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Im Schatten des Ukraine-Kriegs: Warum in Taiwan der nächste große Konflikt droht

Solidarisch vereint: Ukrainer und Taiwaner demonstrieren in Taipeh gegen die russische Invasion. - Copyright: picture alliance/abaca
Solidarisch vereint: Ukrainer und Taiwaner demonstrieren in Taipeh gegen die russische Invasion. - Copyright: picture alliance/abaca

Dieser Tag geht in die Geschichte ein: Zum ersten Mal seit einem Vierteljahrhundert ist eine amerikanische Spitzen-Politikerin nach Taiwan gereist. Am Dienstagabend (Ortszeit) landete Nancy Pelosi in Taipeh, am Mittwoch könnte es ein Treffen mit Präsidentin Tsai Ing-wen geben.

China reagiert auf Pelosis Reise mit Säbelrasseln: Kurz vor ihrer Landung überflogen Kampfjets des Typs SU-35 den Meeresweg über der Taiwanstraße. Peking sieht die Demokratie als „abtrünnige Provinz“, die es langfristig zurückerobern will. So hatte Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping US-Präsident Joe Biden in einem Telefonat am Donnerstag vor dem Besuch Pelosis gewarnt: „Diejenigen, die mit dem Feuer spielen, werden daran zugrunde gehen.“

Militär in Alarmbereitschaft

Nach Russlands Invasion der Ukraine befürchten Experten, dass dem Inselstaat und seinen 23 Millionen Einwohnern bald ein ähnliches Schicksal drohen könnte. Schon jetzt hat China mit Manövern, Schießübungen, Militärflugzeugen und Kriegsschiffen nahe Taiwan eine entsprechende Drohkulisse aufgebaut.

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Taiwan erhöhte daraufhin die Einsatzbereitschaft des Militärs und wehrte einen Hacker-Angriff auf die offizielle Webseite von Präsidentin Tsai ab. Die Regierungsseite war 20 Minuten nicht erreichbar.

Warum reagiert China so heftig?

Pelosi ist nach Präsident Joe Biden und seiner Vize-Präsident die Nummer Drei der amerikanischen Regierung. Ihr Besuch ist der Kommunistischen Partei deshalb ein Dorn im Auge, weil sie befürchtet, hochrangige Politiker aus anderen Ländern könnten es ihr nachtun, damit die Aufmerksamkeit auf den Taiwan-Konflikt erhöhen und die Insel in ihrer Unabhängigkeit vom Festland bestärken.

„Nancy Pelosi wird in Taiwan für ihre klare Haltung zur Volksrepublik und ihr Engagement für die Menschenrechte sehr geschätzt“, erklärt Asien-Expertin Anna Marti im Gespräch mit Business Insider. Sie ist die Leiterin der Friedrich-Naumann-Stiftung in Taipeh. „Hier in Taiwan stellen sich aber auch viele die Frage, weshalb sie gerade jetzt kommt, und nicht zu einem anderen Zeitpunkt, der vielleicht politisch weniger angespannt wäre.“

Eigentlich war Pelosis Reise schon für April geplant, musste jedoch aufgrund ihrer Corona-Erkrankung abgesagt werden. Anders als in den letzten Tagen ließ Peking die Reisepläne damals so gut wie unkommentiert. Nun aber fällt ihr Besuch zusammen mit den Vorbereitungen für Xi Jinpings dritte Amtszeit.

Taiwaner machen Erste-Hilfe-Kurse

"Der russische Angriff auf die Ukraine hat hier bei vielen Menschen ein Unwohlsein hervorgerufen“, so Marti. "Grundsätzlich ist die Gefahr eines Angriffs durch die Volksrepublik ja nichts Neues – die besteht seit Gründung der Volksrepublik 1949. Die Taiwanerinnen und Taiwaner sind sich dessen bewusst – und haben sich auch damit arrangiert. Der Angriff auf die Ukraine hat bei vielen Menschen hier Betroffenheit ausgelöst: So wie denen könnte es uns auch bald gehen.“

Panisch seien die Taiwaner nicht, aber sie setzten sich zunehmend mit der Frage auseinander, wie gut sie auf einen Angriff vorbereitet wären und machten zum Beispiel Erste-Hilfe-Kurse.

Was steckt hinter der Ein-China-Politik?

Chinas Staats- und Parteichef Xi sieht eine „Vereinigung“ mit Taiwan als „historische Mission“, der nach seinen Worten nicht „der nächsten Generation“ überlassen werden könnte und für Chinas „Auferstehung“ als Großmacht in der Welt unumgänglich wäre.

Dieser kommunistische Machtanspruch geht auf die Gründungsgeschichte der Volksrepublik zurück. Nach der Niederlage im Bürgerkrieg gegen die Kommunisten zog die nationalchinesische Kuomintang-Regierung (KMT) mit ihren Truppen nach Taiwan, während Mao Zedong 1949 in Peking die Volksrepublik ausrief. Inzwischen gilt die Ein-China-Politik, wonach Peking jedes Land, das diplomatische Beziehungen haben will, keine offiziellen Kontakte mit Taiwan unterhalten darf. Auf Chinas Druck wurde Taiwan aus den Vereinten Nationen und internationalen Organisationen ausgeschlossen. Nur weniger als zwei Dutzend kleinere Länder unterhalten noch diplomatische Beziehungen. Deutschland oder die USA betreiben nur eine inoffizielle Vertretung in Taipeh.

Der chinesische Präsident Xi Jinping bei einem Besuch eines Militärtrainings in der Provinz Fujian.
Der chinesische Präsident Xi Jinping bei einem Besuch eines Militärtrainings in der Provinz Fujian.

Putin steht an Xis Seite

Solidaritätsbekundungen für Peking kamen am Dienstag prompt aus Moskau, das sich seit der Ukraine-Invasion international isoliert sieht. Dementsprechend wichtig sind gute Beziehungen zu China. „Alles im Zusammenhang mit dieser Tour“ von Nancy Pelosi trage „eine höchst provokative Note“, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow der Agentur Interfax. „Wir wollen noch einmal betonen, dass wir hier absolut solidarisch mit China sind.“

Warum ist Taiwan wichtig?

Die Insel hat wegen ihrer Lage an wirtschaftlich wichtigen Meeresstraßen geostrategische Bedeutung und wurde von US-Generälen früher auch gerne als „unsinkbarer Flugzeugträger“ beschrieben. Zudem ist Taiwan ein wichtiger Produzent von Halbleitern und somit für die Elektro-Industrie von großer Bedeutung.

Wie geht es weiter?

Experten rechnen in den kommenden Tagen mit vermehrten Militärmanövern und möglichen Raketentests von chinesischer Seite.

„Der Besuch ist für Taiwan in zweischneidiges Schwert. Hochrangige Besuche sind auf Grund der politischen Situation eher schwierig: Die meisten Staaten haben keine diplomatischen Beziehungen mit Taipei, und oftmals gibt es Beschränkungen welche Hierarchie-Ebene überhaupt nach Taipeh reisen darf. Nancy Pelosi ist ein echtes politisches Schwergewicht. Als Vertreterin des engsten Verbündeten der Insel hat ihr Besuch eine zusätzliche Bedeutung“, so Anna Marti.

Thomas Jäger, Experte für internationale Außenpolitik an der Universität Köln, hält eine Eskalation für unwahrscheinlich: „Es könnte der Funken für einen Konflikt sein, der nur schwer zu beherrschen ist – wobei die Interessenlage auf beiden Seiten nach rationaler Bewertung gegen eine militärische Eskalation spricht.“

Joe Biden habe insofern schon deeskaliert, als er vor wenigen Tagen Xi Jinping versicherte, dass die USA Taiwans Unabhägigkeit nicht anstreben. Das Problem sei nur, dass in Peking das niemand glaube.

„Die US-Regierung muss sich deshalb auf viele Szenarien vorbereiten und sollte dabei jeweils versuchen, unter der Eskalationsstufe Chinas zu bleiben“, sagte Jäger Business Insider. „Die Demonstration der Stärke haben beide Seiten zu Wasser und China in der Luft schon gezeigt. Die Gefahr bei solchen Manövern besteht jedoch, dass irgendetwas aus dem Ruder läuft. Deshalb wäre es parallel von höchster Bedeutung für die nächsten Stunden einen permanenten Gesprächskontakt aufrechtzuerhalten. Nach dem Besuch können dann beide Seiten dem heimischen Publikum ihre unnachgiebige Stärke vorführen.“