Werbung
Deutsche Märkte geschlossen
  • DAX

    18.498,38
    +68,33 (+0,37%)
     
  • Euro Stoxx 50

    5.038,17
    +22,07 (+0,44%)
     
  • Dow Jones 30

    38.964,83
    +80,57 (+0,21%)
     
  • Gold

    2.323,70
    -0,50 (-0,02%)
     
  • EUR/USD

    1,0747
    -0,0012 (-0,11%)
     
  • Bitcoin EUR

    58.239,05
    -818,26 (-1,39%)
     
  • CMC Crypto 200

    1.325,48
    +30,80 (+2,38%)
     
  • Öl (Brent)

    78,78
    +0,40 (+0,51%)
     
  • MDAX

    26.695,33
    +133,86 (+0,50%)
     
  • TecDAX

    3.350,46
    -8,75 (-0,26%)
     
  • SDAX

    14.744,34
    -28,38 (-0,19%)
     
  • Nikkei 225

    38.202,37
    -632,73 (-1,63%)
     
  • FTSE 100

    8.354,05
    +40,38 (+0,49%)
     
  • CAC 40

    8.131,41
    +55,73 (+0,69%)
     
  • Nasdaq Compositive

    16.278,74
    -53,82 (-0,33%)
     

Günstiger als Taxis, schneller als die U-Bahn – So arbeitet der neue Mobilitätsdienst von VW

Der Shuttle-Dienst Moia soll mit 1600 Fahrern einer der größten Arbeitgeber Hamburgs werden. Damit steigt VW in den Markt für Mobilitätsdienste ein.

Noch verlegen Arbeiter armdicke Starkstromkabel auf dem Gelände um die geräumige ehemalige Werkshalle, in der mehrere goldgelb lackierte, batteriebetriebene Kleinbusse parken. Doch schon in einem Monat, exakt am 15. April, soll von dem Betriebshof am Hamburger Flughafen aus eines der größten Experimente in der Volkswagen-Geschichte starten: der Ridesharing-Dienst Moia.

Bis zu 500 Kleinbusse will der Autokonzern durch Hamburg fahren lassen – eine Art Sammeltaxi, anforderbar per App. Für mehrere Hundert Millionen Euro baut der Dax-Konzern die Infrastruktur für ein neues Geschäftsmodell. Moia verkauft keine Autos, sondern innerstädtische Mobilität als Ergänzung zum öffentlichen Nahverkehr.

Ausgerechnet die VW-Kernzielgruppe will Moia-Chef Ole Harms erreichen: „eingefleischte Autofahrer“, wie er sagt. Sein Experiment ist das wohl größte elektrische Ridesharing-Projekt in Europa, womöglich sogar weltweit. Bislang testet VW das System in deutlich kleinerem Maßstab in Hannover – allerdings mit Dieselbussen.

In Hamburg kommen erstmals die eigens im Konzernwerk in Osnabrück auf Basis des Crafter-Transporters gebauten Elektro-Kleinbusse zum Einsatz. Sechs Fahrgäste haben Platz, statt eines Beifahrer-Sitzes gibt es Platz für Gepäck, an Bord sind Wlan, Ladesteckdosen und Bildschirme. 300 Kilometer weit sollen die Busse mit einer Batterieladung von 87 Kilowattstunden kommen, an Schnelladesäulen lassen sich die Akkus in einer halben Stunde zu 80 Prozent laden.

WERBUNG

Sechs bis sieben Euro soll eine Fahrt im Schnitt kosten, also deutlich weniger als ein Taxi. Dafür müssen die Fahrgäste bei einer projektierten Durchschnittsgeschwindigkeit von 25 Stundenkilometer längere Fahrtzeiten in Kauf nehmen – und sich auf ein- und aussteigende Mitfahrer einlassen.

Seit zwei Jahren bereitet Manager Harms das Projekt vor. Zunächst sollen 100 Busse von zwei Betriebshöfen fahren, innerhalb weniger Monate dann alle genehmigten 500 Fahrzeuge von weiteren Standorten. Bis zu 300 Quadratkilometer groß wird das Gebiet, in dem Fahrten starten und enden können: vom Hamburger Stadtgebiet südlich der Elbe bis in die weit östlich gelegene Vorstadt Bergedorf.

Bis ins Umland reicht die Werbekampagne, mit der Moia auf Plakaten und im Radio um Fahrer wirbt. 400 Fahrer hat die VW-Tochter bereits fest angestellt, 1600 sollen es bis 2020 werden, zu einem Grund-Stundenlohn von zwölf Euro.

„Wir wollen ein großes, letztlich profitables Geschäftsmodell etablieren“, sagt Harms. Auf vier Jahre ist die Sondergenehmigung in Hamburg ausgelegt, in der Zeit sollen alle Fehler ausgebügelt werden, damit Moia sein Modell weltweit ausrollen kann – falls es sich als funktionierend erweist. „Was wir hier machen, ist völlig neu“, gibt Harms zu bedenken.

Allerdings gibt es in Deutschland bereits ein ähnliches Modell: Die Bahn-Beteiligung Clever Shuttle bietet ebenfalls Ridesharing in Elektroautos mit eigenen, festangestellten Fahrern an. Anders als VW ist Clever Shuttle bereits in mehreren deutschen Großstädten gestartet – allerdings jeweils nur mit wenigen Fahrzeugen und ohne große Infrastruktur. Während VW im April den Big Bang plant, wächst Clever Shuttle organisch.

Nachdem der Konkurrent zunächst mit wasserstoffgetriebenen Limousinen vor allem von Toyota gestartet ist, setzt er neuerdings ebenfalls zusätzlich kostengünstigere Kleinbusse mit mehr Plätzen ein – auch in Hamburg. Ende Januar hatte Clever Shuttle in Hamburg 50 Fahrzeuge auf der Straße.

Die Fahrten sind dort im Schnitt 60 Prozent günstiger als ein Taxi. Spezielle Aktionen als Reaktion auf den Moia-Start seien nicht geplant, sagte ein Clever-Shuttle-Sprecher auf Anfrage. Auch das Taxigewerbe in der Stadt gibt sich nach anfänglichen Protesten gelassen. „Uns ist nicht bange“, sagte ein Sprecher von Hansa-Taxi. So sei fraglich, ob Moia überhaupt die gewünschte Zahl an Fahrern finden werde. Die Taxizentrale biete zudem ebenfalls geteilte Fahrten per App an – allerdings kämen die weitaus meisten Bestellungen immer noch per Telefon.

VW nutzt für Moia eine Experimentierklausel im Personentransportgesetz. In Vorbereitung auf den Mobilitätskongress ITS, der 2021 in Hamburg stattfindet, hat die Hansestadt mit VW und anderen Partnern Kooperationsverträge abgeschlossen. Daher stimmt sich VW eng mit den Behörden und dem U-Bahn-Betreiber Hochbahn ab.

So dürfen die Wagen etwa nur an zuvor definierten Stellen halten – allerdings sollen diese engmaschig verteilt sein und nur wenige hundert Meter auseinander liegen. Zudem hat VW zugesichert, dass Moia niemals günstiger sein soll als Bus und Bahn. Im Gegenzug soll das Angebot bald auch über die App des Verkehrsverbunds buchbar sein.

Die Stadt Hamburg forciert derzeit mehrere Mobilitätstests, etwa auch Shuttles der Bahn-Tochter Ioki sowie eine innerstädtische Teststrecke für autonomes Fahren. Die Behörden sind angewiesen, für den ITS-Kongress solche Projekte der Industriepartner großzügig zu genehmigen.

Moia-Chef Harms forderte am Donnerstag, das Personenbeförderungsgesetz auf Bundesebene weiter zu modernisieren. Moia brauche Planungssicherheit – auch um die geschaffenen Jobs zu sichern. Zugleich sollten neue Dienste beschränkt werden. „Wir sind große Fans von Regulierung“, sagte er. Erfahrungen etwa mit Uber in den USA hätten gezeigt, dass sonst der ÖPNV Schaden nehmen könne. Allerdings seien die bisherigen Änderungen am Gesetz „mutlos“. „Die Vorschläge, die jetzt auf dem Tisch liegen, sind noch recht unausgegoren“, sagte er.

Harms betonte zudem, VW starte das Projekt ohne öffentliche Förderung – auch nicht für die Ladeinfrastruktur. Allerdings forderte er, die Mehrwertsteuer analog zu Bahn und Taxi für den neuen Service von derzeit 19 Prozent auf sieben Prozent zu senken.