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Können Arbeitslose die Lücken an den Flughäfen füllen? Das verraten die Zahlen der Bundesagentur für Arbeit

An vielen Flughäfen mangelt es an Mitarbeitern, die Flugzeuge ent- und beladen. - Copyright: picture alliance/KEYSTONE | PETER SCHNEIDER
An vielen Flughäfen mangelt es an Mitarbeitern, die Flugzeuge ent- und beladen. - Copyright: picture alliance/KEYSTONE | PETER SCHNEIDER

Nach zwei Jahren Pandemie trifft der Personalmangel die Flug- und die Gastronomiebranche mit voller Wucht. Flüge werden gestrichen, haben lange Wartezeiten oder Verspätungen. Restaurants, Biergärten und Kneipen müssen Öffnungszeiten verkürzen oder ganz schließen. Überall mangelt es an Menschen, die noch als Servicekräfte, Köche, Aushilfen oder als Gepäckarbeiter und Frachtfahrer am Flughafen arbeiten wollen.

Allein in der Luftfahrt fehlen laut dem Institut der deutschen Wirtschaft (IW) 7200 Beschäftigte. In der Gastronomie sieht es nicht viel besser aus: Laut einer Umfrage des Branchenverbands Dehoga von Anfang Juni suchen mehr als 60 Prozent der Betriebe in der Branche Fach- und Hilfskräfte.

Mit Blick auf die angespannte Personalsituation schlagen deshalb einige Politiker vor, Arbeitslose für die offenen Stellen in den betroffenen Branchen einzusetzen: Beispielsweise CDU-Politiker Kai Whittaker auf Twitter: "Heute haben wir doppelt so viele unbesetzte Jobs wie 2011. Im Café, am Flughafen: Überall spüren wir, wo Arbeitskräfte fehlen. Jetzt wäre die große Chance da, arbeitslose Menschen wieder in Jobs zu bringen." Oder AfD-Parteichef Tino Chrupalla zuletzt im ARD-Sommerinterview mit dem Satz: „Wir haben zweieinhalb Millionen Hartz-4-Empfänger, wir haben über zwei Millionen Arbeitslose – also da wird ja wohl jemand dabei sein, der die Koffer aus dem Flugzeug aufs Band legen kann.“

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Doch geht die Rechnung der Politiker auf? Können Arbeitslose den Fachkräftemangel in der Gastronomie und an Flughäfen überhaupt ausgleichen? Die Zahlen der Bundesagentur für Arbeit (BA) lassen einen anderen Schluss zu.

Laut BA-Statistik wollten im Juni 514 Menschen in gesuchten Berufen am Flughafen arbeiten

Im Juni waren unter den Arbeitslosen bei der BA bundesweit nur 514 Personen gemeldet, die einen Job in der Flugzeug- und Gepäckabfertigung oder als Gepäck- und Frachtfahrer anstreben und die oft benötigten Vorkenntnisse für diese Jobs mitbringen. Das heißt: Arbeitgeber können demnach nicht ohne weiteres mehrere tausende Fachkräfte aus dem Pool der arbeitslosen Menschen rekrutieren, weil es viel zu wenige von ihnen gibt. Das scheint auch vielen Unternehmen klar zu sein, im Juni lagen der BA in diesen Bereich nur 528 Stellenausschreibungen vor. Rund 200 mehr als noch im Januar.

Aus der Ukraine flüchten vor allem Frauen.
Aus der Ukraine flüchten vor allem Frauen.

Zwar gehen manche Umfragen von deutlich weniger gesuchten Fachkräften als das Institut der deutschen Wirtschaft aus, aber selbst mit diesen Zahlen geht die Rechnung der Politiker nicht auf. So kommt das Personalmarktforschungsunternehmen Index Research im ersten Halbjahr 2022, auf 910 ausgeschriebene Stellen für Flugzeug-, Gepäck- und Frachtabfertigung. Also rund 400 mehr Stellen, als unter den gemeldeten Arbeitslosen zu finden sind.

Rund 181.000 Arbeitslose strebten im Juni einen Job in der Gastronomie an

Im Bereich der Gastronomie und Hotellerie verzeichnet die Bundesagentur für Arbeit (BA) hingegen deutlich mehr gemeldete Arbeitslose, die sich vorstellen können, dort zu arbeiten und entsprechende Referenzen haben, nämlich fast 181.000 Menschen. Zeitgleich liegen der BA nur rund 55.000 Stellenausschreibungen in der Gastro- und Hotelbereich vor. Die Tendenz seit Januar steigend. Es scheint so, als hätten die Arbeitgeber hier sogar eine Auswahl an potenziellen Mitarbeitern.

Doch zur Wahrheit gehört auch: Nicht alle Arbeitgeber scheinen ihre Jobs bei der BA anzugeben. Das zeigt eine Auswertung der Agentur Index Research für die "Welt" im Zeitraum Januar bis Ende Mai. In der Berufsgruppe „Hotel-/Gastgewerbe, Tourismus und Empfang“ wurden in dieser Zeit bundesweit 483.985 Stellenanzeigen gezählt. 60.935 Firmen suchten nach Arbeitskräften in diesem Bereich. Tatsächlich klafft demnach eine Lücke zwischen dem tatsächlich gesuchten Personal in der Gastronomie und Hotellerie und den Arbeitslosen, die dort einen Job annehmen wollen.

Anbindung, Familiensituation, Gesundheit entscheiden darüber, ob Arbeitslose Jobs am Flughafen oder in der Gastro übernehmen können

Trotz der geringen Zahl an Menschen, die laut BA einen Mangelberuf am Flughafen oder in der Gastronomie annehmen wollen, sehen die zuständigen Regionaldirektionen Potenzial in ihnen. Die Bundesagentur für Arbeit führe dort Aktivitäten zur Gewinnung von Personal zum Einsatz an Flughäfen durch, etwa mit einem gemeinsamen Flughafenbüro, bestehend aus BA, Flughafen und dort ansässigen Firmen oder durch mehrtägige Jobbörsen, heißt es auf Anfrage von Business Insider. Neben diesen besonderen Aktivitäten erfolge auch die Versendung von Vermittlungsvorschlägen und Stelleninformationen, wenn die Bewerberinnen und Bewerber zu gemeldeten Stellen passen würden.

Lässt sich der Fachkräftemangel in den betroffenen Branchen also beheben, in dem die Arbeitgeber ihr fehlendes Personal unter den Arbeitslosen suchen?

Laut BA lässt sich das nicht allgemein beantworten. Unklar sei, wie viele der arbeitslos gemeldeten Personen die gesuchten Berufe mit Blick auf die Voraussetzungen leisten könnten oder welche Personengruppen beispielsweise dafür nicht infrage kämen. "Dies hängt von vielen Faktoren ab, etwa der Erreichbarkeit des Arbeitsplatzes mit öffentlichen Verkehrsmitteln, auch im Schichtbetrieb; generell der räumlichen Verteilung von Stelle und Wohnort und den Fragen, ob alle notwendigen Qualifikationen, sprachlichen Kompetenzen oder körperliche Voraussetzungen vorliegen", stellt die BA klar.

Die neue BA-Chefin Andrea Nahles (SPD, 2. v. rechts) mit ihrem Vorgänger und noch amtierenden BA-Chef Detlef Scheele (2. von links).
Die neue BA-Chefin Andrea Nahles (SPD, 2. v. rechts) mit ihrem Vorgänger und noch amtierenden BA-Chef Detlef Scheele (2. von links).