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Abschluss wird attraktiver

Der große bürokratische Aufwand in der betrieblichen Altersvorsorge schreckt viele Finanzberater ab. Neue Onlineplattformen erleichtern das Neugeschäft und machen auch die Verwaltung laufender Verträge effizienter.

 Foto: dpa
Foto: dpa

Typisch deutsch: Auf der einen Seite fördert der Staat die betriebliche Altersvorsorge (bAV) mit Steuervorteilen, Zuschüssen und Ersparnissen bei der Sozialversicherung, auf der anderen Seite ist das ganze System dadurch so kompliziert, dass Arbeitgeber den hohen Verwaltungsaufwand scheuen und Arbeitnehmer wenig Lust verspüren, sich mit dem Thema zu befassen. Auch die meisten Versicherungsmakler haben keine Freude am bAV-Geschäft. Der in der Branche genannte Grund: Die Vergütung decke nicht den Beratungsaufwand der oft zwei bis drei Jahrzehnte laufenden Verträge.

Tatsächlich sind mit einem bAV-Vertrag eine Fülle von Änderungen verbunden: Heirat, Scheidung, Namens- und Beitragsänderung, Elternzeit oder neue Gesetze. Oft muss ein Makler dann Akten wälzen, Formulare ausfüllen, Telefonate führen, Briefe schreiben und auf Antworten warten. Zwar floss beim Abschluss des Vertrags auch für diese Verwaltungstätigkeiten eine Courtage, aber die ist irgendwann aufgebraucht. Also meiden zahlreiche Makler das bAV-Geschäft oder ziehen sich daraus zurück.

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Daher bleibt der Absatz schwach. Im Ergebnis verfügt hierzulande nur jeder zweite sozialversicherungspflichtig Beschäftigte über eine Betriebsrente. Vor diesem Hintergrund ist es naheliegend, in der bAV die Digitalisierung voranzutreiben, um das immense Effizienzpotenzial zu heben. Genau das geschieht aktuell. Im Markt gibt es bereits mehrere Softwareangebote. Sie vereinfachen das Neugeschäft und helfen, den Bestand schlank und effizient zu verwalten. Die Programme unterscheiden sich in der Ausrichtung auf die jeweiligen Nutzer und bei ihren Initiatoren. Beispiele sind xbAV, smart!bAV, ePension, eVorsorge und Penseo.

Die Dynamik am Markt ist groß. So ist der Plattformbetreiber Hypoport seit März mit 49 Prozent an ePension beteiligt. Zur Hypoport-Gruppe gehört der Finanzdienstleister Dr. Klein. ePension wiederum ist Eigentümer des Finanzanlagenvermittlers und Versicherungsmaklers E & P Pensionsmanagement. Auf Seite der Produktgeber ist die Gothaer Partner von ePension. Auf der Fachmesse DKM 2020 im Oktober wollen beide Unternehmen ein Onlineportal sowohl für die bAV als auch für die betriebliche Krankenversicherung vorstellen, wie ein Mitarbeiter der Gothaer dem Handelsblatt sagte. Das Portal richte sich an Arbeitgeber, denn sie würden stets alle Informationen zu Vertragsänderungen liefern. Ein Personaler könne direkt aus der Lohnbuchhaltung heraus entgeltfreie Zeiten oder Zuschüsse anpassen. Diese könnten im Rahmen der Gesetze unterschriftenfrei oder per digitaler Signatur erfolgen. Und der Makler des Arbeitgebers „kann alle Prozesse begleiten, muss es aber nicht“.

Ein weiterer Anbieter ist smart!bAV. Die cloudbasierte Beratungs- und Verwaltungsplattform besteht seit 2015. Über die Plattform können Vermittler Verträge sämtlicher Versicherer erstellen, einpflegen sowie mit allen anfallenden Dokumenten verwalten, beschreibt Mario Pustan, Vorstand des Anbieters smart!Cloud Services. Aktuell nutzten 53 spezialisierte Maklerhäuser die Anwendungsmöglichkeiten von smart!bAV, um für ihre Arbeitgeberkunden nicht nur die bAV, sondern auch die betriebliche Krankenversicherung und die betriebliche Berufsunfähigkeitsversicherung digital umzusetzen.

„So dauert etwa die Abmeldung eines Mitarbeiters durch einen Personaler weniger als 60 Sekunden“, erläutert Pustan. Weiteres Beispiel: Im Rahmen einer Distanzberatung sei es Vermittlern möglich, die Unterschrift eines Kunden auf digitalem Weg über alle mobilen Endgeräte innerhalb von 30 Sekunden einzuholen. Direkt danach stehe das unterzeichnete Schriftstück den Nutzern von smart!bAV zur Verfügung.

Die wohl bekannteste und für die Masse konzipierte Plattform ist xbAV. Das Unternehmen besteht seit 2007. Auch hier ist viel in Bewegung. Neu an Bord ist Monika Ritzer. Als Director Sales übernimmt sie die Leitung für Finanzvertriebe und Pools. Und erst im April hat xbAV unter anderem vom Investmentunternehmen HPE Growth weitere 25 Millionen Euro für die Wachstumsfinanzierung erhalten. Wie xbAV-Chef Martin Bockelmann gegenüber dem Handelsblatt sagte, soll das Geschäft in Richtung Vorsorge ausgebaut werden. Geplant seien Angebote im Bereich der betrieblichen Krankenversicherung und Berufsunfähigkeit.

Bockelmann legt Wert darauf, dass xbAV „ein Technologieanbieter ist, der mit Software as a Service Geld verdient“. Und weiter: „xbAV ist eine unabhängige Plattform sowohl für das Neugeschäft als auch die Bestandsverwaltung.“ Das „x“ stehe für die technische Verknüpfung von Arbeitgeber, Mitarbeiter, Versicherer und Vermittler.

„Die Prozesse, die zwischen diesen bAV-Beteiligten vorkommen, machen wir über die digitale Plattform möglich. Das beginnt im Beratungsprozess, wo wir mit unserer Software den Vermittler unterstützen, und reicht bis zum Arbeitgeber, der die Plattform für die Administration seiner bAV-Verträge mit den Versicherern unter Einbindung des Vermittlers nutzt.“

Produktgeber nutzen Software

Richtig Schub bekommen hat xbAV durch die Kooperation mit Fonds Finanz. Seit März 2019 stellt der Pool die Software kostenlos den angeschlossenen Maklern zur Verfügung. Eine Reihe weiterer Maklerpools, darunter zum Beispiel Jung DMS & Cie. sowie BCA, sind an die Plattform angeschlossen. „Es kommen immer mehr Große dazu“, sagt Bockelmann. Der Vorteil von Plattformen sei ja gerade die Skalierbarkeit des Geschäftsmodells. Seinen Ausführungen zufolge nutzen rund 13.000 Vermittler xbAV – darunter auch etliche Einmannbüros.

Auch von den Produktgebern habe xbAV einen Großteil angebunden. So würden 24 Versicherer die Software für das Neugeschäft nutzen, darunter fast alle führenden bAV-Anbieter, von A wie Allianz bis Z wie Zurich. Das Modul Bestandsverwaltung sei bei weniger Versicherern im Einsatz. Beispielhaft nennt Bockelmann HDI, Signal Iduna, Münchener Verein, Sparkassen Versicherung, Nürnberger und WWK. Voll automatisiert liefen alle Prozesse bei den typischen bAV-Geschäftsvorfällen zwischen Arbeitgeber und Versicherer inklusive der entsprechenden Rückmeldungen aktuell bei zwölf Versicherern, berichtet Bockelmann. Weitere Gesellschaften befänden sich aktuell in der technischen Umsetzung. Digitale bAV biete dann Vorteile, wenn die Administration mit wenigen Klicks und anbieterübergreifend erfolgt und wenn Änderungsmitteilungen online erstellt und direkt an den Produktanbieter übermittelt werden. So lasse sich der jährliche Aufwand pro Vertrag um bis zu 80 Prozent senken.

Im Gegenzug für die Softwarenutzung zahle der Nutzer – in der Regel der Versicherer oder Arbeitgeber – eine Lizenzgebühr an xbAV. Einige Produktgeber würden für das Neugeschäft sogenannte Berechtigungscodes erwerben und ihren Vermittlern zur Verfügung stellen, damit diese die Software kostenlos nutzen können. Auf diese Weise könnten Makler die hinterlegten Tarifrechner von mehreren Versicherern nutzen. „Kauft ein unabhängiger Vermittler auf eigene Rechnung eine Lizenz, bekommt er – je nach Paket – Zugang zu allen Rechenkernen“, erklärt Bockelmann.

Die Angebote für eine digitale bAV sind für Versicherungsvermittler mehr oder weniger gut geeignet. Hier sollte jeder gemäß seinem Geschäftsansatz die passende Wahl treffen. Verbesserungsbedarf gibt es wohl überall. Ein Beobachter wie Michael Ries, bAV-Berater und Geschäftsführer von Ries Corporate Solutions, ist der Auffassung, „dass es bisher kein durchgängiges System gibt, das wirklich Nutzen für alle Beteiligten stiftet“. Und weiter: „Das liegt auch an der Komplexität des Themas bAV, denn hierbei geht es in erster Linie um arbeits- und steuerrechtliche Regelungen und nicht um Versicherungslösungen.“

Was aus Maklersicht wirklich sinnvoll wäre, sei eine Online-Vergleichsplattform für bAV-Produkte von unterschiedlichen Anbietern einschließlich einer Bewertung der einzelnen Versicherer hinsichtlich ihrer Finanzstärke und der Nachhaltigkeit ihres Geschäftsmodells. So eine Plattform würde vor allem von der Bereitschaft der Produktgeber leben, ihre Tarife im Wettbewerb transparent darzulegen.

Davon sei die Branche noch weit entfernt. Aber die Digitalisierung der bAV nimmt aktuell mächtig Fahrt auf. Zunächst geht es vor allem darum, Bürokratie abzubauen und Medienbrüche zu vermeiden. Ist das in der Fläche erreicht, käme Deutschland zumindest seinem erklärten Ziel einer bAV für alle sozialversicherungspflichtig Beschäftigten einen großen Schritt näher.

Die Gesamtausgabe der Handelsblatt Finanzberater Edition finden Sie hier.