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Ex-Produktionschef von Tesla will bis 2024 größte Batteriezellenfabrik Europas aufbauen

Eigentlich wollte Peter Carlsson im Alter von nur 48 Jahren längst im Ruhestand sein. Als der blonde Zwei-Meter-Mann vor einigen Jahren seinen Job als Produktionschef beim kalifornischen Autobauer Tesla kündigte, plante er eine entspannte zweite Lebenshälfte als Privatinvestor, der mit den Ideen anderer sein Geld verdient. Doch nun steht der Schwede mit Dreitagebart selbst im dunkelblauen Anzug vor Investoren, Managern und Journalisten – und wirbt für sein eigenes Projekt.

„Bis 2025 wächst der jährliche Bedarf an Batteriekapazitäten in Europa auf 200 Gigawattstunden an“, erklärte Carlsson vor einigen Tagen den Teilnehmern bei einer Siemens-Veranstaltung im schwedischen Sandviken seine Geschäftsidee. Der Industriekonzern aus München gehört schon länger zu den Investoren des Start-ups Northvolt, das der frühere Tesla-Manager 2016 teils mit eigenem Geld in Schweden gründete und dessen Mehrheitseigentümer er mit seinen Mitgründern ist. Carlssons Ziel: bis 2024 die größte Batteriezellenfabrik Europas aufzubauen – mit einer Produktionskapazität von 32 Gigawattstunden pro Jahr.

Damit geht der Schwede ein Wagnis ein, bei dem etablierte europäische Konzerne wie Continental oder Bosch entweder noch zögern oder sich bereits verabschiedet haben. Denn derzeit planen vor allem asiatische Hersteller mit einer Fertigung in Europa, vornweg der chinesische Batteriespezialist CATL, der bis 2022 eine Fabrik mit einer Kapazität von 14 Gigawattstunden in Erfurt bauen will – und dafür auf einen reichen Erfahrungsschatz aus dem Heimatmarkt zurückgreifen kann.

Doch auch Carlsson ist kein Neuling, im Gegenteil: Schon bei Tesla war er dafür verantwortlich, die Lieferkette für die Gigafactory des Konzerns im US-Bundesstaat Nevada aufzubauen. Mit Northvolt verfolgt er nun ein ähnliches Projekt – und hat mit Siemens, ABB und dem schwedischen Energieversorger Vattenfall mächtige Investoren im Rücken.

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Das Vertrauen der Industrieriesen hat einen Grund: So wenig, wie es dem Manager an Ambitionen mangelt, so wenig mangelt es ihm an Expertise. Seine Konzernkarriere begann Carlsson beim schwedischen Konzern Ericsson, nachdem er sein Studium im Bereich Produktion und Qualitätsmanagement an der Technischen Universität in Luleå in Nordschweden abgeschlossen hatte.

Für Ericsson arbeitete er 13 Jahre lang in verschiedenen Positionen, zuletzt als Einkaufschef, bevor er Mitte der 2000er-Jahre in die gleiche Position zum niederländischen Halbleiterhersteller NXP Semiconductors (früher Philips) wechselte. Bei Ericsson hatte der Schwede unter anderem die Qualitätsprüfung für das Lieferantennetz des Technologiekonzerns neu aufgebaut und war dafür auch in den USA beschäftigt.

Mit Anfang 40 zog es Carlsson schließlich nach Kalifornien. Zunächst sei er in Gesprächen mit Apple gewesen, verriet er 2017 in einem Interview mit einem US-Blog. Doch dann sei er von einem Headhunter angesprochen worden – und habe nach einem 90-minütigen Gespräch mit Tesla-Vorstandschef Elon Musk zugesagt. „Mein Gefühl sagte mir, dass es die interessantere Herausforderung sein würde“, so Carlsson damals.

Tesla-Zeit war „Himmel und Hölle zugleich“

Das Gefühl hat sich bestätigt: Als Vice President beim E-Auto-Hersteller Tesla baute der Lieferkettenexperte dort innerhalb kürzester Zeit ein globales Liefernetz für die Rohstoffe Lithium, Nickel, Kobalt und Grafit auf. Sie sind für den Batteriebau besonders wichtig – denn ein Großteil der Wertschöpfung entfällt auf die Materialkosten.

Seine Zeit bei Tesla beschreibt der Manager heute rückblickend als „Himmel und Hölle zugleich“. Der Job sei zwar sehr herausfordernd gewesen, aber eben auch spannend und lehrreich. US-Medien bezeichneten Carlsson in dieser Zeit als „rechte Hand von Elon Musk“.

Was er von Musk vor allem gelernt habe, fasst Carlsson heute so zusammen: „Bei so einem großen Projekt darf man die Personalsuche nicht auf den lokalen Arbeitsmarkt beschränken, sondern muss die ganze Welt in den Blick nehmen.“

Das zeigt sich auch in Northvolts Testfabrik in Västerås: Hier setzt Carlsson in weiten Teilen seiner rund 200 Mitarbeiter auf solche aus Asien, vor allem Japan und Südkorea. „Diese Länder sind derzeit führend, wenn es um Batteriezellenfertigung geht“, sagt er. Dort gebe es meist auch eine entsprechende Infrastruktur, die die Hersteller mit den wichtigen Erzen versorge – während Carlsson eine solche in Europa erst aufbauen muss.

Als mögliche Quellen für Nickel, Kobalt, Lithium und Grafit hat er Vorkommen vor allem in Nordeuropa ausgemacht sowie Raffinerien in Finnland und Norwegen. Die sollen ab 2024 Northvolts Gigafactory im schwedischen Skellefteå beliefern, fast 800 Kilometer nördlich von Stockholm gelegen. Dort wiederum sollen jährlich Batterien für mehr als eine halbe Million Autos entstehen – und das alles klimafreundlich, von der Erzgewinnung bis zur Auslieferung.

So fiel auch die Wahl Schwedens als Standort für Carlsson nicht unbedingt aus Heimweh: In Europa ist das Land führend bei der CO2-armen Energieerzeugung und liegt damit auch vor Deutschland – wobei Schweden anders als die Bundesrepublik in seinem Energiemix auch auf die CO2-freie Atomenergie setzt.

„Deutschland ist wegen der dort vorhandenen Fähigkeiten aber auch interessant“, so Carlsson. Einerseits meint er damit die Ingenieure – andererseits die vielen Automobilkonzerne, die er zu seinen potenziellen Kunden zählt.

Der Gründer hat 1,6 Milliarden Euro eingesammelt

Für das Projekt hat der Gründer in der vergangenen Finanzierungsrunde 1,6 Milliarden Euro eingesammelt, für die große Fabrik braucht er insgesamt 3,5 Milliarden Euro. Bislang ist das Unternehmen aus Schulden und Eigenkapital finanziert – so berichtete etwa die „Financial Times“, Northvolt habe für seine Testfabrik in Västerås einen 50-Millionen-Euro-Kredit von der Europäischen Investitionsbank erhalten.

Zum illustren Investorenkreis zählt neben Siemens und ABB, die jeweils auch die Steuerungstechnik sowie die Produktionsroboter für die Testfabrik geliefert haben, auch der VW-Konzern: Über ihre Lkw-Tochter Scania haben die Wolfsburger ebenfalls zehn Millionen Euro beigesteuert.

„Die Batteriezellentechnologie muss so entwickelt werden, dass sie die Anforderungen schwerer Busse und Lkws erfüllt“, so Henrik Henriksson, CEO von Scania. „Mit Northvolt als Partner glauben wir, dass wir große Fortschritte machen können.“

Auch der bayerische Autohersteller BMW kooperiert mit Northvolt und hat im Trio mit dem Recyclingkonzern Umicore ein Konsortium gegründet, das einen kompletten Produktzyklus für voll recycelbare Batterien entwickeln soll. Denn am Ende will Carlsson nicht nur eine grüne Produktion, sondern auch grünes Recycling für die Batterien ermöglichen.

Es ist das nächste große Projekt des früheren Tesla-Managers. Und vielleicht der Vorbote einer eher späteren Rente.