Werbung
Deutsche Märkte geschlossen
  • DAX

    18.001,60
    +105,10 (+0,59%)
     
  • Euro Stoxx 50

    4.921,48
    +30,87 (+0,63%)
     
  • Dow Jones 30

    38.675,68
    +450,02 (+1,18%)
     
  • Gold

    2.310,10
    +0,50 (+0,02%)
     
  • EUR/USD

    1,0767
    +0,0039 (+0,37%)
     
  • Bitcoin EUR

    58.537,45
    +3.863,12 (+7,07%)
     
  • CMC Crypto 200

    1.359,25
    +82,27 (+6,44%)
     
  • Öl (Brent)

    77,99
    -0,96 (-1,22%)
     
  • MDAX

    26.300,82
    +48,41 (+0,18%)
     
  • TecDAX

    3.266,22
    +26,40 (+0,81%)
     
  • SDAX

    14.431,24
    +63,12 (+0,44%)
     
  • Nikkei 225

    38.236,07
    -37,98 (-0,10%)
     
  • FTSE 100

    8.213,49
    +41,34 (+0,51%)
     
  • CAC 40

    7.957,57
    +42,92 (+0,54%)
     
  • Nasdaq Compositive

    16.156,33
    +315,37 (+1,99%)
     

Yahoo ließ sogar Verizon im Dunkeln tappen

Verizon ist ziemlich verstimmt. Der US-Telekomriese verhandelt seit Monaten über eine Übernahme von Yahoo und feilscht um den Preis. Aber eines der wichtigsten Ereignisse der jüngsten Zeit hat -CEO Marissa Mayer anscheinend bis zur letzten Minute für sich behalten: den Diebstahl von mehr als 500 Millionen Datensätzen.

„In den vergangenen zwei Tagen“, so Verizon-Sprecher Bob Varettoni kurz angebunden per Twitter, „sind wir über Yahoos Sicherheitszwischenfall informiert worden“. Man habe nur „begrenzte Informationen und Überblick über die Tragweite“. Solange man nicht Genaueres wisse, solle man keine weiteren Kommentare abgeben. Das klingt nach frischem Ärger für Mayer und den Yahoo-Aufsichtsrat.

„Do you Yahoo?“ Das ist ein Werbespruch aus vergangenen Tagen, der heute Hunderte Millionen Nutzer teuer zu stehen kommen könnte. Der Internet-Dienst aus Sunnyvale in Kalifornien den Verlust von Daten aus mehr als 500 Millionen Kundenkonten. Das ist der bislang größte bekannt gewordene Datenverlust. Vergangenen Monat hatte das Unternehmen den Umfang noch auf 200 Millionen beziffert.

Die schlechte Nachricht zuerst: Unter den entwendeten Daten können Namen, Geburtstage, E-Mail-Adressen und Telefonnummern sein. Zum Teil fielen den Angreifern auch Sicherheitsfragen und Antworten in die Hände, mit denen man Passwörter zurücksetzen kann.

WERBUNG

Die gute Nachricht: Kontoverbindungen und Kreditkartendaten sind nach heutigem Stand nicht betroffen, auch nicht unverschlüsselte Passwörter. Verschlüsselte Passwörter sind theoretisch sicher, aber mit genügend technischem Aufwand ist einfach alles zu knacken in der digitalen Welt, selbst iPhones, wie das FBI jüngst bewies.

Viele Nutzer, auch in Deutschland, werden sich jetzt beruhigt zurücklehnen und sich denken: „Egal – ich war seit Jahren nicht mehr bei Yahoo.“ Doch das ist gefährlich. Denn es ist weitverbreitete Praxis, für mehrere Internet-Konten dieselben Nutzernamen und Passwörter zu verwenden. Mit den gestohlenen Informationen könnten sich die Täter also auch bei anderen Anbietern Zugang verschaffen.

Wer von Yahoo bereits eine E-Mail bekommen hat, der ist akut gefährdet und unter den potenziellen Opfern. Passwort und Sicherheitsfragen sollten in diesem Fall sofort geändert werden. Aber auch allen anderen ist es geraten, die Gelegenheit zu nutzen, um reinen Tisch zu machen und die vergessenen Konten bei Yahoo-Mail und anderen Diensten auf den aktuellsten Stand zu bringen.

Es könnten allerdings bereits gefälschte E-Mails im Umlauf sein, warnt Yahoo, bei denen unter dem Vorwand, die Sicherheit wieder herzustellen, persönliche Angaben oder Passwörter abgefragt werden. Yahoo verweist darauf, dass dies in keinem Fall eine Mitteilung von dem Unternehmen ist.

Wer sein Passwort seit 2014 nicht mehr geändert hat, sollte es sofort nachholen, so Yahoo. Das ist schon eine interessante Eile bei einem Unternehmen, das selbst offenbar fast zwei Jahre gebraucht hat, um herauszufinden, dass die Daten überhaupt gestohlen wurden.


Yahoo vermutet Hacker mit „staatlichem Hintergrund“ hinter dem Angriff

Yahoo glaubt, die Täter seien Hacker mit „staatlichem Hintergrund“. Das ist zunächst einmal eine gängige Umschreibung, um die Schuld Russland oder China zuzuschieben. Doch bislang hat Yahoo dafür keine Beweise vorgelegt.

Was bedeutet das Datendesaster nun für die anstehende Übernahme von Yahoo durch Verizon? Der Mobilfunkriese ist in erster Linie an den Kundenverbindungen und der Werbe-Technologie von Yahoo interessiert. Letzteres bleibt unberührt, aber viele Kunden könnten nun Yahoo verlassen.

Analysten gehen in ersten Stellungnahmen davon aus, dass Verizon den Deal nicht werde platzen lassen. Doch eine Preissenkung erscheint wahrscheinlich. Derzeit liegt das Angebot für die Kernaktivitäten von Yahoo bei 4,8 Milliarden Dollar.

Die Haftungsrisiken aus dem Diebstahl sind in keiner Weise absehbar. „Es sieht so aus, als ob Yahoo Verizon, so wie den Rest von uns, im Dunkeln gelassen hat“, zitiert PC-World den Analysten Jack Gold von J. Gold Associates. „An deren Stelle wäre ich vorsichtig. Wenn sie Yahoo wie geplant kaufen, sind sie für alle potenziellen Schäden haftbar.“

Der demokratische US-Senator Mark Warner aus Virginia ist ebenfalls entsetzt: „Besonders verstörend ist die Tatsache, dass der Datendiebstahl 2014 erfolgt ist und die Öffentlichkeit erst jetzt die Details bekommt“, erklärte er am Mittwoch. Warner verlangt eine sofortige Senatsinitiative, um verbindliche Standards für die Bekanntmachung von Datenverlusten festzulegen.

Es ist schwer vorstellbar, aber Yahoo war einmal eines der wertvollsten Unternehmen der Welt mit einer Börsenbewertung von mehr als 100 Milliarden Dollar. Dann kam der Dot.com-Crash und der Aktienkurs fiel von mehr als 100 auf gerademal vier Dollar. Yahoo überlebte zwar, fand aber niemals wieder den Anschluss. Dann begann der Konzern Google die Massen zu begeistern, und dessen Internetsuche beerdigte praktisch Yahoo als Index-Katalog des Webs.

Yahoo probierte später neue Wege aus, mal als Nachrichten-, mal als Unterhaltungsportal. Seit 2009 gaben sich vier Vorstandschefs die Klinke in die Hand, ohne viel zu bewegen. Zuletzt kam Marissa Mayer und sie hat nun die Aufgabe, das erste Multimilliarden-Dollar-Übernahme der Internetindustrie abzuwickeln.

2016, ganze acht Jahre, nachdem Microsoft die Rekordsumme von 44 Milliarden Dollar geboten hatte und damit abgeblitzt war, gehen jetzt die kläglichen Reste für ein Zehntel des Preises an den Telekomkonzern Verizon - falls nicht noch ein Rabatt gefordert wird.

KONTEXT

Wichtige Momente der Yahoo-Geschichte

1994

Die Studenten Jerry Yang und David Filo gründen "Jerry und Davids Wegweiser für das World Wide Web", ein nach Themen geordnetes Verzeichnis von Webseiten. Wenig später ändern sie den Namen in Yahoo.

1996

Yahoo geht an die Börse.

2000

Yahoo ist zeitweise mehr als 120 Milliarden Dollar wert. Anders als der Konkurrent AOL, der Time Warner übernehmen will, nutzt der Internet-Pionier die Bewertung nicht für einen großen Deal. Mit dem Platzen der Internet-Börsenblase fällt die Aktie um rund 90 Prozent.

2002

Yahoo-Chef Terry Semel versucht, für drei Milliarden Dollar Google zu kaufen. Die Gründer Larry Page und Sergey Brin lehnen ab.

2004

Yahoo versucht, ein eigenes Suchmaschinengeschäft aufzubauen.

2006

Semel, ein früherer Chef des Filmstudios Warner Brothers, will Mark Zuckerberg für eine Milliarde Dollar Facebook abkaufen. Zuckerberg überlegt, entscheidet sich aber gegen einen Verkauf.

2008

Microsoft bietet rund 45 Milliarden Dollar für Yahoo, um sein Web-Geschäft im Konkurrenzkampf mit Google aufzurüsten. Mitgründer Yang, der Semel inzwischen an der Spitze abgelöst hatte, lehnt ab.

2009

Microsoft liefert in einem auf zehn Jahre ausgelegten Deal die Suchmaschinen-Technologie für Yahoo.

2012

Nachdem mehrere Top-Manager scheitern, holt sich Yahoo Google-Managerin Marissa Mayer an die Spitze. Sie will das Mediengeschäft ausbauen und wieder in die Websuche zurückkehren.

2013

Mayer kauft für rund eine Milliarden Dollar die Blogplattform Tumblr, um jüngere Nutzer anzulocken.

2015

Yahoo will den rund 30 Milliarden Dollar teuren Anteil von 15 Prozent am chinesischen Online-Riesen Alibaba steuerfrei für die Aktionäre abspalten. Die US-Steuerbehörde signalisiert jedoch, dass sie den geplanten Deal nicht durchgehen lassen wird.

2016

Yahoo stellt sein Web-Kerngeschäft zum Verkauf, die Beteiligungen an Alibaba und Yahoo Japan sollen in der alten Gesellschaft bleiben. Der US-Telekommunikationskonzern Verizon übernimmt im Juli das Kerngeschäft für 4,83 Milliarden Dollar (4,4 Milliarden Euro).