Lokomotive Leipzig
Seit 2004 misst das Forschungsinstitut Prognos alle drei Jahre die Zukunftsfähigkeit der aktuell 402 deutschen Landkreise und kreisfreien Städte. Das Handelsblatt präsentiert exklusiv die Ergebnisse der Ausgabe 2016 des Zukunftsatlas. Er liefert eine einzigartige Nahaufnahme zur ökonomischen Verfassung der deutschen Regionen. Erstmals erfasste Prognos zusätzlich auch die digitalen Zukunftsaussichten in einem eigenen Digitalisierungskompass, hier wurden die Kategorien von einem Stern bis fünf Sterne plus vergeben.
Die Kategorie fünf Sterne plus musste dabei eigens für die Stadt und den Landkreis München geschaffen werden, die sonst den Vergleichsrahmen gesprengt hätten. Die Region München belegte somit nicht nur bei den konventionellen Zukunftsaussichten unangefochtenen die Spitzenposition, sondern auch bei der Digitalwirtschaft.
„Wer hat, dem wird gegeben“, kommentiert Prognos-Chef Christian Böllhoff das Ergebnis von Zukunftsatlas plus Digitalisierungskompass. Und das gilt nicht nur für Münchens Sonderstellung in Sachen Bits und Bytes. Sondern für alle drei Trends, die sich an der neuen Ausgabe des Zukunftsatlas ablesen lassen.
Erster Trend
Generell sind Regionen, die nach den Maßstäben des Zukunftsatlas gut abschneiden, auch in Sachen Digitalisierung vorne dabei – und umgekehrt. Alle Regionen in den Top 20 des Zukunftsatlasses kommen auch im Digitalisierungskompass auf mindestens vier Sterne.
Umgekehrt schaffen es nur wenige Regionen, im Digitalen deutlich besser abzuschneiden als bei den übrigen Zukunftsvariablen. Umso bemerkenswerter die eine Ausnahme hoch im Norden: Flensburg, generell eher eine Durchschnittsregion, kommt auf vier Digitalsterne. .
Zweiter Trend
Die Bevölkerung in Deutschland wächst wieder. Doch dieses Zuwanderungsplus hilft nicht dabei, die demografischen Probleme vieler deutscher Regionen zu lindern. Die Zuwanderer strömen nämlich fast ausschließlich in attraktive Großstädte.
Überraschung in Ostdeutschland
Die Zuwanderung verschärft somit noch den Gegensatz zu den vielen schrumpfenden Regionen. Viele Landkreise abseits der großen Ballungsräume verlieren weiter rapide an Einwohnern und damit an Zukunftschancen, etwa im Harz oder in der Eifel.
Dritter Trend
Während sich der Gegensatz zwischen wachsenden und schrumpfenden Regionen durch die Zuwanderung weiter verschärft, verfestigt sich auch das Gefälle zwischen dem Süden und dem Norden Deutschlands auf hohem Niveau. Von den Top 20 der Zukunftsregionen liegen nur zwei außerhalb der südlichen Bundesländer Bayern, Baden Württemberg und Hessen, nämlich Wolfsburg und Hamburg.
Die Problemregionen im Norden und Osten der Republik, etwa das nördliche Ruhrgebiet, die Stadt Bremerhaven oder weite Teile der Neuen Bundesländer, holen nicht etwa auf – sondern fallen weiter zurück. „Aus eigener Kraft haben es diese Kommunen längst nicht mehr in der Hand, sich aus ihrem Schlamassel zu befreien“, urteilt Prognos-Projektleiter Peter Kaiser.
Immerhin, und das ist für Kaiser „die größte Überraschung“ am Zukunftsatlas 2016: Immer mehr ostdeutsche Großstädte schaffen es, sich von der allgemeinen Misere in den Neuen Bundesländern abzusetzen. Das betrifft nicht nur die üblichen Hoffnungsträger Dresden und Potsdam.
Auch Leipzig hat sich von einem miserablen 334. Platz im Jahr 2004 immerhin auf Platz 137 vorgearbeitet und landet damit erstmals in der Kategorie „leichte Chancen“, ebenso wie Weimar. Jena liegt bereits seit 2007 stabil in der zweitbesten Kategorie „sehr hohe Chancen“. Und auch Chemnitz arbeitet sich langsam, aber kontinuierlich im Ranking nach vorne.
Grundlage für die Untersuchung bilden insgesamt 29 Indikatoren aus den Bereichen Demographie (zum Beispiel Geburtenrate), Wohlstand und soziale Lage (zum Beispiel Zahl der Hartz-IV-Empfänger), Arbeitsmarkt (zum Beispiel Anteil der Beschäftigten im Dienstleistungssektor) und Wettbewerb und Innovation (zum Beispiel Zahl der Patentanmeldungen).
Anhand der Indikatoren erstellen die Forscher ein Ranking und unterteilen die Regionen zusätzlich in acht Kategorien, die ihre Zukunftsfähigkeit bezeichnen: Von „Beste Chancen“ über „Ausgeglichene Chancen und Risiken“ bis zu „Sehr hohe Risiken“. Für Details aus Ihrer Region klicken Sie bitte auf unsere interaktive Karte.
Indikatoren für das gemeinsam mit der auf Medienauswertung spezialisierten Index-Gruppe erstellte Digital-Ranking waren erstens die Zahl der Stellenangebote im IT-Bereich in der jeweiligen Region, zweitens der Anteil der Digital-Experten an der Gesamtzahl der Beschäftigten und drittens Die Zahl der Unternehmensgründungen im Digital-Bereich.
KONTEXT
Methodik - So wurde gerechnet
29 Indikatoren
Seit 2004 misst das Forschungsinstitut Prognos alle drei Jahre die Zukunftsfähigkeit der aktuell 402 deutschen Landkreise und kreisfreien Städte. Grundlage bilden insgesamt 29 Indikatoren aus den Bereichen Demografie (zum Beispiel Geburtenrate), Wohlstand und soziale Lage (zum Beispiel Zahl der Hartz-IV-Empfänger), Arbeitsmarkt (zum Beispiel Anteil der Beschäftigten im Dienstleistungssektor) und Wettbewerb und Innovation (zum Beispiel Zahl der Patentanmeldungen). Anhand der Indikatoren erstellen die Forscher ein Ranking und unterteilen die Regionen zusätzlich in acht Kategorien, die ihre Zukunftsfähigkeit bezeichnen: Von "Beste Chancen" über "Ausgeglichene Chancen und Risiken" bis zu "Sehr hohe Risiken".
Zukunftsfelder
Zusätzlich hat Prognos 2016 gemeinsam mit der auf Medienauswertung spezialisierten Agentur Index einen Digitalisierungsatlas erstellt, der die Stärke der Regionen im Zukunftsfeld Informationstechnologie in sechs Kategorien unterteilt (ein Stern bis fünf Sterne plus). Indikatoren für dieses Ranking waren erstens die Zahl der Stellenangebote im IT-Bereich in der jeweiligen Region, zweitens der Anteil der IT-Experten an der Gesamtzahl der Beschäftigten und drittens die Zahl der Unternehmensgründungen im IT-Bereich.