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Trump ist Amerikas Rache

Die großen internationalen Krisen – Krim und Ukraine, Syrien und das iranische Atomabkommen – lassen sich nicht trennen. Ein Gastbeitrag.

Rache ist unzivilisiert. Sie ist gewiss nicht die feine englische Art des Umgangs zwischen Menschen oder Staaten. Sie ist grundsätzlich abzulehnen. Aber jede Rache hat ihre Vorgeschichte(n). „Wer Wind sät, wird Sturm ernten“. Wir haben diesen Wind zumindest mit gesät. Wir Europäer, wir Deutsche und natürlich auch andere Teile der Welt, nicht nur der muslimische.

Schon lange vor Trump war Antiamerikanismus Trumpf. Besonders in Deutschland und Frankreich. Bis heute haben viele Franzosen es nicht überwunden, dass Amerikas Armee sie im 20. Jahrhundert zweimal von den Deutschen befreien musste. Insofern war es folgerichtig, dass in den 1960er-Jahren besonders dort der Anti-US-Kampfruf „USA-SA-SS“ zu hören und zu lesen war. Dieser geschmacklose Unsinn war das Privileg neulinker Randale. Der alles andere als linke und ansonsten außerordentlich kluge Präsident und Ex-General Charles de Gaulle wollte im innerfranzösischen Anti-US-Wettkampf mithalten und verkündete für Frankreich eine Rundumverteidigung „in alle Himmelsrichtungen“.

Das bedeutete im wirren Klartext: Nicht nur vom Osten, sprich der Sowjetunion, sei Frankreich bedroht, sondern auch vom Westen, sprich: den USA. Dabei war jedermann klar: Ohne den US-Schutzschild würden nicht nur West-Deutschland, sondern auch Frankreich sowie der Rest Westeuropas von der Roten Armee überrollt.

Bis heute halten manche dagegen und sagen: Die USA hätten Westeuropa im Falle eines Krieges mit der Sowjetunion als Glacis, quasi als Prellbock, benutzt. Frei nach dem Motto: Je deutscher und westeuropäischer der Krieg, desto weniger amerikanisch. Noch deutlicher: Wenn schon Krieg mit der Sowjetunion, dann lieber auf dem Boden Westeuropas als der USA. Ja, diese strategische Überlegung spielte für die USA durchaus eine Rolle. Umgekehrt wären jedoch Deutschland und Westeuropa, wie gesagt, der Sowjetunion gegenüber so gut wie ausgeliefert, also erpressbar oder, noch schlimmer, überrollbar gewesen. Die Zeche hierfür haben in erster Linie die US-Bürger bezahlt.

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In der Bundesrepublik Deutschland haben viele vergessen: Die USA, mehr als alle anderen, haben nicht nur die Welt, sondern nicht zuletzt auch die Deutschen von Hitler befreit und Demokratie ermöglicht. Dennoch belehrten – lange vor Trump – gerade hierzulande viele Bürger die USA was Demokratie sei. Heute erteilt sogar die Bundeskanzlerin den USA – nach freien Wahlen mit einem auch für mich unerfreulichen Ergebnis – Demokratienachhilfe.

Bis zum Deutschlandbesuch von US-Präsident John F. Kennedy im Juni1963 war Antiamerikanismus eher in altkonservativen, deutschnationalen, kulturdünkelhaften Zirkeln zu finden. Tenor: „Die kauen nur Kaugummi, legen die Füße auf den Tisch, schauen nur fern und trinken Coca-Cola.“ In der politischen Meinung der internationalen Öffentlichkeit verloren die USA ebenfalls. Auch bei ihren Verbündeten. Allen voran West-Deutschland und Frankreich.

Zwischen Bonn und Washington knisterte es seit den 1970er-Jahren, besonders unter SPD-Kanzlern. Helmut Schmidt kanzelte US-Präsident Jimmy Carter wie einen dummen Schüler ab. Kaum anders Gerhard Schröder gegenüber George W. Bush junior. War das die Dankbarkeit für die Tatsache, dass es ohne dessen Vater, George Bush, nie die friedliche Wiedervereinigung Deutschlands gegeben hätte?

Den USA wurde lange vor Trump vorgeworfen, sie unternähmen nichts, „wenn muslimisches Blut fließt“. Wer, wenn nicht US-Präsident Jimmy Carter hat 1978/79 den einstigen US-Günstling, den Schah des Iran, zugunsten der Mullahs fallen lassen? Wer, wenn nicht die USA, haben 1995 unter Bill Clinton die Muslime in Bosnien-Herzegowina vor den christlichen Serben gerettet? Wer, wenn nicht die USA haben unter Bill Clinton 1999 die muslimischen Kosovaren vor den christlichen Serben gerettet? Bis heute haben die US-Steuerbürger die Zeche bezahlt – wie auch bei der Nato. Zur Belohnung wurden „die“ Amerikaner kritisiert und US-Bürger gerade in oder von der muslimischen Welt attackiert. Wen wundert's, dass „Der kleine US-Mann auf der Straße“ nun „Nein danke!“ sagt.

Völlig inakzeptabel sind die von Trump verhängten Einreiseverbote für Muslime. Aber messen wir nicht auch hier mit zweierlei Maß? Wer von uns hat ebenso vehement dagegen protestiert, dass zahlreiche islamische Staaten seit Jahrzehnten keine Israelis mehr einreisen lassen? Proteste gegen die Trump-Politik sind gerecht und richtig. Sie sind leider auch selbstgerecht.

„Zivilcourage, Wie der Staat seine Bürger im Stich lässt“, heißt das neueste, brandaktuelle Buch des Historikers und Publizisten Prof. Dr. Michael Wolffsohn

KONTEXT

Die Bedeutung der USA für die deutsche Wirtschaft

Investitionen

Die deutschen Unternehmen haben mehr als 271 Milliarden Euro an Direktinvestitionen in den USA - etwa Fabriken und Immobilien. Mehr als 3700 Unternehmen sind in den Vereinigten Staaten tätig. Allein die 50 größten deutschen Firmen dort kommen auf einen Jahresumsatz von 400 Milliarden Dollar. Auch US-Unternehmen haben erhebliche Beträge in Deutschland investiert: Der Bestand summiert sich auf rund 27 Milliarden Euro. Allein 2015 wurden 252 neue Projekte hierzulande von US-Firmen gestartet, von Neuansiedlungen auf der grünen Wiese über Erweiterungen bis hin zu Standortwechseln. Allein die 50 größten US-Unternehmen kommen in Deutschland auf einen Jahresumsatz von rund 170 Milliarden Euro.

Jobs

Mehr als eine Million Jobs in Deutschland hängen direkt oder indirekt von den Exporten in die USA ab. Weitere 630.000 Arbeitsplätze gibt es in Betrieben, die von US-Firmen kontrolliert werden. Allein McDonald's Deutschland zählt etwa 58.000 Mitarbeiter, der Personaldienstleister Manpower 27.000, die Ford-Werke gut 25.000 und die GM-Tochter Opel etwa 18.000. Umgekehrt schaffen deutsche Unternehmen in den USA ebenfalls Hunderttausende Stellen. Größter deutscher Arbeitgeber ist dort die Deutsche-Post-Tochter DHL mit rund 77.000 Beschäftigten, gefolgt von Siemens (70.000), dem Autozulieferer ZF (62.000) und Volkswagen (60.000).

Handel

Seit 2015 sind die USA der wichtigste Exportkunde der deutschen Unternehmen, nachdem über mehr als sechs Jahrzehnte Frankreich diese Position innehielt. Waren im Wert von rund 114 Milliarden Euro wurden damals dorthin verkauft - vor allem Fahrzeuge, Maschinen und chemische Produkte. Umgekehrt importierte Deutschland Waren im Wert von knapp 60 Milliarden Euro aus den USA, was sechs Prozent aller deutschen Einfuhren entspricht.