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Der 35-Milliarden-Dollar-Rückschlag

Kampf gegen Krebs - Der 35-Milliarden-Dollar-Rückschlag

Seit gut vier Jahren sorgt die Krebsimmuntherapie für Furore in der Pharmabranche. Wirkstoffe, die das Immunsystem gegen Tumorzellen aktivieren, lieferten überraschende gute Ergebnisse in diversen klinischen Studien, und heizten damit sowohl die Investitionen der Pharmafirmen als auch die Erwartungen der Analysten an.

Nun jedoch erlebte das Konzept seinen ersten großen Rückschlag: Eine große Studie des US-Konzerns Bristol-Myers Squibb (BMS) mit seinem Wirkstoff Opdivo verfehlte bei der Behandlung von Patienten mit Lungenkrebs das Ziel, den Krankheitsfortschritt stärker zu verzögern als die Standardtherapie. Das Ergebnis wirkte auf Investoren wie ein Schock, die BMS-Aktie verlor am Freitag knapp 16 Prozent. Das entspricht rund 20 Milliarden Dollar Verlust an Börsenwert.

Hintergrund sind die bislang enormen Erwartungen für das Umsatzpotenzial des Wirkstoffs. BMS gilt als Pionier und bisher führendes Unternehmen im Bereich der Krebsimmuntherapie und Opdivo als Top-Wirkstoff in dieser Produktklasse. Das Mittel ist bereits gegen Hautkrebs sowie in der so genannten Zweitlinientherapie gegen Lungen- und Nierenkrebs und gegen bestimmte Formen von Lymphdrüsenkrebs zugelassen. Das heißt, es darf dort eingesetzt werden, soweit andere Therapien nicht wirken.

Große Hoffnungen ruhten indessen darauf, dass Opdivo auch zum Mittel der ersten Wahl bei Lungenkrebs werden könnte. Das sollte die so genannte Checkmate-Studie belegen, die nun aber scheiterte.

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Bankexperten gingen nach Daten der Analysefirma Evaluate Pharma bisher im Schnitt davon aus, dass Opdivo Ende des Jahrzehnts mehr als acht Milliarden Dollar Umsatz erzielen könnte, manche kalkulierten sogar mit Spitzenumsätzen in zweistelliger Milliardenhöhe. Diese Prognosen müssen nun voraussichtlich um etliche Milliarden nach unten korrigiert werden.

Der Fehlschlag zeigt, dass es auch auf dem Gebiet der Krebsimmuntherapie nicht immer gradlinig vorangeht und einige klinische Risiken auf dem Feld schlummern. Wissenschaftler weisen seit längerem bereits darauf hin, dass die Mittel letztlich nur bei etwa 30 Prozent der Patienten wirken – was allerdings in vielen Bereich als enormer Fortschritt gegenüber den bisherigen Therapien gilt.


Für Merck Chance und Risiko zugleich

Investoren interpretierten den Fehlschlag bei BMS bisher allerdings nicht unbedingt als negativ für die gesamte Klasse an Krebsimmunwirkstoffen, sondern eher als Vorteil für die Konkurrenzprodukte, so insbesondere für das ebenfalls bereits zugelassene Mittel Keytruda vom US-Konzern Merck & Co. Dessen Aktienkurs legte am Freitag um rund zehn Prozent zu. Alles in allem haben die Studienresultate damit mehr als 35 Milliarden Dollar an Börsenwert bewegt.

Neben den beiden US-Konzernen sind vor allem auch die Schweizer Roche, der britische Konzern Astra-Zeneca und die deutsche Merck-Gruppe (die mit der amerikanischen Merck & Co nichts zu tun hat) stark in der Krebsimmuntherapie engagiert. Ihre Aktien legten am Freitag jeweils leicht zu.

Die Darmstädter Merck betreibt in Kooperation mit dem US-Konzern Pfizer ein großes Studienprogramm für ihren Wirkstoff Avelumab. Wie Firmenchef Stefan Oschmann jüngst berichtete, testet Merck Avelumab inzwischen bei 2200 Patienten gegen insgesamt 15 Krebsarten. Eine erste Zulassung für den Einsatz gegen Merkelzellkarzinom, eine seltene Art von Hautkrebs, wollen Merck und Pfizer im dritten Quartal in den und gegen Ende des Jahres in Europa beantragen.

Anschließend wolle man pro Jahr mindestens einen Zulassungsantrag für ein weiteres Einsatzgebiet stellen, kündigte Oschmann an. Die bisherigen klinischen Erfolge mit Avelumab dürften maßgeblich mit dazu beigetragen haben, die Merck-Aktie nach oben zu treiben.

Der Rückschlag von BMS mit Opdivo könnte theoretisch auch Merck und Pfizer etwas mehr Spielraum eröffnen, mit ihrem Wirkstoff Avelumab weitere Therapiefelder im hart umkämpften Feld der Krebsimmuntherapie zu besetzen. Andererseits zeigt das Beispiel Opdivo, dass auch die Krebsimmuntherapie für die Pharmahersteller keineswegs eine sichere Bank ist. Die Gefahr, dass hochgesteckte Erwartungen verfehlt werden, dürfte auch für die anderen Akteure gewachsen sein. Sie müssen erst noch zeigen, dass ihre Wirkstoffe bessere Resultate liefern als das BMS-Produkt.

KONTEXT

Formen der Krebs-Therapie

Operation

Bei einer Operation wird der Tumor entfernt, häufig auch die umliegenden Lymphknoten um eine Streuung zu vermeiden. Eine Operation allein reicht meist nicht aus.

Quelle: Bayerische Krebsgesellschaft

Chemotherapie

Dabei kommen bestimmte Medikamente, sogenannte Zytostatika, zum Einsatz. Sie können bösartige Tumoren zerstören oder zumindest ein weiteres Wachstum verhindern. Die Medikamente greifen in den Zell-Stoffwechsel ein. Weil sie aber nicht zwischen gesunden Zellen und Tumorgewebe unterscheiden können, kommt es zu Nebenwirkungen, etwa Haarausfall, Erbrechen, Immunschwäche. Weil sich das Normalgewebe aber schneller regeneriert, wirkt die Chemotherapie auf Krebszellen stärker.

Strahlentherapie

Der Tumor wird vor, nach oder anstelle einer Entfernung mit energiereicher Strahlung beschossen. Die Bestrahlung kommt nur lokal zum Einsatz und kann das Wachstum des Tumors bremsen, indem die Tumorzellen zerstört werden.

Molekularbiologische Therapie

Es handelt sich um einen jungen Therapieansatz, auch "targeted therapy" (zielgerichtete Therapie) genannt. Hierunter fällt die in der US-Studie erforschte Blockierung des Ral-Proteins. Spezifische Wirkstoffe sollen zielgenau die Krebszellen angreifen.

Hormontherapie

Hierbei werden Antihormone gegeben. Sie können vor allem Tumoren der Geschlechtsorgane und Brustkrebs im Wachstum stoppen oder verlangsamen.

Hyperthermie

Hierunter versteht man die Überwärmung des Körpers oder einzelner Körperteile. Dies kommt beispielsweise ergänzend zu einer Strahlentherapie zum Einsatz, und kann ihre Wirkung verstärken.