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Lucid Motors: Peter Rawlinsons Rachepläne gegen Elon Musk könnten das Startup daran hindern, das bessere Tesla zu werden

Im Gegensatz zu anderen CEOs befasst sich Rawlinson mit jedem noch so kleinen Detail seines Autos.
Im Gegensatz zu anderen CEOs befasst sich Rawlinson mit jedem noch so kleinen Detail seines Autos.

Mitte September schickte Peter Rawlinson, der Chef von Lucid Motors, ein Schreiben an seine 2.800 Mitarbeiter. Darin gab er das Erreichen eines Meilensteins bekannt, an dem sie jahrelang gearbeitet hatten. Die US-Umweltschutzbehörde hatte gerade ihre Reichweitenschätzung für die Dream Edition des Lucid Air, der vollelektrischen Oberklasse-Limousine des Herstellers bekanntgegeben. Mit einer Batterieladung kommt das Modell 520 Meilen, beziehungsweise 837 Kilometer weit - Somit kann sich das 2007 gegründete Startup in dieser Disziplin den industrieweiten Bestwert auf die Fahne schreiben.

Lucid hat unter der Führung von Rawlinson einen Lauf. Es ging diesen Sommer an die Börse und wurde mit 24 Milliarden Dollar bewertet. Zudem startete in der neuen Fabrik in Casa Grande (Arizona) kürzlich die Produktion des Air, der noch im Oktober an die ersten US-Kunden ausgeliefert werden soll.

Der Lucid-CEO und Musk haben eine Rechnung offen

Auf dem boomenden Elektroautomarkt sticht die Rekord-Reichweite nicht nur heraus, weil sie die Startup-Kollegen und die etablierten Branchengiganten überflügelt. Lucid übertrumpft mit ihr auch Tesla. Der von Elon Musk geführte Autobauer stand hier für über ein Jahrzehnt an der Spitze der Branche.

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Für Rawlinson ist es eines der Hauptziele Tesla zu schlagen. Der gebürtige Waliser spricht oft davon, dass er das beste Auto der Welt bauen will - Und damit würde er seinen ehemaligen Chef Elon Musk absetzen. Die Menschen die mit ihm zusammengearbeitet haben, beschreiben ihn als kreativ und akribisch, praktisch veranlagt, sowie intensiv. Nahestehende sagen, dass er allem eins sei: Besessen davon Elon Musk zu übertreffen.

Rawlinson scheut sich nicht Namen zu nennen

Und der Lucid-Chef tut wenig, um ihre These zu widerlegen. Während die anderen Führungskräfte in der Autobranche meist anonym von "Konkurrenten" sprechen, nennt Rawlinson Tesla häufig beim Namen. "Ich sage ihnen eine Sache, die mich wirklich verrückt macht", sagte er im Gespräch mit der US-Ausgabe von Business Insider. "Wenn ich lese, dass uns Kommentatoren ein Nischenunternehmen nennen. Tesla hat mit dem Roadster angefangen - Das war wirklich nischig. Wir starten mit dem Lucid Air. Das ist deutlich weniger nischig."

Die Kommunikationsabteilung des Start-ups hat abgestritten, dass sich Rawlinson zu stark auf Musk und Tesla konzentriere. "Peters Ziel ist es, dass Lucid, genau wie Tesla, als Unternehmen erfolgreich wird", ließ sie verlauten. "Tesla ist der Maßstab für Elektrofahrzeuge. Um Erfolg zu haben, müssen wir also genauso gut und wo es möglich ist besser sein wie sie."

Die Elektro-Limousine Air gilt als Rawlinsons "Baby".
Die Elektro-Limousine Air gilt als Rawlinsons "Baby".

Manche fassen die Tesla-Fixierung als positiv auf

Business Insider US sprach für diese Geschichte mit insgesamt 16 Personen über Rawlinson, inklusive aktueller und ehemaliger Lucid-Mitarbeiter, sowie einstiger Tesla-Kollegen. Vielen wurde Anonymität gewährt, aus Angst vor professionellen Konsequenzen.

Einige dieser Insider, einschließlich derer, die mit oder für ihn gearbeitet haben, fassen sein Bestreben Tesla zu übertrumpfen als positiv auf. Es würde dem Unternehmen die Ambition geben, mehr zu leisten, als nur ein paar attraktive Autos zu verkaufen.

Gleichzeitig machen sich einige aufgrund seines Drangs sorgen. "Sein persönlicher Rachefeldzug gegen Elon Musk ist meiner Meinung nach problematisch," sagt eine Person, die früher eng mit Rawlinson zusammengearbeitet hat.

Der Eifer Tesla zu überbieten birgt die Gefahr die Erfolgsaussichten zu verschlechtern. Beschleunigte Zeitpläne und ein zermürbendes Arbeitsumfeld könnten es Lucid erschweren, wirklich erfolgreich zu werden. Geschweige denn die Spitze zu erreichen, die der Chef des Unternehmens anstrebt.

Der Waliser kommt aus der "alten Welt"

Peter Rawlinson, heute 63, verbrachte die ersten Jahrzehnte seiner Karriere auf der traditionellen Seite der Autoindustrie. Nach dem Abschluss seines Maschinenbaustudiums leitete er die Fahrzeugentwicklung bei der Beratungsfirma Corus Automotive. Später war er Chefingenieur der Sportwagenschmiede Lotus und hatte anschließend eine leitende Ingenieursstelle bei Jaguar inne.

Tesla stellte Rawlinson 2009 ein und übertrug ihm die Verantwortung für die Entwicklung des Model S. Diesen Veteranen als Entwicklungschef rekrutieren zu können, war für Tesla ein großer Coup. Schließlich handelte es sich bei dem kalifornischen Unternehmen damals noch um einen sehr jungen Autobauer, der kaum etwas vorzuweisen hatte. In einer Pressemitteilung zur Rawlinsons Einstellung wird Elon Musk damit zitiert, dass der Waliser das "beste und strahlendste der Autoindustrie" repräsentieren würde.

2012 verließ Rawlinson das Unternehmen wieder. Unter anderem, um sich um seine kränkelnde Mutter zu kümmern, aber auch aufgrund von "grundlegende Zwängen", wie er es nannte. Fünf Leute, mit denen er bei Tesla zusammengearbeitet hatte, gaben an, dass er aufgrund des Fahrzeugentwurfs mit Musk aneinandergeraten sei. Tesla hat auf eine Anfrage von Business Insider zu der Angelegenheit nicht geantwortet.

Im Mai hat der Tesla-Chef jedoch Rawlinsons Beitrag zur Entwicklung des Model S in einem Tweet heruntergespielt. Laut Musks Aussage sei Rawlinson erst zu Tesla gestoßen, als bereits ein Prototyp der Limousine fertig war. Zudem wäre er gegangen, bevor die Dinge überhaupt richtig ernst geworden sind. "Ich war am Ende ziemlich frustriert wegen Tesla. Weil ich wusste, dass wir so viel mehr hätten machen können", sagte Rawlinson.

Bevor er von Tesla angeworben wurde, war Peter Rawlinson schon für Lotus und Jaguar tätig.
Bevor er von Tesla angeworben wurde, war Peter Rawlinson schon für Lotus und Jaguar tätig.

"Ein wahnsinnig talentierter Problemlöser"

Mit dem Unternehmen Atieva bekam Rawlinson die Möglichkeit, genau dies zu tun. Im Jahre 2007 hatten der ehemalige Tesla-Manager Bernard Tse und der ehemalige Oracle-Vorstand Sam Weng gemeinsam ein Unternehmen gegründet, das heute unter dem Namen Lucid firmiert.

Ursprünglich wollten sie sich auf Batterien und elektrische Antriebsstränge spezialisieren. Als der Markt für Elektrofahrzeuge aber nach und nach wuchs, entschieden sie sich dazu, ihr eigenes Auto zu bauen. Weil sie sich bewusst waren, was er bei Tesla geleistet hatte, umwarben sie Peter Rawlinson 2013 für den Posten des technischen Direktors.

"Ich habe zwei Bedingungen gestellt: Wenn ich zu euch komme, möchte ich das beste Auto der Welt bauen", sagte Rawlinson. "Zum anderen müsst ihr den Namen des Unternehmens ändern." Weng äußerte sich nicht zu dieser Schilderung und Tse konnte Business Insider nicht für eine Stellungnahme erreichen.

Vom CTO zum CEO befördert

Rawlinson hat sich ein Team zusammengestellt, das aus ehemaligen Tesla-Ingenieuren, Autoindustrie-Veteranen und Spezialisten aus dem Silicon Valley bestand. Im April 2019, kurz nachdem Lucid einen 1 Milliarden-Deal mit dem saudiarabischen Staatsfond unterzeichnet hatte, wurde der Ingenieur vom Vorstand des Unternehmens zu seinem Vorsitzenden ernannt.

Mehrere Leute erzählten Insider, dass sich Rawlinson schon wie Lucids CEO gefühlt hatte, bevor es offiziell wurde. Ihrer Ansicht nach hat er Lucid auf Kurs gehalten, während andere Startups, wie Nikola, Faraday Future und Lordstown, in einem Meer aus regulatorischen Problemen, Kontroversen und Management-Umbrüchen untergingen.

"Vom ersten Tag an hatte Peter die Vision", sagte der ehemalige Lucid-Manager Steve Goldberg. "Er hat die ganze Zeit über im Kopf gewusst, was er wollte. Er war bei jeder Schraube und Mutter, bei jeder technischen Entscheidung involviert."

Jahre später hat sich nicht viel geändert. "Peter liegt bei allem mit uns im Schützengraben", sagte Michael Bell, der Software-Chef von Lucid über Rawlinsons Führungsstil. "Er vertiefte sich gerne in Themen, die außerhalb der Grenzen seines angestammten Mechanik-Bereichs lagen, aber das passt zu seiner Leidenschaft für die Entwicklungsarbeit. Er hatte auf jeden Fall die Ingenieurs-Expertise. In einer Design-Abnahme konnte er aber beispielsweise auch mit einem visuellen Künstler mithalten, sagte Jared Strawderman, Lucids ehemaliger Leiter der User Experience-Abteilung. "Er erwartet viel von seinem Team, aber alle respektieren ihn."

Seine technische Kompetenz wird intern geschätzt

Quellen berichten, dass es für Rawlinson nicht ungewöhnlich sei, in dem über 30 Hektar großen Firmensitz von Tisch zu Tisch zu gehen und technische Herausforderungen aus dem Stand zu lösen. "Ich denke, er ist der cleverste Manager, mit dem ich je zusammengearbeitet habe", sagt James Felkins, Lucids ehemaliger Chefdesigner für die User Experience. "Einfach ein wahnsinnig talentierter Problemlöser."

Aber nicht jeder ist mit Rawlinsons Führung zufrieden. Eine Person die auf einem hohen Niveau mit Lucid zusammengearbeitet hat, sagte Rawlinsons Fokus auf jedes noch so kleine Detail mache bei seiner Rolle als CEO keinen Sinn.

"Wenn es um das Einhalten von Deadlines, Produktionstermine und die Produktqualität geht, ist es vielleicht nicht schlimm. Aber für mich ist das kein CEO. Das ist ihr Produktchef, ihr technischer Leiter", sagte die Quelle. "Er ist sehr streng darauf fokussiert, das Auto rauszubringen. Aber ihm fehlt die Wertschätzung dafür, dass es sich dabei um eine kollektive Teamleistung handelt."

Rawlinson & Co. entwickelten ihr Traumauto

Andere gaben an, dass Rawlinson bei kleineren Vergehen, wie beispielsweise geringfügigen Verspätungen, intolerant sei. Außerdem treffe er Produktdesign-Entscheidungen nicht nach Beratungen mit seinen Experten, sondern instinktiv. Laut einem ehemaligen Angestellten, gönnen sich Rawlinson und seine Manager nach Jahren bei Tesla und anderen Autobauern viele Freiheiten. Schließlich sind sie nicht mehr auf die Zustimmung von Musk und anderen angewiesen. "Sie haben ein Produkt gemacht, dass im Grunde eine persönliche Wunschliste war."

Ein Lucid-Sprecher streitet ab, dass Rawlinson stark an Produktentscheidungen beteiligt ist. Er kommuniziert aber, dass der CEO immer die Ergebnisse überprüft und Feedback gibt, wenn diese nicht seine hohen Standards erfüllt. "Ich glaube aber nicht, dass er dabei, oder beispielsweise bei Unpünktlichkeit, streng ist", sagt der Mitarbeiter.

Ein von den Insidern ebenfalls genannter Kritikpunkt ist, dass Rawlinson dazu tendiere, für diese Änderungen unrealistische Zeitrahmen abzustecken. Sein Entwicklungsteam ist nämlich ohnehin schon recht schlank und hat deshalb heftige Arbeitszeiten. "Nicht jeder erträgt es", sagt Rawlinson. "Das Ziel ist es, dass es in allen Belangen so gut wie möglich ist. So möchte ich es haben. Also denke ich, dass es einen gelenden Effekt auf das Team hat."

Software ist nicht gerade sein Fachgebiet

Manch einer bemängelt Rawlinsons mangelnde Erfahrung mit der Software, die bei E-Autos eine Schlüsselrolle einnimmt und bei dessen Entwicklung man sich Zeit nehmen sollte. Mit ihr kann man sich nämlich von anderen Modellen und Herstellern absetzen. Elon Musk tut sich auf diesem Gebiet besonders hervor.

Laut einem ehemaligen Mitarbeiter möchte Rawlinson das, was Tesla in dreizehn Jahren gemacht hat, in zwei schaffen. Angesichts des mangelnden Bewusstseins dafür, wie lang es dauert Dinge wirklich zu ändern, habe die fehlende Software-Erfahrung das Unternehmen definitiv zurückgehalten. Der Lucid-Chef räumt ein, dass dies nicht seine Stärke ist. "Ich behaupte nicht, dass ich der Software-Typ bin. Deshalb muss ich mich auf die großartigen Profis verlassen, die ich in meinem Team habe", sagte er Business Insider.

Die Erfolgsaussichten des Newcomers

Die Abwägung der Vor- und Nachteile, die Rawlinsons Führung mit sich bringt, wird für den zukünftigen Weg des Unternehmens entscheidend sein. Außerdem wird es auch darauf ankommen, ob sich sein Drang der Beste zu sein manifestiert.

"Ich glaube Lucid wird einfach weiter nach oben klettern, weil die Grundlagen da sind", sagt Felkins, der ehemalige UX-Designer des Autobauers. "Wir beobachten, dass vor uns ein langlebiges, wichtiges Unternehmen aufgebaut wird."

Für andere könnte Lucids größter Motivationsfaktor auch den Untergang des Unternehmens bedeuten. "Peter ist dadurch einzigartig, dass er sich tatsächlich gegen Elon positioniert und es mit Elon aufnimmt", sagte Karl Brauer, der leitende Analyst von iSeeCars.com. "Die Kombination aus seiner Erfahrung und seiner Motivation gibt ihm reichlich Potenzial, ein erfolgreiches Elektroauto-Unternehmen zu führen."

Laut dem Experten gibt es ein einziges Risiko, dessen man sich bewusst sein sollte, wenn man ein derart getriebener Mensch wie Peter ist. "Man sollte bedenken, dass es nicht nur darum geht, Elon und Tesla zu schlagen", sagte er. "Sein Ziel sollte ein langfristiges, nachhaltiges und erfolgreiches Unternehmen sein."

Die größte Hürde nimmt Lucid gerade

Im Moment ist Lucid dabei, sein erstes Serienfahrzeug herauszubringen - welches von einigen als Rawlinsons "Baby" bezeichnet wird. Als nächstes wird das Flaggschiff-SUV Gravity kommen. Für 2025 strebt der Autobauer Einnahmen in Höhe von 14 Millionen Euro an.

Als Rawlinson im September die Mitteilung bezüglich der 520 Meilen-Reichweite an sein Unternehmen schrieb, hatte er Tesla in vielerlei Hinsicht übertroffen. Aber eine Sache blieb ihm im Kopf. "Es ist sinnlos, ein 520 Meilen-Auto draußen zu haben, wenn es niemand fährt" merkte der Lucid-Chef an. "Bis wir dieses Ding in die Produktion gebracht haben, haben wir keine einzige Sache erreicht."

Das große SUV Lucid Gravity steht als nächstes auf der Liste.
Das große SUV Lucid Gravity steht als nächstes auf der Liste.