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Unternehmen streichen immer mehr interne Treffen und untersagen Dienstreisen

Die Angst vor der Ausbreitung des Coronavirus treibt auch immer mehr Unternehmen um. Tausende Mitarbeiter sind dazu angehalten, von zu Hause zu arbeiten.

Der Telekom-Konzern steckt in einer schwierigen Lage. Er muss sich den kritischen Nachfragen der Aktionäre stellen. Gleichzeitig trägt das Unternehmen aber auch eine Verantwortung für die Sicherheit der Teilnehmer. Foto: dpa
Der Telekom-Konzern steckt in einer schwierigen Lage. Er muss sich den kritischen Nachfragen der Aktionäre stellen. Gleichzeitig trägt das Unternehmen aber auch eine Verantwortung für die Sicherheit der Teilnehmer. Foto: dpa

Wer in diesen Tagen in traditionellen Pendlermetropolen wie etwa Frankfurt in die S- oder U-Bahn steigt, bemerkt, dass die Rucksäcke und Taschen praller als sonst sind. Die Menschen haben ihren Rechner aus dem Büro dabei, wie ein Bankmitarbeiter erzählt: „Wer weiß, wann bei uns der erste Erkrankte gemeldet wird und wir die Ansage bekommen, wenn möglich von zu Hause zu arbeiten.“

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Weltweiter Ausnahmezustand
Nicht nur in Deutschland, weltweit herrscht wegen der Ausbreitung des Coronavirus Ausnahmezustand. Das Technologieunternehmen Twitter hat seine 4900 Vollzeitbeschäftigten rund um den Globus aufgerufen, von zu Hause aus zu arbeiten. Auch Google lässt seine Mitarbeiter in der EU-Zentrale in Dublin vorsichtshalber für einen Tag im Homeoffice. Interne Besprechungen und wichtige Aufgaben sollen verstärkt über das Internet erledigt werden. In der Niederlassung in Dublin zeigte ein Mitarbeiter des US-Unternehmens grippeähnliche Symptome.

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Das Coronavirus zwingt die Menschen zur mobilen Enthaltsamkeit. Dienstreisen sind abgesagt, Meetings finden nicht statt oder werden ins Internet verlagert, Heimarbeit wird empfohlen. „Interne Veranstaltungen der Unternehmen kommen auf den Prüfstand“, fasst René Vorspohl vom Verband Deutsches Reisemanagement (VDR) eine aktuelle Mitgliederumfrage zum Thema Coronavirus zusammen.

Anonym hätten dort gleich mehrere Unternehmen berichtet, dass sie sämtliche internen Meetings für eine begrenzte Zeit abgesagt haben – zum Teil sogar für die nächsten drei Wochen. „Vieles wird durch einen virtuellen Austausch – etwa durch Videokonferenzen – ersetzt“, berichtet Vorspohl. 85 Prozent der deutschen Firmen haben laut VDR inzwischen Dienstreisen nach China untersagt, 60 Prozent nach Italien. Selbst Dienstreisen nach Österreich sind für sieben Prozent der befragten Firmen tabu.

Susanne Herold, Leiterin der Abteilung Infektiologie am Uniklinikum Gießen, hält die Vorsorgemaßnahmen für berechtigt und richtig. Zwar müssten die Firmen letztlich selbst den Nutzen und das Risiko etwa von Dienstreisen abwägen. „Ich würde aber auf jeden Fall empfehlen, vor jeder Reise zu prüfen, ob die Reise notwendig ist und wie die aktuelle Gefährdungslage am Zielort ist.“ Großveranstaltungen sollte man in jedem Fall meiden.

Mit Empfehlungen wie dieser rückt auch die in Kürze beginnende Hauptversammlungssaison in den Fokus. Das erste „Großevent“ dieser Art ist das Aktionärstreffen der Deutschen Telekom am 26. März. Der Telekom-Konzern steckt in einer schwierigen Lage. Er muss sich den kritischen Nachfragen der Aktionäre stellen. Gleichzeitig trägt das Unternehmen aber auch eine Verantwortung für die Sicherheit der Teilnehmer.

Konferenzen per Video

Wie schon in den Vorjahren will die Telekom ihr Aktionärstreffen im World Conference Center in Bonn ausrichten. Das Konferenzzentrum bietet Platz für bis zu 7000 Teilnehmer. Eigentlich hätte kommende Woche dort die Cybersicherheitstagung des Konzerns stattfinden sollen. Aber die wurde wegen des Coronavirus abgesagt. „Die Gesundheit und Fürsorge für all unsere Gäste und Partner ist für uns oberstes Gebot“, erklärt Telekom-Sicherheitschef Dirk Backofen. Schließlich wären Experten aus der ganzen Welt gekommen.

Bei der Hauptversammlung am 26. März ist das Problem ein anderes. Traditionell nehmen viele Kleinanleger aus Deutschland teil. Einige sind jedoch älteren Semesters und könnten daher zu einer besonders gefährdeten Risikogruppe gehören, wie es aus Konzernkreisen heißt. Die Telekom erwägt daher, die Teilnahme freizustellen und so weit möglich das Einreichen von Fragen über die Website einzurichten.

Auch Beiersdorf-Chef Stefan de Loecker beschäftigt die Frage, wie das Unternehmen mit dem Jahrestreffen der Anteilseigner Ende April umgehen soll. „Wir diskutieren diese Frage, doch zurzeit gibt es keinen Grund, daran zu zweifeln, dass die Hauptversammlung so stattfindet, wie und wo sie derzeit geplant ist“, sagte er am Dienstag bei der Bilanzpressekonferenz, die wie bei vielen Unternehmen wegen Corona ins Internet verlegt wurde: „Wenn die Situation es erfordert, werden wir kurzfristig, wie jetzt auch, umplanen.“

Das Energieunternehmen Innogy hält dagegen an der für diesen Mittwoch angesetzten Hauptversammlung fest – ergreift nur Hygienemaßnahmen. Das Aktionärstreffen dürfte aber auch nicht zur Massenveranstaltung werden. Die außerordentliche Hauptversammlung hat zudem eine Dringlichkeit. Die Aktionäre sollen nach der Übernahme von Innogy durch Eon über die Verschmelzung abstimmen.

Aktienrechtlich ist eine Verschiebung einer Hauptversammlung kein Problem. Diese muss in den ersten acht Monaten eines Geschäftsjahres stattfinden. „Selbst wenn die Hauptversammlung wegen des Coronavirus nicht innerhalb der gesetzlichen Frist abgehalten werden kann, wird aber wohl — rechtlich — zunächst nicht viel passieren“, glaubt Marc Tüngler, Hauptgeschäftsführer der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW).

Gleichwohl ist eine Verschiebung des Aktionärstreffens eine weitreichende Maßnahme. Nicht nur die Frage der Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat bleibt in der Schwebe. Auch gibt es keine Dividende für die Anteilseigner, solange die nicht über die Verwendung des Bilanzgewinns abgestimmt haben. „Das wird letztlich der entscheidende und kritische Aspekt sein“, ist sich Tüngler sicher.

Hauptversammlungen kann man nicht online abhalten
Eine Hauptversammlung ausschließlich online abzuhalten ist wiederum nicht möglich. Grundsätzlich muss allen Aktionären die Möglichkeit gegeben werden, ihre Abstimmung erst nach Ende der Aussprache festzulegen. Die Aktionäre pauschal zu verpflichten, ihre Stimme vorab an einen Vertreter vor Ort zu übertragen, ist nicht möglich.

Auch jenseits der Hauptversammlungen versuchen Unternehmen, die Ansammlung größerer Menschenmengen zu vermeiden. Die Prüfungs- und Beratungsgesellschaft EY, die schon einen Infizierten in ihren Reihen hat, hat die Regel aufgestellt: Interne Meetings mit Mitarbeitern aus verschiedenen Büros sind auf maximal 25 Teilnehmer begrenzt. Alle größeren und auch internationalen Veranstaltungen und Management-Meetings werden auf Videokonferenz umgestellt, verschoben oder abgesagt.

Ähnlich geht die Boston Consulting Group (BCG) vor. „Wir überprüfen kontinuierlich, ob geplante Meetings stattfinden sollten, die viele Menschen aus unterschiedlichen Regionen zusammenbringen. Manche finden virtuell statt, andere werden verschoben oder abgesagt“, sagt ein Sprecher. Die flexible Arbeit über Telefon- und Videokonferenzen seien die Mitarbeiter ohnehin in ihrem Arbeitsalltag gewohnt.

Management-Meetings abgesagt

Die Deutsche Bahn wiederum hat ein Treffen mit 150 Führungskräften abgesagt. Der Agrarchemie- und Pharmakonzern Bayer beschränkt seine internationalen Meetings seit vergangenem Wochenende auf solche Fälle, die „absolut notwendig sind, um Patienten, Verbrauchern und Kunden gerecht zu werden“, wie es in einem Schreiben des Vorstands an die Belegschaft heißt. Die Teilnahme an größeren externen Zusammenkünften mit internationaler Beteiligung ist auszusetzen. Auch intern sollen Treffen in großen Gruppen vermieden werden.

Wichtige Treffen von Betriebsräten werden ebenfalls Opfer des neuartigen Virus. Die Konferenz der Arbeitnehmer von Bayer etwa, die im März stattfinden sollte, wurde verschoben. Ähnlich agiert der Betriebsrat bei ZF Friedrichshafen. Die für den 10. März angesetzte Betriebsversammlung ist auf unbestimmte Zeit verschoben.

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„Die Gesundheit unserer Beschäftigten hat absolute Priorität“, erklärt Betriebsratschef Achim Dietrich: „Eine Veranstaltung mit mehreren Tausend Leuten in einer eng bestuhlten Halle wollen wir nicht verantworten.“

Der drittgrößte deutsche Autozulieferer hat zudem Reiseverbote für China, Südkorea sowie die italienischen Regionen Piemont, Lombardei, Venetien und Emilia-Romagna ausgesprochen. Jeder, der aus diesen Regionen von Geschäfts- oder Privatreisen zurückkehrt, darf auch das ZF-Werksgelände nicht betreten und soll in Selbstquarantäne gehen. Wer aus dem Rest Italiens oder aus Japan kommt, ist laut ZF-Sprecher dazu angehalten, sich selbst zu beobachten.

Hotelbranche gerät unter Druck

So gut dank der digitalen Technologie der Verzicht auf Pendler- und Dienstreisen zu kompensieren ist, der Hotelbranche setzt der Trend mittlerweile mächtig zu. Unter anderem fallen in den Hotels geplante Firmenveranstaltungen aus. „Während die Buchungen unserer Ferienresorts etwa in Ägypten oder Tunesien von der Krankheitswelle kaum betroffen sind, sehen wir eine deutliche Zurückhaltung beim sogenannten Corporate Travel“, sagt Thomas Willms, Vorstandschef beim Steigenberger-Mutterkonzern Deutsche Hospitality.

Die Flaute spüre man in der Branche insbesondere an Flughafenhotels etwa in Frankfurt oder Amsterdam, die traditionell für Business-Meetings genutzt werden. Ebenso ungewiss sei die Lage derzeit bei großen Ballsaal-Veranstaltungen – Branchentreffs und Firmenveranstaltungen, die Steigenberger in vielen seiner Fünf-Sterne-Häuser anbietet. „Derzeit gibt es dort so gut wie keine neuen Buchungen für Meetings“, sagt Willms. „Während das Geschäft im Januar und Februar noch über unserem Budget lag, sind wegen der Corona-Epidemie jetzt viele Veranstaltungen im März, April und Mai abgesagt.“

Werden jetzt chinesische Produkte knapp?

Gastronomieexperten warnen deshalb schon jetzt vor einer Kettenreaktion. Unter den Verschiebungen solcher Events litten nicht nur Hotels, sondern auch Restaurants und Catering-Firmen, sagt Dehoga-Präsident Zöllick. Schon jetzt hätten Hotelgesellschaften und Eventgastronomen Einbußen „im hohen sechs- bis siebenstelligen Bereich“ zu verkraften.

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