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Erste deutsche Batteriezellenfabrik könnte nach NRW kommen

Pläne für die erste deutsche Zellfabrik nehmen Gestalt an und ein Standort ist auch schon in Sicht: Nordrhein-Westfalen. VW und Ford bestätigten, dass es Gespräche über eine mögliche Kooperation gebe.

Wenn Deutschland in den Batteriezellmarkt einsteigen will, muss das jetzt passieren, warnen Experten immer drängender. Ankündigungen gab es in den vergangenen Monaten einige, jetzt werden die Pläne konkreter. Angetrieben von dem Aachener Professor Günther Schuh, haben sich mehrere Unternehmen zusammengetan.

Dazu gehören die von Schuh gegründete Deutsche-Post-Tochter Streetscooter, das vor Kurzem von dem Wirtschaftsingenieur ins Leben gerufene E-Auto-Unternehmen Ego, der Batteriehersteller BMZ-Group und das Start-up TerraE, das seit vergangenem Jahr zur BMZ-Gruppe gehört. Der Standort der ersten deutschen Batteriefabrik soll in Nordrhein-Westfalen sein. Endgültig ist die Entscheidung noch nicht gefallen.

„Wir haben jetzt alle Fäden für eine Zellfertigung in Nordrhein-Westfalen zusammen“, sagte Schuh im Gespräch mit dem Handelsblatt. Mehrere Standorte seien dort in der Auswahl. So führe man unter anderem Gespräche mit dem Autohersteller Ford, dort könnte die Zellfabrik auf dem Werksgelände in Köln-Niehl entstehen. „Köln als Standort wäre insofern ideal, als die benötigte Infrastruktur schon da ist und man die Fertigung natürlich auch gegebenenfalls erweitern kann“, erklärte Schuh. Flächen ehemaliger Braunkohle-Tagebaue wären ebenso denkbar.

NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) und -Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP) hatten sich bereits mehrfach für eine eigene Batterieproduktion in Deutschland ausgesprochen und die Stadt Euskirchen als möglichen Standort genannt. Nach Angaben von Streetscooter-Gründer Schuh soll eine Entscheidung bald fallen, schließlich brauche Deutschland möglichst schnell eine eigene Zellfertigung.

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In NRW-Regierungskreisen heißt es, das Thema habe hohe Priorität, es gebe aber noch keine konkreten Ergebnisse. Aus Sicht der NRW-Landesregierung würde eine Batteriezellproduktion perfekt ins Rheinische Revier passen, wo der Braunkohletagebau in den kommenden Jahren rasant an Bedeutung verlieren wird.

Die von der Bundesregierung eingesetzte Kohlekommission empfiehlt, das Rheinische Revier zu einer Energieregion der Zukunft zu entwickeln. In dem 200 Seiten umfassenden Anhang zum Abschlussbericht der Kommission ist der Punkt „Ansiedlung einer Batteriezellproduktion“ im Rheinischen Revier enthalten.

Neben der NRW-Landesregierung treibt auch die Bundesregierung das Thema Batteriezellfertigung voran. Nach Überzeugung von Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) ist es unerlässlich, dass in Deutschland möglichst mehrere Fertigungsstätten dafür entstehen. Altmaier hat potenziellen Investoren Fördermittel in Höhe von einer Milliarde Euro in Aussicht gestellt.

Aus dem Bundeswirtschaftsministerium hatte es zuletzt geheißen, nach anfänglichem Zögern sei das Interesse der deutschen Wirtschaft inzwischen groß. Es sei wahrscheinlich, dass am Ende sogar zwei oder mehr Konsortien bereit wären, in die Produktion einzusteigen. Noch im ersten Quartal 2019 will Altmaier die Konsortien benennen. Als möglicher Standort wird neben der Lausitz in Ostdeutschland auch immer wieder das Rheinische Revier genannt. Allerdings gibt es noch keine Festlegung.

Das bestätigt auch Schuh: Eine endgültige Entscheidung sei noch nicht gefallen. So dominieren noch südkoreanische Firmen wie LG Chem, Samsung und der chinesische Konzern CATL den Markt für Batteriezellen für Elektroautos. Immer wieder warnen Experten daher, Deutschlands Auto- und -zulieferindustrie verpasse den Anschluss an einen der wichtigsten Zukunftsmärkte.

Doch um den Anschluss zu halten, müssten die Unternehmen große Risiken eingehen und enorme Investitionssummen aufbringen. Die Politik hat deshalb Entlastungen versprochen und lockt mit Subventionen in Höhe von einer Milliarde Euro. Das staatliche Hilfsangebot hat nun offenbar mehrere Unternehmen ermutigt, eine Allianz für eine Batteriezellproduktion für E-Autos einzugehen.

Martin Winter, Leiter des Batterieforschungszentrums an der Universität in Münster, sieht, dass so viel wie jetzt noch nie in Bewegung gewesen sei. „Man sucht intensiv nach Möglichkeiten, aber vieles ist im Moment noch nicht klar“, sagte Winter dem Handelsblatt. Was die Ambitionen für eine Zellfabrik in NRW angeht, sei er vorsichtig optimistisch, „aber es ist noch nicht gesetzt.“

Denn auch das Konsortium hofft auf weitere Fördergelder von Land, Bund und der Europäischen Union. Unklar ist vor allem, ob Brüssel das Projekt Batteriezellen made in Germany unterstützt. Nach Informationen des Handelsblatts aus Verhandlungskreisen sind für den Aufbau der Produktion Fördergelder im Umfang von 250 Millionen Euro nötig. Damit soll in einem ersten Schritt ein Produktionsvolumen von einem Gigawatt (GW) realisiert werden. In drei Schritten soll das Volumen über mehrere Jahre auf acht GW gesteigert werden – mit einem Gesamtinvestitionsvolumen von 1,2 Milliarden Euro. Eine größere Summe hatte BMZ bereits selbst zugesichert, auch Streetscooter und Ego wollen dreistellige Millionenbeträge aufbringen, heißt es in den Kreisen. Etwa 30 Prozent, so die Hoffnung der Unternehmen, soll über Fördergelder finanziert werden.

Start noch in diesem Jahr?

Das nötige Know-how soll von BMZ kommen. Der Batteriehersteller mit Sitz im unterfränkischen Karlstein arbeitet schon seit Jahren mit Konzernen wie Samsung SDI und LG Chem zusammen. Gründer und Chef Sven Bauer sieht sich entsprechend vorbereitet: „Wir sind sehr erfahren in diesem Bereich und einer der größten Abnehmer für Zellen in Europa. Auch der Umgang mit Rohmaterialien und Produktionsprozesse sind für uns Alltagsgeschäft.“

In einer aktuellen Studie warnt das Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung, Deutschland beziehungsweise Europa blieben nur noch knapp sechs Jahre, um eine konkurrenzfähige Batteriezellfertigung aufzubauen. Die Experten gehen davon aus, dass die E-Mobilität bis 2025 den Übergang vom Nischen- zum internationalen Massenmarkt vollziehen wird. Dabei rechnen sie mit zehn bis 30 Millionen Elektrofahrzeugen auf den Straßen. 2030 sollen es bereits 30 bis 80 Millionen E-Autos sein.

Den Zeitdruck spürt auch Ego-Chef Schuh. „Wir haben es alle eilig. Also wenn es nach mir ginge, würden wir mit dem Bau noch dieses Jahr anfangen. Aber das hängt jetzt an der Politik, ob die uns das auch zutraut.“ Außerdem sei man natürlich auch mit weiteren Partnern im Gespräch.

„Ja, es gibt Gespräche mit Günther Schuh“, bestätigt ein VW-Sprecher. Diese befänden sich aber im Anfangsstadium. Es sei nicht geklärt, ob sich Volkswagen beteiligen würde. Der Wolfsburger Autobauer denkt, ähnlich wie BMW mit CATL, über eine Kooperation mit dem koreanischen Batteriehersteller SK Innovation für den Bau einer Zellfabrik in Europa nach. Auch Ford bestätigte, man sei in Gespräche eingebunden, momentan stehe die Restrukturierung des Konzerns aber im Vordergrund.

Aus Industriekreisen ist zu vernehmen, dass es auch Gespräche mit verschiedenen Zulieferern gibt. So soll der Technologiekonzern Bosch ebenfalls mit von der Partie sein. Allerdings nicht als Produzent von Batteriezellen, sondern als Lieferant von Fertigungstechnik. Das Stuttgarter Unternehmen hatte den Einstieg in das Zellgeschäft Anfang vergangenen Jahres ausgeschlossen – zu hoch wären die notwendigen Milliardeninvestitionen gewesen, um selbst auf dem Weltmarkt mitspielen zu können.

Als Konkurrent zu SDI, CATL und Co. sieht sich das rheinische Konsortium nicht. „Wir, also BMZ, Streetscooter und Ego, sorgen mit unserem Eigenbedarf dafür, dass die Fabrik gleich zu Anfang ausgelastet ist“, erklärt Bauer. Es sei wichtig, dass die Produktion rund um die Uhr laufe. Aber natürlich führe man auch Gespräche mit potenziellen weiteren Kunden. Dann könnte die erste deutsche Batteriefabrik schnell an Größe gewinnen.