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Der IWF fordert höhere Steuern und mehr Ausgaben in Deutschland

Der Internationale Währungsfonds rät der Bundesregierung zu einer Erhöhung der Grund- und Erbschaftsteuer. Die Empfehlungen dürften der SPD besser gefallen als der Union.

Die neuen wirtschaftspolitischen Empfehlungen des Internationalen Währungsfonds (IWF) dürfte Olaf Scholz (SPD) wohlwollend registriert haben. Vieles, was die Washingtoner Organisation in ihrem jüngsten Deutschland-Bericht schreibt, deckt sich mit den Vorstellungen des sozialdemokratischen Finanzministers.

Dazu gehört etwa die Absage an eine großer Unternehmenssteuerreform. Man würde derzeit keine Senkung der Körperschaftsteuer empfehlen, sagte IWF-Vertreterin Enrica Detragiache am Freitag in Berlin. Scholz hatte zuletzt entsprechende Forderungen von Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) zurückgewiesen.

Wirtschaftsvertreter und Teile der Union begründen die Rufe nach niedrigeren Unternehmenssteuern damit, dass andere Länder wie die USA ihre Körperschaftssteuersätze deutlich gesenkt haben. Deutschland müsse ein wettbewerbsfähiges Unternehmenssteuersystem behalten, „sollte aber nicht an einem schädlichen Steuerwettbewerb teilnehmen“, schreibt der Währungsfonds in seinem Bericht.

Als große, leistungsfähige Volkswirtschaft könne Deutschland durchaus höhere Steuersätze als der OECD-Durchschnitt haben, argumentieren die IWF-Experten. Die rund 30 Prozent Belastung für Unternehmen seien noch verkraftbar. Deutschland müsse nicht in der Gruppe mit den niedrigsten Steuersätzen liegen, so der Währungsfonds.

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Kleinere Anpassungen im Unternehmenssteuerrecht, etwa für Konzerne, die grenzüberschreitende Geschäfte haben, hält der IWF jedoch für sinnvoll. Genauso begrüßt er die steuerliche Forschungsförderung, die die Bundesregierung in der kommenden Wochen im Kabinett beschließen will. Der Umfang sei aber zu niedrig, da könne mehr getan werden, so die IWF-Experten. Scholz plant mit einer Förderung von jährlich 1,3 Milliarden Euro.

Der IWF meint, dass die Bundesregierung im Haushalt Spielraum habe, um mehr Geld auszugeben. Nicht nur für die steuerliche Forschungsförderung, sondern auch für höhere Investitionen. Der Spielraum innerhalb der Schuldenbremse solle genutzt werden, um das Wachstumspotenzial der Wirtschaft zu stärken, schreibt der Währungsfonds in seinem Bericht.

Die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse erlaubt dem Bund ein Defizit von 0,35 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP), also rund zehn Milliarden Euro. In vergangenen Jahren hatten das aber sowohl Scholz wie auch sein Vorgänger Wolfgang Schäuble (CDU) mit schuldenfreien Haushalten übererfüllt – zum Missfallen des IWF.

„Die schwarze Null ist keine Schuldenregel“, sagte IWF-Vertreterin Detragiache. „Sie ist ein politische Festlegung.“ Aus ihrer Sicht keine kluge. Denn der Schuldenstand Deutschlands würde auch sinken, wenn der Bund sich im Rahmen der Schuldenbremse ein kleines Defizit mache.

Die Forderung nach einer Abkehr von der schwarzen Null dürfte zu den wenigen Punkten gehören, bei denen Finanzminister Scholz anderer Meinung ist. Ansonsten kommen die steuerpolitischen IWF-Empfehlungen eher der SPD entgegen als der Union. So fordert der Währungsfonds eine Entlastung für die Bezieher „niedriger Einkommen“.

Der Staat müsse zudem mehr Geld für die Kinderbetreuung und Bildung ausgeben. „Wenn nötig, könnte dafür im Haushalt Spielraum geschaffen werden durch eine Reform der Grundsteuer und Erbschaftsteuer“, heißt es in dem Bericht.

In Deutschland gebe es eine vergleichsweise hohe Ungleichheit bei der Vermögensverteilung, während die Vermögensbesteuerung relativ gering sei, erklärte Detragiache. Deshalb könne eine höhere Grundsteuer und eine höhere Erbschaftsteuer „hilfreich“ sein, so die IWF-Deutschlandexpertin.

Für das Wirtschaftswachstum in Deutschland zeigte sich der IWF verhalten optimistisch. Kurzfristig sei der Ausblick für die deutsche Wirtschaft gut, so der IWF. Aber er verwies auf Risiken wie eine Eskalation im Handelsstreit mit den USA, einen ungeordneten Brexit oder eine stärkere Konjunkturabkühlung in China.

Positiv hob er vor allem die niedrige Arbeitslosigkeit und die steigenden Einkommen hervor. Dazu habe auch der Mindestlohn beigetragen. Ein weiterer Anstieg der Löhne sei für die Konjunktur wichtig, so der IWF in seinem Bericht.

Auch eine Anhebung des Mindestlohnes sieht der Währungsfonds als möglich an, negative Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt habe es bisher kaum gegeben. Deutschland könne hier also noch „aggressiver sein“, sagte Detragiache. Das sei aber eine Entscheidung der zuständigen Kommission. Scholz und die SPD hatten zuletzt einen Mindestlohn von zwölf Euro gefordert.

Wie schon in früheren Jahren bemängelte der IWF die zu niedrigen Investitionen in Deutschland, er kritisierte unter anderem die mangelhafte digitale Infrastruktur. Das Ziel der Großen Koalition zwölf Milliarden zu investieren, sei zwar richtig, aber es gehe zu langsam voran.