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Mit diesen deutschen Aktien haben Insider 2020 viel Geld verdient

Gut eine Milliarde Euro haben Manager in Deutschland 2020 in Aktien der eigenen Unternehmen investiert. Nach den besten Käufen haben sich die Kurse mehr als verdreifacht.

Der Chef von Wacker Chemie hat ein gutes Geschäft mit dem Kauf von Wacker-Aktien gemacht. Foto: dpa
Der Chef von Wacker Chemie hat ein gutes Geschäft mit dem Kauf von Wacker-Aktien gemacht. Foto: dpa

Besser als Netflix oder Spotify? Der Düsseldorfer Streaminganbieter Cliq Digital kann es vom Angebot her zwar nicht mit den Branchengrößen aufnehmen. An der Börse hat die Aktie aber viel stärker zugelegt als die beiden mächtigen Konkurrenten.

Um mehr als 480 Prozent schnellte die Cliq-Digital-Aktie im vergangenen Jahr in die Höhe. Damit fiel das Plus gut siebenmal höher aus als bei Netflix und gut viereinhalbmal höher als bei Spotify. Ben Bos hat davon profitiert. Der Cliq-Digital-Vorstand hat gleich zu Beginn des Jahres Aktien seines Unternehmens für 33.720 Euro gekauft. Mehr Gewinn als Bos machte im vergangenen Jahr kein anderer Firmeninsider in Deutschland mit Aktien der eigenen Firmen.

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Dabei waren Deutschlands Vorstände und Aufsichtsräte 2020 besonders aktiv. Gut eine Milliarde Euro haben sie in Aktien der eigenen Unternehmen investiert. „Das ist mehr als doppelt so viel wie im Vorjahr“, sagt Olaf Stotz, Professor an der Privatuniversität Frankfurt School of Finance & Management. Er hat die Insiderdeals des vergangenen Jahres exklusiv für das Handelsblatt ausgewertet. Grundlage sind Daten der Finanzaufsicht Bafin, an die Unternehmen Aktientransaktionen ihrer Führungskräfte melden müssen.

Corona-Profiteure Westwing und Hellofresh unter den Top fünf

Auffällig ist dabei, dass sich unter den besten fünf Käufen der Firmeninsider neben Cliq Digital noch zwei weitere Unternehmen fanden, die von der Corona-Pandemie besonders profitiert haben. So kaufte beim Online-Wohn- und Einrichtungshändler Westwing Finanzvorstand Sebastian Säuberlich im Mai Aktien für 31.000 Euro. Damit sicherte er sich bis Jahresende einen Buchgewinn von mehr als 139.000 Euro entsprechend einem Plus von fast 450 Prozent.

Beim Kochboxenversender Hellofresh bewies Finanzvorstand Christian Gärtner das beste Gespür. Er legte sich im März Hellofresh-Aktien im Wert von 19.180 Euro ins eigene Depot. Bis Jahresende stieg die Aktie um gut 230 Prozent – und legte in den ersten Handelstagen 2021 noch weitere sechseinhalb Prozent zu.

Cliq Digital, Westwing und Hellofresh fallen alle in den Bereich der Stay-at-Home-Aktien, die in Zeiten der Corona-Pandemie einen nie da gewesenen Lauf hatten. Die Unternehmen verdienten mehr, und ihre Aktienkurse schnellten in die Höhe.

Von der Größe her sind die Unternehmen aber sehr unterschiedlich. Cliq Digital hat eine Marktkapitalisierung von nur gut 100 Millionen Euro und qualifiziert sich damit für keinen Auswahlindex der Deutschen Börse. Von daher ist die Aktie wenig bekannt, nicht sonderlich liquide und für stärkere Schwankungen anfällig. Immerhin vier Banken haben sie aber auf dem Schirm – und im November haben alle ihre Kaufempfehlungen bestätigt.

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Cliq Digital profitiere stark vom strukturellen Wandel der Unterhaltungsindustrie, meint zum Beispiel Henrik Markmann vom Researchhaus Montega. Mit seiner einzigartigen Positionierung als „All-in-one-Plattform“ habe das Unternehmen einen deutlichen Wettbewerbsvorteil. Cliq Digital bietet unter anderem Musik-Playlists, Hörbücher, Sport und Filme als Abo-Modell zum festen Preis an. Mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von gut elf für das kommende Jahr gilt die Aktie zudem im Branchenvergleich laut Analysten als nicht teuer.

Westwing dagegen wird an der Börse mit dem mehr als 177-Fachen des für das kommende Jahr erwarteten Gewinns bewertet. Die drei Banken, die die Aktie covern, raten zwar dennoch zum Kauf, sehen aber nur noch wenig Kurspotenzial. Im vergangenen Jahr hat sich der Kurs der Westwing-Aktie unter dem Strich mehr als verneunfacht, die Marktkapitalisierung stieg auf zuletzt über 730 Millionen Euro. Im Dezember gelang Westwing der Aufstieg in den SDax, den Auswahlindex von 70 kleineren Unternehmen.

Den Aufstieg in den MDax der 60 größten Nebenwerte schaffte schon im September der Kochboxenversender Hellofresh. Seither stieg die Aktie noch weiter, die Marktkapitalisierung liegt inzwischen bei 11,7 Milliarden Euro. Hellofresh steht deutlich stärker im Fokus als Cliq Digital oder Westwing. Elf Banken beobachten die Aktie. Davon raten aber nur noch sieben zum Kauf. Das Kurs-Gewinn-Verhältnis für das kommende Jahr sehen Analysten im Schnitt bei gut 40.

Auch Vorstände bei Wacker Chemie und Jungheinrich machen gute Geschäfte

Unter den fünf besten Insiderkäufen des vergangenen Jahres finden sich mit Wacker Chemie und Jungheinrich aber zwei Unternehmen abseits der Firmen, die von den Lockdowns besonders profitierten. Bei Wacker Chemie kaufte Firmenchef Rudolf Staudigl im März Aktien, die bis Jahresende um fast 250 Prozent stiegen.

Bei Jungheinrich erwischte Andreas Wolf, der als Vertreter einer der beiden Gesellschafterfamilien häufig Aktien kauft, den besten Zeitpunkt. Mit seinem Aktienkauf von mehr als 520.000 Euro machte Wolf bis Jahresende nach einem Kursanstieg von fast 230 Prozent einen Buchgewinn von knapp 1,2 Millionen Euro.

Der Spezialchemiekonzern Wacker Chemie ist erstaunlich gut durch die Coronakrise gekommen. Zudem positioniert sich Wacker als Zulieferer für das Milliardengeschäft mit Corona-Impfstoffen. Das Unternehmen wird einer der Produzenten des Corona-Vakzins von Biontech. Das macht auch Analysten Hoffnung. Dennoch empfiehlt nur knapp die Hälfte der 20 Banken, die Wacker Chemie laut dem Informationsdienst Bloomberg beobachten, die Aktie noch zum Kauf.

Bei Jungheinrich rät weniger als ein Drittel der Analysten zum Kauf. Der Hersteller von Gabelstaplern und allem anderen rund um die Intralogistik – also allem zum Transport innerhalb eines Werks – hat 2020 weniger verdient als 2019. Für das kommende Jahr rechnen Analysten aber mit einer deutlichen Gewinnsteigerung.

Fehlgriffe bei den Aktien von Tom Tailor, Grenke und Wirecard

Es gab im vergangenen Jahr aber auch Unternehmen, bei denen Vorstände und Aufsichtsräte danebengriffen. So kaufte beim Modeunternehmen Tom Tailor Vorstandschef Gernot Lenz im Januar Aktien, die bis Jahresende rund 77 Prozent verloren. Die Modeindustrie gehört zu den großen Verlierern der Corona-Pandemie.

Auch der Aktienkauf von Grenke-Vorstand Gilles Christ erwies sich bislang als Fehler. Die Aktie des Leasinganbieters verlor seit Christs Kauf im Juni rund die Hälfte an Wert. Im September stürzte die Aktie ab, nachdem der britische Finanzinvestor Fraser Perring dem Leasinganbieter Betrug, Geldwäsche und Bilanzfälschung vorgeworfen und gleichzeitig auf einen Kurssturz gewettet hatte.

Ein eindeutiges Fehlsignal sendet auch der Aktienkauf des inzwischen inhaftierten Wirecard-Chefs Markus Braun. Er hatte noch Ende Mai über seine MB Beteiligungsgesellschaft für 2,5 Millionen Euro Wirecard-Aktien gekauft, die anschließend noch ganz kurz stiegen, dann aber bis Jahresende um 99,7 Prozent abstürzten als der jahrelange Bilanzbetrug aufflog und der Zahlungsdienstleister Insolvenz anmeldete.

Gute Insiderkäufe überwiegen: Gewinn von im Schnitt 30 Prozent

Insgesamt hatten die Vorstände und Aufsichtsräte in Deutschland aber ein gutes Händchen beim Aktienkauf im vergangenen Jahr. Hochschullehrer Stotz von der Frankfurt School hat ausgerechnet, dass die Aktien, die Insider gekauft haben, vom Zeitpunkt des jeweiligen Kaufs bis Jahresende im Schnitt knapp 30 Prozent zugelegt haben. Anleger, die die Aktienkäufe der Insider nachvollzogen, schlugen den Dax im vergangenen Jahr um zwölf Prozentpunkte.

Auch in den vergangenen Jahren hatten sich die von den Insidern gekauften Aktien besser als der Dax und der CDax entwickelt, der die Entwicklung von mehr als 400 deutschen Aktien abbildet. So deutlich wie 2020 war die Outperformance aber lange nicht.

Stotz erklärt das damit, dass die Insider vor allem zwischen Ende Februar und Mitte März inmitten des Corona-Crashs an den Börsen massiv einstiegen. Damals war das antizyklische Verhalten der Vorstände und Aufsichtsräte, die ihre Unternehmen besser kennen als jeder andere, besonders ausgeprägt. Viele Topmanager hielten ihre Aktien für unterbewertet und griffen zu. Und sie behielten recht. Auf den schnellsten Börsencrash aller Zeiten folgte ab Mitte März eine historisch rasante Erholung – die dem Dax seit Ende Dezember gleich mehrere neue Rekordhochs beschert hat.

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„Die Käufe von Insidern sind ein positives Bewertungssignal – auch wenn Anleger sich die einzelnen Aktien natürlich auch in größerem Kontext ansehen müssen“, sagt Stotz. Stotz beschäftigt sich seit 18 Jahren mit den Aktientransaktionen von Führungskräften. Dabei schaut er sich nicht nur die Käufe, sondern auch die Verkäufe an.

Wenn Manager Aktien des eigenen Unternehmens auf den Markt werfen, kann das auch für andere Anleger ein Signal zum Ausstieg sein, wobei beim Verkauf laut Stotz nicht nur bewertungstechnische Gründe, sondern auch Risikostreuung, steuerliche Aspekte oder Cash-Bedarf für größere Anschaffungen eine Rolle spielen können. Auffällig ist aber, dass sich die von Insidern gekauften Aktien stets deutlich besser entwickeln als die Aktien, die Insider verkauft haben – im vergangenen Jahr waren es im Schnitt mehr als zwölf Prozentpunkte.

Wirecard-Verkauf kam als Signal zu spät

Den auf den ersten Blick am besten getimten Verkauf gab es dabei wiederum beim Skandalkonzern Wirecard. Doch dieser Verkauf war erstens nicht freiwillig und kam zweitens als Signal Mitte Juni viel zu spät. Der Wirecard-Großaktionär Braun brauchte nach sogenannten Margin Calls Geld. Mit Margin Calls können Wertpapiermakler und Banken Investoren zwingen, ihre Verluste zu begrenzen, wenn die Aktien beispielsweise als Sicherheit für Kredite dienen. Laut Informationsdienst Bloomberg hatte Braun einen Teil seiner Wirecard-Beteiligung kreditfinanziert.

Braun verkaufte so in mehreren Schritten Aktien für insgesamt 155 Millionen Euro. Den letzten größten Blockverkauf meldete er im Volumen von knapp 51 Millionen Euro am 23. Juni zum Kurs von 21,88 Euro. Bis Jahresende stürzte die Aktie danach zwar nochmals um 98 Prozent auf 0,33 Euro ab. Der endgültige Verfall hatte aber bereits begonnen, als die Prüfungsgesellschaft EY am 18. Juni verkündete, dass in der Wirecard-Bilanz Milliarden fehlen. Einen Tag zuvor hatte die Aktie noch 104,50 Euro gekostet.

Gut getimte Verkäufe bei Hapag Lloyd und SAP

Ein deutlicheres Signal lieferten dagegen die Insiderverkäufe bei der Container-Reederei Hapag Lloyd und dem Softwarekonzern SAP. Bei Hapag Lloyd trennte sich Mitte Mai Marietta Laetitia Gernandt, Tochter von Aufsichtsrat Karl Gerhard Gernandt, von Aktien für knapp 106.000 Euro. Das war am Tag, an dem der von der Corona-Pandemie besonders hart getroffene Konzern einen Gewinneinbruch von rund 75 Prozent im ersten Quartal gemeldet hatte.

Gernandt verkaufte zum noch hohen Kurs von rund 175 Euro – und vermied damit bis Jahresende einen Verlust von mehr als 50 Prozent. Allerdings hat die Aktie – so wie viele andere konjunkturabhängige Werte – mit den Hoffnungen auf einen Impfstoff seit dem Herbst schon wieder deutlich zugelegt.

Beim Softwarekonzern SAP erwischte Aufsichtsratschef Hasso Plattner Ende August einen guten Zeitpunkt zum Verkauf. Damals notierte die SAP-Aktie noch nahe ihrem Allzeithoch, verlor aber bis Jahresende knapp ein Viertel an Wert. Ende Oktober hatte der Konzern Investoren mit einer Warnung vor sinkenden Gewinnen geschockt, weil SAP-Kunden sparen müssen und deshalb weniger in IT investieren. Seit Anfang November steigt aber auch die SAP-Aktie wieder. Und Plattner hat davon profitiert – er stockte Ende Oktober seinen SAP-Anteil wieder um knapp 300 Millionen Euro auf.

Aus den Käufen und auch Verkäufen der Firmenlenker am deutschen Aktienmarkt berechnet Stotz regelmäßig für das Handelsblatt das Insiderbarometer. Zuletzt notierte es bei 109 Punkten und damit neun Punkte unter dem Stand von Ende November.

Damit signalisiert das Barometer laut Stotz, dass vorerst nicht mit starken Kursrückschlägen am Aktienmarkt zu rechnen ist. „Allerdings scheint das Kurspotenzial des Dax nach den jüngsten Allzeithochs ausgereizt zu sein.“ Dass 2021 ein überdurchschnittlich gutes Aktienjahr wird, glaubt Stotz trotz der jüngsten Höchststände nicht. Analysten bei Banken sehen das ähnlich. Im Schnitt trauen sie laut einer Umfrage der Nachrichtenagentur Bloomberg dem Dax bis Ende des Jahres einen Stand von 14.300 Punkten zu. Das entspräche einem Plus von gut zwei Prozent.

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