulieferer muss aber nicht damit rechnen, dass die Politik eine solche Übernahme zu verhindern versucht. Grammer produziert überwiegend Fahrzeugsitze und Kopfstützen, gilt deshalb industriestrategisch als nicht besonders bedeutend. Darum hatte Ningbo Jifeng schon vor einem Jahr von der Bundesregierung grünes Licht für seinen Einstieg bei Grammer bekommen.

Im Fall von Kuka war das völlig anders: Vor zwei Jahren hatte die Politik den Verkauf des Augsburger Roboterherstellers nach China wegen seiner technologisch hervorgehobenen Stellung zu stoppen versucht.

Ningbo produziert ebenfalls Kopfstützen und Armlehnen vor allem für chinesische Autobauer, ist aber viel kleiner als Grammer – der Umsatz 2017 betrug annähernd 250 Millionen Euro. Grammer hat im vergangenen Jahr mit rund 13.000 Beschäftigten knapp 1,8 Milliarden Euro erzielt. Ningbo ist auch an der Börse notiert, gehört aber größtenteils der Familie Wang, die auf gut 70 Prozent der Anteile kommt.

Auch in Brüssel wird das wachsenden Interesse Chinas an europäischen Firmen genau beobachtet. Die EU-Staaten sollen deshalb künftig genauer hinschauen, wenn Unternehmen aus sensiblen Branchen an Investoren aus China oder aus anderen außereuropäischen Ländern verkauft werden. Der Handelsausschuss des Europaparlaments stellte sich am Dienstag hinter entsprechende Pläne der EU-Kommission.

Schützenswert sind laut Handelsausschuss nicht nur Technologien der Robotik oder künstlicher Intelligenz, sondern auch die Autoindustrie oder Anbieter von Informations- und Kommunikationstechnik. Auch Investitionen in Medien, die Wahl-Infrastruktur oder in Ackerland sollen demnach von den nationalen Behörden überprüft werden können.

Sobald etwa das Bundeswirtschaftsministerium in Deutschland eine Prüfung in einem dieser Sektoren eingeleitet hat, soll es die EU-Kommission und die anderen Regierungen informieren und deren Stellungnahmen bei seiner Entscheidung über Freigabe oder Blockade des Deals berücksichtigen.

Grammer hatte vor einem Jahr nicht wegen einer Intervention aus der Politik, sondern wegen des feindlichen Übernahmeversuchs durch die Prevent-Gruppe für Schlagzeilen gesorgt. Prevent und die deutsch-bosnische Eigentümerfamilie Hastor hatten nach und nach einen Anteil an Grammer von rund 20 Prozent erworben, den sie bis heute halten. Der plötzliche Einstieg von Ningbo hatte dann weitere Zukäufe durch Prevent blockiert – als weiße Ritter hatten die Chinesen die Eigenständigkeit von Grammer bewahrt.

Prevent gilt als aggressiver Zulieferer, der sich mit Unternehmen wie Volkswagen und Daimler anhaltende gerichtliche Auseinandersetzungen leistet und auch vor Lieferstopps nicht zurückschreckt. Als der Prevent-Einstieg bekannt geworden war, stornierten Automobilhersteller Aufträge bei Grammer. In der Fahrzeugbranche war die Sorge groß, dass Prevent auch bei Grammer mit Lieferbeschränkungen drohen könnte. Volkswagen hat vor Kurzem die meisten seiner Verträge mit Prevent-Unternehmen gekündigt.

Ningbo gilt hingegen als verlässliches Unternehmen, die Grammer-Übernahme durch die Chinesen stößt in der Autobranche deshalb nicht auf Widerstand. „Damit können wir gut leben“, sagte ein Branchen‧insider. Zu den wichtigsten Kunden von Grammer zählen VW, Daimler und BMW. Das bayerische Unternehmen ist zudem in den USA und in China vertreten.

Prevent wollte sich am Dienstag nicht zu den Ningbo-Plänen äußern. Die eigene Übernahme von Grammer dürfte sich nun endgültig erledigt haben. Finanziell hat sich der Einstieg immerhin gelohnt. Wenn Prevent seinen 20-Prozent-Anteil zum von Ningbo Jifeng geplanten Übernahmepreis von 61,25 Euro je Aktie verkaufen sollte, könnte die deutsch-bosnische Gruppe mehr als 150 Millionen Euro einstreichen. Ungefähr doppelt so viel, wie die Aktien vor zwei Jahren gekostet haben.

Prevent müsste sich nur für den Verkauf entschließen. Darauf liegt die Hoffnung von Grammer und Ningbo.