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Wintershall trotzt der Branchenkrise

Kleiner, aber profitabler: Nach dem Verkauf des Handelsgeschäfts schrumpft Wintershall auf ein Fünftel seiner Größe. Doch während Multis wie Statoil Verluste melden, steigert Deutschlands Öl- und Gasprimus seine Marge.

Mario Mehren vergleicht die Situation von Öl- und Gaskonzernen gerne mit dem Wetter. Bis 2014 schien aus der Sicht des Wintershall-Chefs für die globalen Rohstoffriesen unentwegt die Sonne. Denn ein Barrel Rohöl (159 Liter) brachte ihnen zeitweise mehr als 115 Dollar ein. Seither ist der Ölpreis aber um 70 Prozent eingebrochen.

„Stürmisch sind die Zeiten“, erklärte der Vorstandsvorsitzende von Deutschlands größtem Öl- und Gaskonzern am Mittwoch in Kassel. Aber Wintershall sei „wetterfest“ und könne mit der schwierigen Situation umgehen. „Wir sehen dem Sturm ins Auge und halten den Horizont fest im Blick“, erklärte Mehren. Seine Kernbotschaft: Während Ölmultis wie Statoil oder Chevron in den vergangenen Wochen herbe Verluste für das abgelaufene Geschäftsjahr bekannt geben mussten, schreibt die Tochter des Chemieriesen BASF weiterhin solide Gewinne.

Konkret erwirtschaftete Wintershall im vergangenen Jahr bei einem Umsatz von 2,77 Milliarden Euro einen Ertrag vor Zinsen, Steuern und Sondereinflüssen (Ebit) in der Höhe von 517 Millionen Euro. In absoluten Zahlen ist Wintershall zwar auf ein Fünftel seiner einstigen Größe geschrumpft – 2015 lag der Umsatz noch bei fast 13 Milliarden Euro und das Ebit bei 1,6 Milliarden Euro. Aber dieser Rückgang ist strategisch gewollt.

Wintershall hat 2016 seinen 50-Prozent Anteil an dem Gashandels- und Speichergeschäft, das unter dem Namen Wingas firmiert, in einem politisch hochumstrittenen Tauschgeschäft an den russischen Energieriesen Gazprom abgegeben. Im Gegenzug sicherte sich Wintershall einen besseren Zugang zu Gasfeldern in Sibirien. Der Kasseler Konzern konzentriert sich damit nun auf die Exploration und den Gastransport über Pipelines. Der Clou dabei: Das Aufspüren und Fördern von Öl und Gas bringt deutlich mehr Gewinn ein als das umsatzträchtige Handelsgeschäft.

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An den Geschäftszahlen 2016 lässt sich das bereits ablesen. Im vergangenen Jahr erzielte Wintershall eine Ebit-Marge von rund 18,7 Prozent. Zum Vergleich: Im Geschäftsjahr 2015, als der Gashändler Wingas noch zum Konzern gehörte, lag die Ebit-Marge nur bei 10,5 Prozent. Klar ist aber auch: Der Fokus auf das Explorationsgeschäft birgt Risiken. Der Rohstoffhandel mag zwar weniger Ertrag einbringen, ist aber ein vergleichsweise sichereres Geschäft.

„Unsere Strategie stimmt“, ist Wintershall-Chef Mehren ist dennoch überzeugt. Sein Konzern fördere Öl- und Gas „mit dem man Geld verdient“. Dabei profitiert Mehren davon, dass bereits seine Vorgänger in Öl- und Gasfelder in Ländern wie Russland oder Argentinien investiert haben, in denen die Förderkosten sehr gering sind. Im Schnitt liegen die Produktionskosten von Wintershall nach eigenen Angaben bei rund 9 Dollar pro Barrel an Öläquivalent. Im Branchenschnitt der Öl- und Gasindustrie liegen die Produktionskosten dagegen bei fast 16 Dollar pro Barrel.

Trotz des Booms von Solar- und Windkraft und den verstärkten Bemühungen dem Elektroauto zum Durchbruch zu verhelfen, ist das Zeitalter von Öl und Gas aus Sicht von Mehren „noch lange nicht vorbei“. Gerade Erdgas bescheinigt der Manager eine rosige Zukunft.

„Erdgas ist der entscheidende Partner für jede Energiewende“, sagte Mehren. Denn auf dem Weg ins Ökozeitalter sei Erdgas die ideale Brücke, um die witterungsbedingten Schwankungen von Solar- und Windstrom auszugleichen. Zudem ist die Stromgewinnung in Gaskraftwerken um etwa zwei Drittel weniger schädlich für das Klima als das Abfackeln von Kohle. Will die EU wie geplant die Kohlendioxid-Emissionen drastisch reduzieren, führt aus Sicht von Mehren kein Weg an Gas vorbei.

Dieses Jahr will Wintershall seinen Umsatz und den Gewinn deutlich steigern. Ausschlagegebend dafür sollen insbesondere höhere Preise für Öl und Gas sein. Lag der Preis für ein Barrel Rohöl 2016 im Jahresschnitt bei 44 Dollar, rechnet Wintershall für 2017 mit einem durchschnittlichen Ölpreis von 55 Dollar. „Der Sturm ist noch nicht vorbei“, sagt Mehren. „Aber es gibt Licht am Horizont“.

KONTEXT

Gas-Pipelines im Überblick

Nord Stream

Im Herbst 2012 wurde der zweite Strang der Ostsee-Pipeline Nord Stream in Betrieb genommen. Sie kann 55 Milliarden Kubikmeter Gas pro Jahr von Russland direkt nach Lubmin bei Greifswald transportieren. Damit können rechnerisch 26 Millionen Haushalte versorgt werden. Die Pipeline ist 1224 Kilometer lang.

Nord Stream 2

Die Erweiterung von Nord Stream ist bereits in Planung. Nord Stream 2 soll eine Art Zwillingspipeline werden: weitgehend parallel zur ersten Trasse und mit ähnlicher Kapazität. Die Bauarbeiten sollen 2018 starten, das erste Gas Ende 2019 fließen.

Turkish Stream

Die Pipeline soll vom russischen Küstenort Anapa durch das Schwarze Meer über die Türkei bis an die griechische Grenze führen. Durch zwei Stränge könnten in einigen Jahren jährlich bis zu 31,5 Milliarden Kubikmeter fließen. Das Vorhaben des Staatskonzerns Gazprom gilt als Nachfolger des Pipeline-Projekts South Stream.

South Stream

Die Leitung mit einer Gesamtlänge von 2380 Kilometern sollte die russische Stadt Anapa am Schwarzen Meer mit dem italienischen Tarvisio verbinden. Sie hätte es ermöglicht, russisches Gas am Krisenland Ukraine vorbei nach Europa zu transportieren. Nach russischen Plänen hätten von 2019 an bis zu 38 Millionen Haushalte versorgt werden können. Ende 2014 stellte Russland das Projekt ein. Der Kreml begründete das Aus mit der "Blockadehaltung" der EU.

Nabucco

Das von der EU befeuerte Projekt sollte die Abhängigkeit Europas von russischem Erdgas verringern. Die Pipeline sollte Gas vom Kaspischen Meer über Bulgarien und Wien nach Europa liefern. Allerdings entschied sich die wegen ihrer Öl- und Gasvorräte vom Westen stark umworbene Republik Aserbaidschan 2013 dafür, ihr Gas über eine andere Pipeline gen Westen zu schicken - damit galt dieses Projekt als gescheitert. (Quelle: dpa)