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Katja Wildermuth wird die erste Frau an der Spitze des Bayerischen Rundfunks

Für die ARD bricht eine neue Zeit an. Das Damen-Trio von BR, MDR und RBB kann die Gesprächskultur und die Strategiearbeit im einstigen Männerklub auffrischen.

Die neue Intendantin des Bayerischen Rundfunks (BR) nach ihrer Wahl. Foto: dpa
Die neue Intendantin des Bayerischen Rundfunks (BR) nach ihrer Wahl. Foto: dpa

Zu München hat Katja Wildermuth eine enge Beziehung. Aufgewachsen in Anzing, nahe der Millionenstadt, studierte sie in München und promovierte in Geschichte. Dann kam 1994, mit 29, der Wechsel als investigative TV-Autorin nach Dresden zum Mitteldeutschen Rundfunk (MDR), wo sie beständig aufstieg.

Nun kommt die einstige Fernsehjournalistin wieder zurück in die bayerische Landeshauptstadt – mit einem kräftigen Karrieresprung. Wildermuth, zuletzt in Halle MDR-Programmdirektorin, wird am 1. Februar 2021 Intendantin des Bayerischen Rundfunks (BR). Mit ihr sind erhebliche Hoffnungen verbunden – sowohl intern in München als auch im weiten Rund der neun ARD-Anstalten. Die kleinste ist noch, im Sender und in der öffentlich-rechtlichen Organisation persönlich stark präsent zu sein.

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In der ARD hatte sich der BR unter Leitung des einstigen Regierungssprechers Ulrich Wilhelm immer stärker isoliert und den Ruf eines „Systemsprengers“ erworben. Auch das Verhältnis der Bayern zum MDR hat über die Jahre arg gelitten. Gipfel der Auseinandersetzungen war der vergebliche Widerstand aus München gegen eine neue digitale ARD-Kulturplattform in Erfurt – ausgerechnet Katja Wildermuth war dafür verantwortlich.

Solche Altlasten interessierten beim BR aber weder den Rundfunkratschef, Prälat Lorenz Wolf, noch die Verwaltungsratsvorsitzende Ilse Aigner, im Hauptberuf bayerische Landtagspräsidentin. Schnell war klar, dass nach 72 Jahren mit Männern an der Spitze endlich die Zeit für eine Frau reif sei. Da wollten auch Aigners Parteifreunde von der im Freistaat alles beherrschenden CSU nicht zurückstehen.

Und so wurde Heimkehrerin Wildermuth im ersten Wahlgang vom Rundfunkrat mit 38 von 48 abgegebenen Stimmen gewählt. Zuvor hatte sie sich schon intern in einem Kreis von Aspirantinnen souverän durchgesetzt.

Mit Wildermuths Wahl verändert sich die Machtstatik in der ARD

Katja Wildermuth wird als charmant, aber sehr durchsetzungsfähig beschrieben. Eine Person, die große Kenntnis vom Programm hat, aber auch in den vielen Gremien der ARD souverän auftritt. Und die sich auf die Kunst des Netzwerkens versteht. So versteht sie sich gut mit MDR-Intendantin Karola Wille, ihrer Noch-Arbeitgeberin. Auch Patricia Schlesinger, Chefin des Rundfunks Berlin-Brandenburg (RBB), gehört zum vertrauten Gesprächskreis. Ihr war Wildermuth von 2016 bis 2018 beim Norddeutschen Rundfunk (NDR) in Hamburg als Kulturchefin nachgefolgt.

Mit ihrer Wahl verändert sich also die Machtstatik in der ARD. Das Damen-Trio von BR, MDR und RBB kann – verstärkt durch Yvette Gerner, Intendantin von Radio Bremen – die Gesprächskultur und die Strategiearbeit im einstigen Männerklub auffrischen. Die Zeiten sind hart genug, wie schon die Debatte um die Erhöhung des Rundfunkbeitrags von 17,50 auf 18,36 Euro zeigt.

Zudem steht der Senderverbund unter einem permanenten Sparzwang. Das bedroht selbst gut eingeführte Programme. Gegen das Desinteresse jüngerer Zielgruppen an ARD und ZDF setzen die Verantwortlichen auf „Trimedialität“, also das redaktionelle Zusammenspiel zwischen TV, Radio und Internet.

Katja Wildermuth hat hier früh Marksteine gesetzt. Als Leiterin der MDR-Redaktion Geschichte und Gesellschaft verantwortete sie crossmediale Großprojekte wie „Geschichte Deutschlands“, „Breaking News Völkerschlacht“ sowie die multimediale App MDR Zeitreise. Die auch unter ihrer Federführung entstandene Dokumentation „Night Will Fall – Hitchcocks Lehrfilm für die Deutschen“ gewann 2016 den Fernsehpreis Emmy.

Zudem wurde aufmerksam registriert, dass in ihrem Bereich viel beachtete Dokumentationen entstanden, zum Beispiel über den Maler Neo Rauch oder den russischen Staatspräsidenten („Putins Spiele“). Im jetzigen Job in Halle hat sie es zudem mit den MDR-Angeboten für Junge zu tun, etwa MDR Jump, aber auch mit MDR Klassik.

„Nicht gewonnen, weil sie eine Frau ist“

In der Welt der Hierarchien wartet Wildermuth nicht mit juristischen oder finanzmathematischen Streifzügen auf, sondern punktet mit Nähe zum Journalismus sowie zu Kultur- und Bildungsthemen, die zum Grundauftrag der Öffentlich-Rechtlichen zählen. Auch sitzt sie im Vorstand der Akademie für Publizistik Hamburg.

Beim BR in München mit seinen 3500 Mitarbeitern muss die promovierte Historikerin den trimedialen Umbau weiter forcieren, die Kosten senken und den anstehenden Umzug der Senderzentrale raus aus der Innenstadt auf das Fernsehgelände im Stadtteil Freimann bewältigen. Das Anstaltswesen bringt inzwischen etliche Mühseligkeiten mit sich, aber die Verantwortlichen trauen der 55-jährigen Frau an der Spitze viel zu.

Sie habe „nicht gewonnen, weil sie eine Frau ist, sondern sie hat durch Qualifikation überzeugt“, sagt Verwaltungsrätin Aigner. Das Netzwerk „Female Future Force“ begrüßte die „historische Entscheidung“ – und forderte echte Frauenförderung sowie „eine Veränderung der Unternehmenskultur hin zu mehr Transparenz und Beteiligung“.

Die Belobigte bedankte sich am vorigen Donnerstag nach der Wahl mit herzlicher Diplomatie. Sie sei „sehr dankbar für diesen eindrücklichen Vertrauensbeweis“, freue sich auf den starken BR, das hochqualifizierte Personal und viele Begegnungen. Und dann sprach Wildermuth noch von einer herausfordernden Zeit, von „Finanzdebatten und Akzeptanzdebatten“. Sie wird ihre Netzwerke rasch brauchen müssen.